Hingabe
vorgedrungen.
Der Unbekannte war dabei, es zu schaffen, auch wenn sie IHN nicht kannte, nicht wirklich kannte.
Und nun war ER in der Zwischenzeit dabei, das wieder aufs Spiel zu setzen. ER meldete sich nicht. Den ganzen Tag nicht.
Lena wurde fast wütend. Warum versteht ER nicht, was ich ihm geben will? Und je mehr ihre Stimmung dabei war, umzuschwenken, desto mehr kehrte sie gedanklich zu ihrer Arbeit, ihrem Projekt zurück. Ihre Energie war wieder da. Es gelang ihr, ihre Gefühle, das, was sie emotional bewegte, auszublenden und sich voll auf ihre Arbeit zu konzentrieren.
Und nicht nur das. Voller Energie arbeitet sie für zwei. Die Ideen flogen ihr nur so zu. Die Zusammenhänge waren absolut klar, es war ihr, als könne sie nichts aufhalten, als wäre sie im Tunnel und flog auf ihr Ziel zu. So ging der Nachmittag mehr als schnell vorbei, Lena merkte kaum, wie die Zeit verging.
Kurz nach 17 Uhr sah sie zum ersten Mal auf die Uhr. Knapp vier Stunden hatte sie in einer Tour durchgearbeitet. Sie ging in die Küche, um sich eine neue Flasche Wasser zu holen. Als sie wieder an ihren Schreibtisch kam, bemerkte sie es sofort. Eine Mail. Eine Mail von IHM. Für einen Moment überlegte sie, ob sie immer noch wütend sein sollte oder wie sie reagieren sollte. Jetzt kommt ER wieder? Nun hat ER wieder seine Sprüche, auf die sie dann reinfiel? Schließlich siegte die Neugierde. Und nicht nur die Neugierde. Ganz dezent setzte auch dieses Kribbeln, dieses Verlangen ein. Sie musste es wissen, was ER schrieb.
Lena öffnete die Mail.
„Lena,
Ich kann mir vorstellen,
dass du zweifelst,
und ich kann nicht verlangen,
dass du mir vertraust.
Wenn du mir dein Vertrauen schenkst,
wenn du mir dieses Geschenk machst.
Dann bist du meine Königin.
Meine Königin in rot.
Du weißt, ich habe mir
rote Wäsche gewünscht.
Dich in rot –
für mich.
Wenn du zuhause bist,
möchte ich, dass du duschst.
Nimm dir ausreichend Zeit.
Genieß es.
Tu es für dich.
Und auch für mich.
Wenn du dich angezogen hast,
setzt du dich in dein Auto und
fährst ins Hotel Hafen Hamburg.
Auf deinen Namen ist dort
ein Zimmer reserviert.
Du gehst nach oben
und wirst dort auf mich warten.
Ich werde kommen.
Nicht kurz nach dir,
aber ich werde auch dort sein,
nach dir.
Wenn du gleich in deinem
Auto auf dem Beifahrersitz ein Paket findest –
erschrick nicht,
ich habe es dorthin gelegt.
Du wirst das Paket
nicht öffnen, zumindest noch nicht.
Du nimmst es mit
in das Hotel.
In deinem, in UNSEREM
Zimmer öffnest du es
und wirst verstehen.
Es wird unser Abend.
Lena.
Unser Abend.
Wir werden uns sehen.
Wir werden uns riechen.
Meine Königin!
M.“
Lena saß nur da. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, gleichzeitig strahlte sie übers ganze Gesicht. Es war so schön, was sie da las. Es war unfassbar schön, was ER geschrieben hatte.
Warum hatte ER solange damit gewartet? Sie hätte nicht zweifeln sollen. Sie hatte arbeiten können, konzentriert, schnell, zielgerichtet. Hätte sie nicht die zweifelnden Gedanken gehabt, hätte sie einfach nur arbeiten können, und genau zum richtigen Moment hatte ER sich wieder gemeldet. Sie konnte ihm vertrauen. Ein großes Lächeln huschte über Lenas Gesicht. Ja, sie konnte ihm ganz vertrauen. ER wusste, was ER tat. Wann ER es tat.
Mehr noch als vorher freute sie sich auf den Abend. ER würde sich ihr offenbaren. Sie würde IHN sehen und berühren können.
Und sie wünschte es sich so sehr.
Aus der Ferne hörte Lena Schritte. Marie. Sie drehte sich zu ihrer Freundin um.
„Komm mit.“
Sie nahm Marie bei der Hand und zog sie in Richtung Kopierer. Dort war meistens die Möglichkeit, etwas ungestört zu reden.
„Ich hab mich heute Abend mit IHM verabredet. Wir werden uns treffen. Und…“
Sie schaute fast ärgerlich auf Marie, die ihre Stirn in Falten warf…
„Es ist alles okay. Bestens. Ich fühle mich gut dabei. Und auch sicher.“
Marie schaute sie an:
„Ich mache mir nur etwas Sorgen. Bitte schreib mir eine SMS, wenn du dort bist, und wo du bist, nur zur Sicherheit. Und auch wenn du wieder zuhause bist, wann immer das auch ist. Bitte versprich es mir.“
Lena nickte.
„Ja, Süße, das werde ich. Du brauchst dir wirklich keine Gedanken zu machen.“
Sie nahm Maries Hand und drückte sie.
„Danke.“
Marie strahlte sie tapfer an. Den leichten Schleier vor ihren Augen nahm Lena wahr, versuchte ihn aber zu ignorieren.
Sie trennten sich wieder, Marie packte ihre Sachen und auch Lena begann, ihren Schreibtisch für
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