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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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darin den einzigen Weg, noch etwas zu verändern. Ich hatte nicht den Mut, nur Alexander zu töten und mit dir zu fliehen. Ich war mir sicher, dass ich das nicht schaffen würde. Vielleicht wird es dich wütend auf mich machen, dass ich so schwach war. Aber ich konnte nicht anders. Vorher schrieb ich Jerome einen Brief. Er sollte dich in Sicherheit bringen. Er hatte von einem ehemaligen Schulkameraden erzählt, der ein paar Klassenstufen über ihm gewesen war, mit dem er Geschäfte machen wollte und der schnell durch ein reiches Model zu Wohlstand gekommen war: Gregor und Delia. Und dass Delia sich ein Adoptivkind wünschte, weil sie ihren Körper schonen wollte. Ich wusste nicht, was aus Jerome werden würde. Ich hoffte einfach nur das Beste. Jerome war wendig und schlau. Er gab mir den Eindruck, als hätte er sich auf meine Seite geschlagen. Erst später durchschaute ich, dass er einen Handel mit Gregor getroffen hatte. Dass sie in dir großes Potential zur Macht sahen. Dass es natürlich absurd war, dass ein Pärchen von Anfang zwanzig sich bereits sehnsüchtig ein Kind wünschte. Ich hätte das viel mehr hinterfragen und erforschen müssen, aber die Zeit drängte, ich hatte keine Wahl. Ich würde nicht mehr sein. Niemand würde mich kriegen. Mich nicht und dich nicht. Aber ich würde durch die besondere Mischung des Krautes, wenn Ranja mir keinen Bären aufgebunden hatte und ich es richtig anstellte, bei dir sein können. Und du bekämest ein normales Leben. Im besten Fall würden sich keine magischen Fähigkeiten bei dir entwickeln. Das war meine Hoffnung. Auch wenn sich bei der Geburt Zeichen gezeigt hatten. Allerdings waren sie verschwommen und nicht wirklich klar. Jetzt weiß ich, warum: Nicht, weil du keine Talente geerbt hattest, sondern weil du alle Elemente in dir vereinst. Du bist was ganz besonderes, Kira. Ja, das sagt jede Mutter von ihrem Kind. Aber du trägst eine große Verantwortung. Ich wünsche mir nichts mehr, als das du sie tragen kannst und das du es bist, die die Welt ein Stück besser machen wird. Dann habe ich erreicht, was ich wollte und werde meinen Frieden finden.
    Vielleicht kannst du deinem Vater irgendwann verzeihen. Er hatte auch seine guten Seiten. Du hast das Feuer von ihm, das Temperament, den Eigenwillen und die Durchsetzungskraft. Alles Talente, die man auch anders einsetzen kann. Ich liebe dich und werde dich immer lieben.
    deine Mama
     
    Ich las den Brief noch mal und noch mal. Ich hatte alles um mich herum vergessen. Schon wieder liefen Tränen über mein Gesicht. Würde das denn nie mehr aufhören? Die letzten zwölf Jahre hatte ich nicht mehr geheult und jetzt kam es fast jeden Tag vor. Es tat so gut zu wissen, wie die Dinge sich ereignet hatten, meine wahre Geschichte zu erfahren. Gleichzeitig war es schmerzhaft. Ich hatte mich immer für jemand anders gehalten und nun erfuhr ich nach und nach, wer ich wirklich war. Wie sollte ich es schaffen, meinem Vater, der meine Mutter in den Tod getrieben hatte, je zu verzeihen? Wie sollte ich meinen Hass auf Gregor und Jerome überwinden? Neve hatte sich die ganze Zeit irgendwo im Wald zurückgezogen oder war vielleicht noch einmal am Grab ihrer Oma gewesen, um ihren Erinnerungen nachzuhängen. Jetzt hockte sie sich neben mich und reichte mir ein lindgrünes Blatt, was weich war wie ein Zellstofftaschentuch, damit ich mir die Nase putzte.
    „Ich kenne jetzt meine Geschichte“, schluchzte ich.
    Sie nahm mich in den Arm.
    „Das ist schön … und wichtig.“
    Ich reckte mich ein wenig.
    „Irgendwann muss aber auch mal wieder Schluss sein mit der Heulerei“, versuchte ich einen kleinen Scherz, aber schluchzte dabei weiter.
    „Das wird es … das wird es … Sieh mich an. Die Zeit heilt alle Wunden.“
    Ich umarmte Neve.
    „Was wäre ich ohne dich?! Was wäre die Welt ohne Engel!“
    Neve strahlte. Sie war einfach glücklich, wenn man sie als Engel bezeichnete. Was war nur so schwer daran gewesen, es nicht zu tun?! Wozu auf die genaue Wahrheit bestehen, wenn sie nichts weiter brachte, als den anderen unglücklich zu machen?!
    Wir erhoben uns und gingen Hand in Hand zurück. Ich mit meinen viel zu großen Fähigkeiten, über die ich Herr werden musste und meinem Engel, der mich beschützte.
    Gleich heute Abend nach meinem Ausbildungsnachmittag mit Ranja, würde ich beginnen, ein schönes Kästchen aus Holz zu bauen, für die Geschichte meiner Mutter. Ich würde Ahorn verwenden. Ahorn war hell und freundlich.
    ***
    Ranja machte

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