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Himmelsvolk

Himmelsvolk

Titel: Himmelsvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Bonsels
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doch«, sagte der Elf und lächelte. »Was versprichst du dir denn von dieser Bekanntschaft?«
    »Das fragt sich noch,« meinte der Maikäfer, »ich muß erst sehen. Von den Elfen wird so viel erzählt, daß man kaum recht weiß, wo einem der Kopf steht. Ich bin für gesicherte Anschauungen und möchte Klarheit haben. Das wunderbarste an diesen Geschöpfen ist, daß sie sich mit aller Kreatur unterhalten können, mit Blumen, Insekten, vierfüßigen Tieren und sogar mit dem Menschen. Sie wissen doch, daß wir Maikäfer mit dem Menschen viel verkehren?«
    »Ich kann es mir denken«, meinte der Elf.
    »Nun, Sie als Engel müssen es sich ja denken können.«
    »Ich bin kein Engel«, sagte der Elf.
    »Nun, was sollen Sie denn sonst sein? Ich war übrigens anfangs sehr erstaunt, als ich Sie sah, und habe mich lange gewundert; Sie sind ja geradezu lieblich! Aber Sie machen sich keine Vorstellung davon, an was alles ein Maikäfer sich gewöhnt. Haben Sie eine Ahnung. Man muß den Menschen kennen, um zu wissen, was möglich ist. Himmel und Wolkenbruch, unsereins hat unter Umständen etwas auszustehen! Es ist in der Hauptsache eine Folge unserer Beliebtheit.«
    Der Elf mußte wieder lachen. Was gibt es für Gesellen, dachte er, und sein Herz war froh. Er war freundlich gegen den Käfer und hörte ihn an. Vielleicht kann ich etwas für ihn tun, dachte er, das wäre mir heute morgen besonders recht, wo doch alles umher in fröhlicher Fülle steht.
    »Ja, der Mensch«, seufzte der Maikäfer, »fängt einen aus der Luft, mit der Hand, glauben Sie das?«
    Der Elf nickte und verbarg sein Lachen.
    »Man kann nachher sehen, wie man seine Flügel wieder in Ordnung bekommt, die vier. Ich habe nämlich vier Flügel, Sie wissen doch, nicht wahr? Sie haben, scheint mir, nur zwei, dafür sind sie aber weiß. Schöne Flügel übrigens, und sehr apart im Format. Nun, ich sprach vom Menschen. Er ist im Grunde gutmütig, ich werde nicht dulden, daß falsche Gerüchte über ihn verbreitet werden, es fehlt ihm nur an jeglichem Zartgefühl; merkwürdig ist bei ihm seine Vorliebe für unser Volk. Kommt der Mai, so verläßt er seine Behausungen, um uns zu finden, er schüttelt die Bäume und schaut nachher am Boden nach, ob wir heruntergefallen sind. Rührend ist sein Bemühen, später etwas mit uns anzufangen, es ist ihm aber noch nie gelungen. Er läßt uns in seiner Behausung fliegen und fängt uns wieder ein. Wozu wohl, glauben Sie, fängt er uns wieder ein? Bei Gott, nur um uns wieder auffliegen zu lassen! Er hört zu, wie wir summen, lacht und fängt uns wieder. Zuweilen läßt er uns auf einen anderen Menschen los, seltsam. Dieser andere Mensch weiß es nicht, er steht und spricht arglos von irgendeiner Sache, weiß Gott wovon, die Menschen haben ja ungemein viele Interessen. Wir laufen an dem Menschen in die Höhe, was bleibt uns übrig? Es wird Ihnen bekannt sein, daß man von erhöhten Punkten am besten abfliegen kann, und das will man doch, wozu sollte man auf einem fremden Menschen sitzenbleiben? Nun kommt eine Stelle am Menschen, weiß der Kuckuck, was mit dieser Stelle los ist, aber kaum hat man sie im Klettern berührt, da brüllt der Mensch auch schon auf und schlägt um sich. Einige springen sogar. Wenn unsereins diese Stelle wüßte, mein Lieber, er würde sie natürlich vermeiden, aber woher soll man wissen, wo diese Stelle ist?«
    Der Elf lachte hell auf, es ging ein solcher Frohsinn von seinem Lachen aus, solch freie Heiterkeit, daß der Maikäfer mit einstimmen mußte.
    »Nun ja,« sagte er endlich, »jetzt lacht man darüber, aber in solchen Lagen, wie ich sie eben geschildert habe, ist einem anders zumute. Man kann erschlagen werden, mein Lieber.«
    »Was du da vom Menschen erzählst,« sagte der Elf nach einer Weile, »bezeichnet ihn nicht. Ich glaube, wenn die Menschen fröhlich und sorglos sind, so brechen heimlich die Glücksquellen ihrer Jugend in ihrer Brust auf, und sie werden wie Kinder. Die Erfahrungen, die du oder deine Gefährten gemacht haben, sind nur ein argloses Spiel der Menschen.«
    »Ich danke,« sagte der Maikäfer, »ein argloses Spiel, bei dem ich unter Umständen einen Flügel einbüßen kann, bei dem es möglich ist, daß ich platt geschlagen werde wie eine Wanze, oder das mich im schlimmsten Fall mein Leben kostet, sehe ich anders an als Sie.«
    »Wenn du sonst am Menschen nichts siehst, sonst nichts von ihm weißt, so wirst du ihm dies freilich schwer verzeihen«, meinte der Elf.
    »Der Mensch soll

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