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Himmelskinder

Himmelskinder

Titel: Himmelskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Feldhausen
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blitzschneller Gedanke, ich spüre nichts. Draußen waren weitere Schüsse zu hören. Als er aufstehen wollte, knickten die Beine unter ihm weg, und er fiel zu Boden. Erst jetzt spürte er einen brennenden Schmerz, der sich in seinem Körper ausbreitete. Er bekam keine Luft mehr, wollte um Hilfe rufen. Das ist jetzt mein Tod, dachte er. Ob ich Robert wiedersehen werde? Dann endlich wurde er ohnmächtig.
    Das Nächste, was er wahrnahm, war Meiners, der sich über ihn beugte und etwas sagte, das er nicht verstand.

63
    Es war genauso wie in den Bildern, die ihn neulich heimgesucht hatten. Er lag in einem Krankenhausbett, und die Kollegen standen um ihn herum. Zum Glück war Bergen nicht dabei. Masur auch nicht, das war merkwürdig. Und tatsächlich sagte Meiners auch noch so was wie: »Du hast es geschafft, du bist raus.« Er hatte keine Lust, darüber nachzudenken, was das zu bedeuten hatte. Mit einem Auge nahm er den Ständer mit der Infusion wahr und wollte weiterschlafen, verschwinden in die wohltuende Schwärze eines medikamentengestützten Schlafs.
    Nach Tagen der Ruhe, in der Janne ihn mit Obst und Reformkost fütterte und seine Hand hielt, ging es ihm langsam besser. Die Wunden verheilten, wenngleich sie immer noch schmerzten. Er rief im Präsidium an und hatte ein längeres Telefonat mit Frau Dr. van Laack, die ihm geduldig alle Fragen beantwortete.
    Im Laufe des Morgens waren die Nachrichten von den Kollegen aus Aldenburg eingetroffen. Agolli war im Laufe einer Schießerei schwer verwundet worden, zwei Männer konnten festgenommen werden, und einer war flüchtig, vermutlich Agollis Sohn Besim. Tarek Agolli war bei dem Schusswechsel in Bartholdys Haus getötet worden. Die polnischen Kollegen hatten sich erst mittags gemeldet. Der Einsatzleiter, der deutsch sprach, hatte berichtet, dass sieben Kinder zurückgelassen worden waren, die in ein Krankenhaus gebracht werden mussten, eines von ihnen mit einer lebensgefährlichen Überdosis. Vier Männer und eine Frau hatten flüchten können, nachdem sie rechtzeitig einen Hinweis bekommen hatten. Frederik war nichts passiert bis auf die Beule von Tarek Agollis Schlag. Das Mädchen war in Bartholdys Schlafzimmer eingeschlossen gewesen, der ansehnliche »Handwerkskoffer« hatte schon parat gestanden. Es war in ein Kinderkrankenhaus gebracht und vorsichtig entgiftet worden. In wenigen Tagen sollte sie in einer Pflegefamilie untergebracht werden und mit einer Traumatherapie beginnen.
    »Und Bartholdy?«
    »Der ist auf seinen Speicher geflüchtet und hat sich erschossen, bevor wir das verhindern konnten.«
    »Also keine Namen, nichts über den ungeheuren Filz. Der bleibt weiter unangetastet.«
    Als die Schmerzen nachließen, holten ihn die Bilder der Nacht ein, in der er angeschossen worden war, und die Todesangst, die er erlitten hatte. Schlaftabletten halfen ihm, ein paar Stunden durchzuschlafen. Er erinnerte sich daran, wie es Masur vor nicht allzu langer Zeit ergangen war und was er ihm abverlangt hatte. Er selber konnte sich nicht überwinden, mit jemandem zu reden, und kämpfte sich allein durch die Schrecken, die ihn immer wieder heimsuchten. Als er Janne gegenüber Andeutungen machte, ließ sie ihm keine Ruhe, bis er mehrmals mit ihr über die Nacht gesprochen hatte. Dann ging es besser.
    Er war gerade von seinem Lauftraining im Krankenhausflur gekommen und stand im Bad, als Meiners in sein Zimmer trat. Der sah sich um und wollte, wie es schien, den Rückzug antreten, als ihm eine Donnerstimme Einhalt gebot:
    »Nichts da, komm her und zeig, was du da in deiner Tasche hast. Wenn keine Zigarillos dabei sind, kannst du gleich wieder gehen.«
    Meiners drehte sich um und grinste.
    »Na, wieder allein aufs Klo? Es sind die kleinen Dinge, die den Alltag so schön machen, was, Alvermann?«
    Er holte sich einen Stuhl, den er neben Alvermanns Bett stellte, und sah zu, wie sich sein Chef zurückquälte.
    »Also so steht es um dich, Chef. Na, da muss einem nicht bang sein, wenn du schon wieder ans Qualmen denkst. Andererseits hast du ganz schön Federn gelassen, bist gerade am Tod entlanggeschrappt. Hast du noch Schmerzen?«
    »Frag nicht so scheinheilig. Inzwischen nicht mehr, aber der Anfang war heftig. Komm, erzähl schon, was gibt es Neues?«
    »Alle grüßen. Die van Laack meinte, wir sollten einzeln kommen, du würdest uns zusammen nicht ertragen. Als wir neulich alle hier waren, hast du nur ein Auge riskiert, und man sah dir richtig an, wie du dich bemüht hast, wieder

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