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Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Titel: Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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dürren Beinen zu hängen und mir definitiv gar nicht mehr zu gehören. Irgendein Idiot hat ein Whiskeyglas fallen lassen.
    Ein Kristallglas, das Licht glitzert im Feinschliff, was so wunderschön aussieht, dass ich am liebsten weinen möchte.
    Was hat sie mir gegeben?
    Ich werde mich auf meine guten alten Arme verlassen müssen. Ich torkele vorwärts auf den Läufer, wobei ich ihn jetzt einwandfrei verstehe.
    Natürlich. Ist doch ganz einfach. Der Sinn des Lebens verbirgt sich in unseren Fingerabdrücken. Ich muss nur ein Foto von meinen Fingern machen, es vergrößern und entziffern.
    Edit hebt anmutig die Füße über die Glasscherben, und über ihre Schulter hinweg sehe ich, wie die Tür aufgeht und Buttons, der Gorilla, im Eingang steht.
    Das erinnert mich an meine Zeit als Teenager, und ich weiß, dass Buttons mitbekommen hat, dass ich einst sein Herrchen bedroht habe. Seither wartet er auf eine Gelegenheit, mir auf ewig das Maul zu stopfen. Plötzlich habe ich Angst wie nie zuvor in meinem Leben. In meinem vernebelten Gehirn hege ich keinerlei Zweifel daran, dass Buttons die Absicht hat, mir den Kopf von den Schultern zu reißen.
    Mein Leben fängt an, vor mir aufzublitzen, was mir gar nicht recht ist, weil wir schließlich alle wissen, was das bedeutet.
    Nein. Noch nicht. Ich bin noch nicht so weit.
    Es blitzt trotzdem. Ich sehe meinen Vater, der mir ein Pflaster aufs Knie klebt und sagt, guter Soldat, guter Soldat. Ist das wirklich passiert? Ich kann mich nicht erinnern, ihn je menschlich erlebt zu haben. Da ist Pat, mein kleiner Bruder, mit einem Kissenbezug über den Schultern wie ein Cape, und er hält einen Schürhaken als Schwert. Später wird er Prügel beziehen, weil er sich mit Kohlenstaub schmutzig gemacht hat. Ich will ihn warnen, aber meine Lippen sind versiegelt. Jetzt sitze ich im Wagen auf jener letzten verhängnisvollen Fahrt, und ich sehe zum ersten Mal, dass ich nur deshalb noch am Leben bin, weil das hintere Fenster offen war, damit Dads Zigarettenqualm abziehen konnte. Ich höre das Quietschen der Reifen und sehe den Esel auf unsere mickrige Karre zukommen, und Moms Haare wirbeln hoch wie unter Wasser. Ich greife nach Pat, aber er ist tot wie eine alte Stoffpuppe, und ich fliege durch die Luft.
    Buttons watschelt in den Raum, und ich sehe eine kleinere Gestalt hinter ihm, könnte Tarzan oder Mogli sein. Ich fürchte mich hinzuschauen und bin chemisch erstarrt, aber ich sehe, dass Buttons eine Art Schlagstock in der Hand hält. Er hockt sich vor mich, und jetzt erkenne ich auch, dass der Gorilla Schuhe trägt.
    »Nicht hier«, sagt Edit. »Ich möchte keine Beweise, falls seine Polizistenfreundin vorbeikommt.«
    »Weißt du noch, McEvoy?«, fragt der Gorilla und fuchtelt mit dem Stock vor meiner Nase herum. »Jeder Cop im Staat weiß inzwischen, was du mir mit diesem Ding hier angetan hast.«
    Ich habe keine Ahnung, wovon Buttons spricht. Ich habe mich ihm nie mit einem großen Dildo genähert.
    Buttons holt aus, und ich höre ihn angestrengt schnaufen.
    »Jetzt bist du dran«, sagt er, und ich schließe die Augen.
    In Menschenkenntnis macht mir keiner was vor, oder?

KAPITEL SIEBEN
    In jedem Noir-Krimi, den ich je gelesen habe, gibt es eine Stelle, wo der Detektiv nach einer Prügelei wieder zu sich kommt. Diese Stellen haben mir nie gefallen, weil manche Schriftsteller ihre Sache viel zu gut machen und diese Szenen einem Mann wie mir, der so häufig Prügel bezogen hat, dass man ihm was vom IQ abziehen müsste, viel zu sehr unter die Haut gehen. Ich schwöre, ich war ein begabtes Kind, liege aber dank Taser, Gummigeschossen, K. O. -Tropfen, Stahlkappenstiefeln und nun auch einem gottverdammten Dildo kaum noch über dem Durchschnitt. Irgendwann spielten auch mal hohe Hacken und eine Wendeltreppe eine Rolle, aber ich kenne niemanden so gut, als dass ich ihm diese Geschichte erzählen würde. Niemals würde ich mich freiwillig im Zirkus hypnotisieren lassen, ich könnte ja was ausplaudern.
    Aufwachen ist jedes Mal anders. Mal geht’s schnell, mal langsam. Einfach oder so verdammt schwer, dass man lieber tot wäre. Manchmal ist der Schmerz so ungeheuerlich, dass man das Gefühl hat, er sei unendlich wie das Universum. Und so wird es diesmal werden, ich weiß es. Drogen und Dildohiebe? Das kann nur ein Alptraum sein.
    Ich merke, wie ich zu mir komme, was mich einerseits freut, weil ich nicht tot bin, andererseits aber würde ich lieber da unten in der schönen kühlen Dunkelheit verweilen,

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