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Hinter blinden Fenstern

Hinter blinden Fenstern

Titel: Hinter blinden Fenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Kabine und fürchtet sich nicht und spürt nicht einmal den Schmerz.
    »Sie hält doch die Schmach nicht aus«, schrie Cornelius Mora und zerrte an den Schnüren, die um seine Handgelenke gewickelt waren.
    Zum drittenmal holte Clarissa aus.
    Da löste sich die Fessel an seiner rechten Hand – Clarissa hatte keine Erklärung dafür, auch später nicht, alles war wie immer gewesen, die Knoten wie immer, der Ablauf wie immer –, und sein Kopf fuhr herum, sein Oberkörper kippte zur Seite. Und er streckte den Hals, weil sein Schreien noch nicht zu Ende war. Das begriff sie. Aber die Gerte trieb ihren Arm nach vorn, sie hatte keine Kraft, den Schwung zu bremsen, keine Kontrolle. Mit unbändiger Wucht traf die Spitze der Gerte seine Halsschlagader. Und wie aus einem geplatzten, prallgefüllten Ballon spritzte das Blut aus ihm heraus, ihr mitten ins Gesicht.
    »Halt den Zug auf«, schrie er mit röhrender Stimme.
    Dann gurgelte es in seinem Hals, und ein roter Schwall schoß aus seinem Mund.
    Noch immer hielt sie die Gerte in der Hand. Sie starrte den bleichen, schräg hängenden, über und über bespritzten Männerkörper an, die eigenartig übereinander lappenden Fettringe, den einen schlenkernden Arm mit der aus der Schlinge gerutschten Hand und den wie abgeknickt baumelnden Kopf.
    Und es war still wie noch nie im schwarzen Zimmer.
     
    Als die Tür aufging und Mika mit einer Pistole in der Hand eintrat, taumelte Clarissa. Sie ließ die Gerte fallen und schlug die Hände vors Gesicht, rang nach Luft, sank auf die Knie und kippte auf die schwarze Plane, die den Fußboden vollständig bedeckte. Sie zog die Beine an den Körper und weinte in sich hinein.
    Aus einem der Nebenzimmer holte Mika eine Seidendecke und breitete sie über Clarissas zuckenden Körper. Obwohl er kurz davor war, den Leichnam von den Fesseln zu befreien und ihn trotz des Blutes irgendwie abzuhängen und auf die Erde zu legen, scheuchte Mika statt dessen die Barfrau Eva, die vor Clarissa kniete und ihr den Kopf streichelte, und ihre zwei Kolleginnen, die, fröstelnd vor Fassungslosigkeit, einander umarmten, hinaus in den Flur.
    Nachdem er Eva angewiesen hatte, die Eingangstür abzusperren, rief Mika über sein Handy die Polizei. Bis zu deren Eintreffen redete er auf Clarissa ein. Aber sie wimmerte nur und weinte und brachte kein Wort heraus.
    Erst, als jemand ihren Namen nannte, hob sie die Schultern und blinzelte in das grelle Licht einer Taschenlampe.
    »Sie sind Clarissa Weberknecht?« sagte eine Stimme hinter dem weißen Schein.
    »Ja.« Sie keuchte mit offenem Mund, schloß einen Moment die Augen und streifte die Decke ab. »Und wer sind Sie?«
    »Ich bin von der Kriminalpolizei. Mein Name ist Polonius Fischer. Haben Sie den Mann getötet?«

2 Eine sanftmütige Lügnerin
    D as winzige Fenster führte auf einen Innenhof und war verriegelt. Früher diente der acht Quadratmeter große Raum als Abstellkammer, heute legten Menschen darin Geständnisse ab, schrien, fluchten, heulten ohne Unterlaß oder standen nur da, starr vor Furcht oder fassungslos beim Gedanken an ihre zerbeulten Träume. Sie befanden sich in einem Zimmer, in denen nichts als ein Nagel an den Wänden hing und über der Tür ein Kruzifix aus Eichenholz. Unterhalb des Fensters standen ein viereckiger Tisch mit zwei Stühlen und bei der Tür ein Bistrotisch mit einem Baststuhl, auf dem eine Frau vor einem Laptop saß. Sie schrieb jedes Wort mit, das in dem Raum gesprochen wurde. Manchmal notierte sie auch Pausen und Gesten und ungewöhnliche Bewegungen. Es konnte passieren, daß sie zwei Stunden lang ununterbrochen tippen mußte, oft Sätze, die sie anekelten oder wütend machten und deren Wirkung sie nur mühsam kontrollieren konnte.
    Und dies war nicht der einzige Raum, in dem Valerie Roland als Protokollantin arbeitete, und es passierten hier nicht weniger furchtbare Dinge als einen Stock höher, wo es ein größeres Zimmer für die gleichen Zwecke gab, dazu mit einer verspiegelten Wand, einer Mithöranlage und drei digitalen Kameras, und doch fühlte sie sich in der beengten Umgebung mit Blick auf die graue, abweisende Hauswand vor dem Fenster nie bedroht. Auch dann nicht, wenn Zeugen oder Verdächtige so nah vor ihr standen wie diese nach einem rauhen, teuren Parfüm duftende Frau im schwarzen Hosenanzug. Seit mindestens zwei Minuten hatte sie kein Wort gesprochen, und sie schien nichts wahrzunehmen als das gelbe Licht der Schreibtischlampe über dem Computer.
    Valerie legte die

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