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Hinter blinden Fenstern

Hinter blinden Fenstern

Titel: Hinter blinden Fenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Marienstüberl? Das war wirklich nett.«
    »Nein, danke, ich trinke selten Bier.«
    »Ausnahmsweise, aus besonderem Anlaß.«
    »Vielleicht ein andermal. Ich danke Ihnen. Grüßen Sie bitte Ihre Frau von mir.«
    »Sie können auch einen Schoppen Wein trinken.«
    Madaira schüttelte den Kopf.
    Soltersbusch wußte nicht, was er noch sagen sollte, also hob er die Hand, tappte zweimal in die Luft wie gegen eine Wand und nahm den Arm erst wieder herunter, als Madaira schon einige Meter von ihm weggegangen war.
    »Das wär erledigt«, sagte er und stöhnte.
    Vom Fenster aus beobachtete ihn seine Frau. Aber vor lauter Erleichterung über die Sache mit seinem Nachbarn bemerkte er sie nicht.
     
    Die alte Frau zeigte mit ihrem Krückstock auf das eingeschossige Haus in der Levelingstraße. Dann stützte sie sich auf den Stock und verharrte. In ihrem Rücken, nur wenige Meter entfernt, stand eine andere Frau, erschrocken, daß sie nicht allein im Hinterhof war. Umkehren konnte sie nicht mehr. In dem Moment, als sie entschied, unauffällig zu verschwinden, drehte sich die alte Frau in dem grünen Lodenmantel zu ihr um. Nach einem kurzen Zögern ging Karin Mora, die jüngere der beiden, auf die andere zu.
    »Grüß Gott.«
    »Grüß Gott«, sagte die achtzigjährige Trude Severin. Nachdem sie wieder eine Weile das Haus mit den heruntergelassenen Rollos betrachtet hatte, sagte sie: »Wir waren mal Nachbarn, beruflich, vor Urzeiten. In der Innenstadt. Kannten Sie Clarissa Weberknecht?«
    »Nein.«
    »Sind Sie eine Nachbarin?«
    »Ja«, log Karin Mora.
    »Clarissa und Dinah. Die beiden saßen oft bei mir in der Lederstubn, so hieß meine Bar, und haben geredet und geredet. Über das Leben, über die Männer, über was sonst. Ich hab dann zusperren müssen, die Herren aus der Stadtverwaltung wollten den Schmuddelschuppen loswerden. Clarissa und Dinah haben sich nicht unterkriegen lassen. Obwohl sie sich auch oft gestritten haben, wie ein Ehepaar, wie ein Liebespaar. Vielleicht waren sie eines, aber darüber soll man nicht sprechen. Ich war bei Clarissas Prozeß, sie kam vor Gericht, weil in ihrem Club ein Kunde gestorben ist. Erinnern Sie sich daran?«
    »Nein«, sagte Karin Mora. Unmerklich trat sie einen Schritt zurück, weil sie nicht wollte, daß ihr die alte Frau in die Augen sah.
    »Clarissa mußte nicht ins Gefängnis, es war ein Unfall. Ich glaube das auch, was sollte es sonst gewesen sein?«
    »Warum machen Männer das?« fragte Karin Mora und wischte sich hastig über die Wange. »Warum betrügen Männer ihre Frauen und gehen in so Häuser wie dieses hier?«
    Erst schien es, als habe Trude Severin nicht zugehört. Doch dann zeigte sie wieder mit dem Stock auf das Haus. »Weil es ihrer Natur entspricht. Sie können nicht anders. Deswegen kommen sie hierher, immer wieder, wie fernbestimmt.«
    »Sie meinen, man kann diese Männer nicht einmal verurteilen.«
    Schneller, als Karin Mora es für möglich gehalten hätte, drehte die Alte den Kopf und sah ihr in die Augen.
    »Verzeihen Sie«, sagte Trude Severin. »Wir kennen uns gar nicht. Bestimmt sind Sie glücklich verheiratet und malen sich jetzt ungute Dinge aus, nur weil ich so daherrede. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.«
    »Alles in Ordnung. Alles in Ordnung.«
    »Sind Sie verheiratet?«
    »Ja.«
    »Ich war es nie. Heute leb ich bei meiner Schwester in Pasing, schon viele Jahre. Einige Männer haben mir natürlich Anträge gemacht, die gleichen, die mir später das Geschäft geschlossen haben. Deswegen habe ich es auch nicht fertiggebracht, zur Eröffnung herzukommen. Clarissa hat mir eine Einladung geschickt, aber ich konnte einfach nicht. Ich kam mir so gescheitert vor. Das war sehr egoistisch von mir. Und auch dumm. Und es tut mir leid jetzt, wo sie tot ist. Ich habe die beiden immer bewundert, Clarissa und Dinah. Dann ist Dinah gestorben, und Clarissa war allein. Und sie hat sich durchgebissen. Und dann bringt sie zwei Menschen um, und niemand weiß genau, warum. Und dann erhängt sie sich, und alles ist vorbei. Ich dachte, heut am Feiertag mach ich mich mal auf den Weg, ich war noch nie hier.« Sie blickte zur Tür. Erst jetzt bemerkte Karin Mora den Strauß roter Rosen, der auf der Schwelle lag.
    »Sie haben Blumen mitgebracht.«
    »Wie Sie sehen, bin ich die einzige«, sagte Trude Severin.
    »Eine traurige Geschichte.«
    Dann schwiegen sie. Dann bekreuzigte sich die alte Frau. Erstaunt hob Karin Mora den Kopf.
    »Auf Wiedersehen«, sagte die Alte und berührte

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