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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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Stollenboden, der am Vortag noch nicht da gelegen hatte.
    »Scheißerdbeben, uns so zu erschrecken. Ich dachte schon, wir
fliegen jetzt nach Amerika, und das durch das geschlossene Tor.«
    »Keine Dusche, kein Kaffee, keine Brötchen. Ich weiß nicht, ob ich
hier noch einmal Urlaub machen möchte«, murrt Marjana.
    Außer dem Felsbrocken hat das Erdbeben nichts verändert. Die
Goldsäcke haben sich keinen Millimeter verschoben, sie stehen da, in Reih und
Glied, genauso wie am Tag zuvor. Marjana läuft es kalt den Rücken hinunter.
»Dann los. Was packen wir ein?«
    »Ich würde sagen, wir suchen einen Sack mit Barren von fünfhundert
Gramm und solchen, die ein Kilo wiegen. Die sind unauffälliger und leichter zu
verstauen als die schwereren«, sagt Wiktor.
    Schon der dritte Sack, den sie ausschütten, hat die gewünschte Stückelung.
Jeder von ihnen steckt zwanzig Kilogramm in seinen Rucksack, was vom Volumen
kaum zu sehen ist.
    »Mann, ist das traurig, nicht einmal die Barren aus einem Sack bringen
wir in unseren Rucksäcken raus. Warum sind wir dann überhaupt hier?«, fragt
Wiktor.
    »Weil das bisschen, das wir jetzt in unseren Rucksäcken haben, mehr
ist, als wir normalerweise in unserem kompletten Leben verdienen könnten. Und
außerdem kommen wir wieder, das ist doch klar«, sagt Marjana.
    »Dann knabbern wir den zweiten Sack an.« Wiktor reibt sich die
Hände.
    »Ich werde eine Menge Pausen nach oben brauchen. Der Rucksack ist
verdammt schwer geworden«, sagt Luba.
    »Schätzchen, da bist du nicht die Einzige. Ich hab das Gefühl, meine
Wirbelsäule knickt gleich ein.«
    »Also los«, treibt Wiktor. »Und tut mir den Gefallen und hört mit
dem Jammern auf. Ich werde euch die Rucksäcke jedenfalls nicht abnehmen.«
    Nachdem sie den Hauptgang erreicht haben, kommen sie gut voran.
Immer wieder überprüfen sie mit Hilfe von Alexejs Karte, ob sie auf dem richtigen
Weg sind. Vielleicht würden sie ihn mittlerweile sogar ohne Karte finden.
    »Der Wind ist heute viel schwächer als gestern«, sagt Wiktor.
    »Das ist mir ganz recht«, meint Luba. »Gestern war es saukalt hier
unten.«
    »Und was bedeutet das?«, fragt Marjana. »Doch hoffentlich nichts Schlechtes?«
    Wiktor zuckt die Achseln. »Ich weiß noch nicht genau, was das zu
bedeuten hat.«
    Etwa eine halbe Stunde später kommen sie zu der Stelle, an der sie
am Tag zuvor an die dreißig Meter durch einen Tunnel kriechen und am Tunnelende
aufpassen mussten, um nicht in das tiefe Loch zu rutschen. Aber auch diese
Falle hat Alexej eingezeichnet und markiert.
    Wiktor bietet sich an, als Erster durch die enge Stelle zu kriechen.
»Ihr knotet dann die Rucksäcke an das Seil, das ich abrolle. Wenn ich auf der
anderen Seite des Tunnels bin, ziehe ich die Rucksäcke nach.«
    Er kriecht in den Tunnel. Nach fünf Metern bereits muss er umkehren.
»Unmöglich. Da kommen wir nicht durch.«
    »Was?«, kreischt Luba. »Wir müssen aber da durch. Los, jetzt mach
schon.«
    »Das wird das Erdbeben gewesen sein. Es hat einen Einsturz gegeben.
Da hilft dein Geschrei jetzt auch nichts. Hier ist alles blockiert. Es liegen
tonnenweise Fels und Gestein im Weg. Da kommen wir nie durch, schon gar nicht
ohne Werkzeug und Spreng- stoff.«
    »Heißt das, wir sind verschüttet? Wir haben das Gold und kommen
jetzt nicht mehr raus? Sag, dass das nicht wahr ist! Du willst uns doch nur
Angst machen!«, schreit Luba. »Sag, dass das nicht stimmt.«
    Sie kriecht in die Höhle und kommt nach ein paar Minuten heulend
zurück. »Wir werden verhungern. Wir werden alle sterben«, jammert sie.
    »Wir werden nicht verhungern, und wir sterben vielleicht in vierzig
Jahren im Altersheim, aber nicht hier, Schätzchen, das verspreche ich dir«,
sagt Marjana. »Ich finde nicht den größten Goldschatz aller Zeiten, um dann in
ewiger Dunkelheit zu verrecken. Wir kommen hier raus, das schwör ich euch.
Alexej hat die Nazis überlebt. Er wurde auch verschüttet, als die Nazis den
halben Berg weggesprengt haben, um den Eingang zum Stollen unsichtbar zu
machen. Trotzdem ist er hier rausgekommen. Und er war allein. Wir sind zu
dritt. Er hat uns nicht die Karte hinterlassen, damit wir ins Verderben
stürzen.« Dann ruft sie so laut, dass es von den Wänden der Höhle widerhallt:
»Alexej, hörst du mich? Du musst uns helfen! Hilf uns!«
    »Sie hat recht, Luba«, sagt Wiktor. »Wir werden hier nicht sterben.
Vielleicht finden wir Werkzeug und sogar Sprengstoff im Stollen. Die Nazis
haben sicher ein ganzes Depot

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