Hingabe
Kribbeln im Bauch. Es kam von irgendwoher angeflogen, fühlte sich etwas unbekannt und sehr angenehm zugleich an. Wohlfühlen. Wärme und doch auch Hitze spürte sie. Als ob sie beobachtet wurde. Entgegen ihrem normalen Gefühl fühlte sie sich nicht unwohl dabei, nicht unangenehm berührt. Sie genoss esvielmehr, dieses Gefühl, dieses Beobachtet-werden. Sie machte den zweiten Knopf ihrer Bluse auf und schaute herausfordernd in die Nacht. Sie versuchte, zu erspüren, was die Nacht von ihr wollte, was ER von ihr wollte. Sie öffnete noch einen Knopf. Den Ansatz ihrer Brüste würde man jetzt sehen können, auf jeden Fall viel erahnen, und ihre Pose auf dem Balkon war so bereitwillig und lüstern. Ganz unbewusst stand sie da. Den Mund leicht geöffnet schaute Lena in die Nacht.
So stand sie eine Weile und genoss den Nachtwind, der sich angenehm kühl um ihren Körper schmiegte. Ihre ohnehin erregten Brustwarzen wurden durch die kühle Frische härter und zeichneten sich deutlich unter ihrer Bluse ab. Aber das würde der Beobachter, wenn es ihn tatsächlich gab, sicher nicht sehen. Es sei denn, er hätte ein Fernglas.
Nach einer Weile verließ sie den Balkon und ging wieder hinein.
Sie schaute über die Schulter zurück, öffnete ihre Bluse ganz und ließ sie über die Schulter zu Boden gleiten. Auch ihren BH. Sie öffnete ihre Jeans, zog sie im Stehen aus. Als sie schließlich nur noch im Slip dastand, blickte sie noch einmal über ihre Schulter zurück in die Nacht. Ihre Lippen formten ein Gute Nacht, sie löschte das Licht und ging in ihr Schlafzimmer.
In dieser Nacht schlief Lena unruhig. Sie wälzte sich von einer Seite auf die andere und fiel von einem Traum in den nächsten. Viele Bilder zogen vorbei. Das Büro in Hamburg, ein Herr Dr. von Hagen, der sie streng anlächelte, dann jagte sie mit ihrem Cabrio mit hoher Geschwindigkeit durch Hamburg, sie träumte von Platzregen und Sturm, dann blendete sie die Sonne und sie fuhr, ohne die Geschwindigkeit zu vermindern, weiter. Lena durchbrach eine Schranke und landete in der Alster. Aber sie sank nicht. Sie fuhr weiter über das Wasser, als würde das Auto angehoben, aber sie machte sichkeine Gedanken, sondern genoss ihre Fahrt.
Und immer wieder ein Bild von einem Mann, den sie nicht einordnen konnte. Das Gesicht war kaum zu sehen, doch schien es markant zu sein. Seine Hände wirkten kräftig aber gepflegt, die Unterarme – und Lena stand auf männliche Unterarme – zeugten von Kraft. Aber wie so oft in Träumen tauchte ER nur schemenhaft auf und war nicht wirklich zu erkennen.
Als sie am Morgen durch die sanfte Musik ihres Radioweckers erwachte, fühlte sie sich unausgeschlafen. Rein von der Stundenzahl betrachtet hatte sie genügend Schlaf bekommen, aber ihre Träume hatten sie sehr beschäftigt. Lena zog ihre Laufsachen an, sie brauchte jetzt ihre Runde, um gut in den Tag zu kommen. Beim Laufen konnte sie wunderbar abschalten und sich sammeln.
Seltsamerweise verfolgte sie ihr Traum auch beim Laufen. Es gelang ihr nicht, die Gedanken abzuschütteln. Vielmehr war es ihr, als erlebte sie das erneut, was sie geträumt hatte.‚Verrückt. Total verrückt‘, dachte sie immer wieder. Wenn sie etwas ärgerte oder beschäftigte, wie dieser Traum, dann lief sie unweigerlich schneller. Schließlich erreichte sie keuchend ihre Straße und die Haustür wieder und freute sich auf ihre Dusche. Sie blickte auf ihre Uhr. Annähernd Rekordzeit. Auch wenn die Träume ihr den Schlaf zu rauben schienen, gewann sie Energie.
Frisch und gestärkt begab Lena sich auf den Weg zu ihrem Auto. Am Scheibenwischer klemmte ein Brief. Sie nahm ihn ab und stieg in ihr Auto. Der Brief kann nur von ihm gekommen sein. ER wusste, wo sie wohnte. Welches ihr Auto war, wann sie ihre Wohnung verließ. Und sie wusste, dass ER wusste, wie sehr sie sich über jedes bisschen freute, was sie von ihm zu sehen bekam. Sie öffnete den Brief, sie musste es lesen, bevorsie auf der Arbeit war.
„Lena,
Danke für gestern Abend.
Es war schön.
Du bist schön.
Ich habe dir den Nachtwind geschickt,
damit er dich etwas kühlt,
denn du schienst vor Hitze zu glühen.
Meine Nacht war so schön,
denn du hast mir gewünscht,
dass sie gut wird.
Ich habe dich kurz in deinen Träumen besucht –
ich wollte sehen, ob alles recht ist.
Ich möchte dich morgen treffen.
Diesmal nicht nur im Traum.
Sondern wirklich.
Du bekommst morgen einen Brief,
in dem ich dir das ‘Wann und wo‘ mitteile.
Ich freu mich auf
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