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Hingabe

Hingabe

Titel: Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Postert
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dich.
M.“
    Lena schaute in den Spiegel ihres Wagens.
    ‚Woher wusste er immer alles? Ein Stalker, ein Detektiv, wer konnte das alles wissen?‘
    Sie wusste nicht genau, ob sie Angst empfinden oder ob die Neugierde siegen würde.
    ‚Solange es so ist wie bisher, habe ich keine Angst‘, beschloss sie. ‚Ich will es einfach – erfahren.‘
    Sie las sich die Zeilen erneut durch.
    ‚In Ordnung, ich vertraue ihm. Das bedeutete: Respekt – ja, Angst – nein.‘
    Sie würde IHN sehen können. Berühren können. IHM gegenüberstehen. Endlich! Morgen. Lena konnte es kaum erwarten,ins Büro zu fahren und ihm eine Antwort zu schreiben. Ihre Freude in Worten auszudrücken und ihm zu versichern, dass sie IHN unendlich gerne treffen würde. Sie legte den Brief in ihre Tasche und fuhr mit einem Lächeln im Gesicht ins Büro.
    Es hatte sich etwas verändert. Lena war nicht mehr so neugierig, dass sie jeden Moment auf seine Nachricht wartete. Das heißt, neugierig natürlich schon, jedoch begann sie, es mehr und mehr zu genießen, wenn sie etwas bekam. Dadurch gab sie die Zügel tatsächlich ein wenig mehr aus der Hand. Sie wunderte sich nicht mehr, wenn es einige Zeit dauerte, bis ER sich meldete. Denn sie wusste, ER würde sich melden, irgendwann. Und ab dem Moment war dann alles aufregend. Und sehr schön.
    An ihrem Schreibtisch schrieb sie ihm eine Mail, sie wollte IHN endlich sehen, endlich treffen.
    Sie machte sich also an ihre Arbeit, es beeinträchtigte sie nichts. Ihr Projektabschluss rückte immer näher, und so arbeitete sie konzentriert und voller Energie daran.
    Eine Mittagspause machte sie heute nicht. Sie hatte sich vorgenommen, gegen Mittag ihr E-Mail-Fach zu bearbeiten.
    Und so schaute sie erst gegen Mittag in den Posteingang.
    Neben vielen Firmenmails fand sie eine Mail von M.
    „Lena,
Wenn du heute nach Hause kommst,
hast du noch eine Nacht,
bis wir uns sehen.
Ruh dich aus.
Ich möchte,
dass du
ganz ausgeruht bist.
Für mich und dich –
für UNS.
M.“
    Lena lächelte. ER denkt an mich. ER passt auf mich auf. ER sorgt sich um mich. Und viel schlimmer dazu: ER reizt mich wahnsinnig.
    Voller Energie machte sie sich weiter an die Arbeit.
    * * *
    Die Energie hielt den ganzen Tag vor. Wo sie die letzten Tage gegrübelt hatte oder unsicher war, wo die Lösung eines Problems zunächst unerreichbar schien, hatte Lena jetzt auf jede Frage eine Antwort. Keine Situation, die sie erneut vor unerreichbare Aufgaben stellte. Sie war frei im Kopf, machte sich mit Eifer, aber auch strukturiert an das Konzept, das mehr und mehr klare Formen annahm. Sie erhielt von Kollegen Komplimente, denn sie strahlte diese Energie auch nach außen aus. Dr. von Hagen ließ es sich nicht nehmen, mit ihr zusammen einen Kaffee trinken zu gehen. So merkte sie kaum, dass es irgendwann sieben Uhr war und alle nach und nach das Büro verlassen hatten. Sie war nur noch mit Dr. von Hagen alleine. Als dieser schließlich gehen wollte, sah er, dass Lena noch arbeitete.
    „Lena, wollen Sie nicht auch nach Hause? Sie arbeiten doch nahezu ununterbrochen.“
    „Wie – ist es schon so spät? Das hab ich gar nicht mitbekommen. Ich werde nur noch eben etwas zu…“
    „Nein, Lena! Gehen Sie nach Hause. Ich, wir brauchen Sie, aber ausgeruht und nicht überarbeitet.“
    Lena schaute ihn dankbar an.
    „Sie haben vielleicht Recht.“
    Sie speicherte ihre Arbeit und verließ mit ihrem Chef zusammen das Büro. In der Tiefgarage verabschiedeten sie sich und gingen zu ihren Wagen. Lena sah ihren Chef davonfahren und startete ihrerseits den Motor. Das neue Alsterradio brachte „Highway to hell“. Nicht immer ihre Musik, und sie hatte nicht das Gefühl, dass sie sich auf einem solchen Weg befand – im Gegenteil. Aber heute drehte sie die Lautstärke auf und fuhr nach Hause.
    Sie parkte den Roadster – heute schien alles zu gelingen – beinahe direkt vor der Haustür. Lena schloss das Dach und hielt an ihrem Briefkasten. Werbung diverser Modelabels, die Telefonrechnung und ein brauner DIN-A5-Umschlag. Er war von M. Sie nahm die Post an sich und ging die beiden Stockwerke zu ihrer Wohnung nach oben.
    Diesmal widerstand sie, den Umschlag sofort zu öffnen. Sie legte alles auf die Küchenanrichte, zog ihre Paul-Green-Pumps aus und ging erst mal ins Bad. Sie brauchte kaltes Wasser im Gesicht und schaute beim Abtrocknen in den Spiegel. Ich werde mir seinen Brief heute Abend bei einem Glas Wein anschauen. ER hat geschrieben, ich soll mich ausruhen und

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