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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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angelegt. Hier drin musste ja auch gearbeitet
werden. Außerdem konnte immer etwas passieren, Felsstürze, Wassereinbrüche,
Schmelzwasser. Womöglich gibt es auch noch einen anderen Weg nach oben.«
    »Und wie sollen wir den finden?«, fragt Luba verzweifelt.
    »Das haben wir doch vorher schon bemerkt. Gestern, bevor der Tunnel
verschüttet wurde, gab es hier einen ziemlich starken Wind. Er kam nicht vom
Stollen, denn dort war es windstill. Und er zog nach oben. Jetzt ist der Tunnel
verstopft, und der Wind bläst nicht mehr. Aber den Zugang nach draußen gibt es,
da bin ich mir ganz sicher. Wenn so ein kräftiger Wind von unten nach oben
weht, dann muss es irgendwo eine Öffnung nach draußen geben. Vielleicht müssen
wir ein paar Steine wegschaffen, aber dann kann es eigentlich nur ein größeres
Loch sein, so groß, dass wir hindurchkriechen können. Sogar an Stellen, wo die
Höhle ziemlich breit war, habe ich diesen Wind deutlich gespürt.«
    »Und was ist, wenn wir entweder mitten in einer Felswand oder hinter
einem Wasserfall ans Tageslicht kommen? Oder an einer Stelle, wo wir uns
bestenfalls das Genick brechen? Was machen wir dann? Kann mir das einer von
euch sagen?«, fragt Luba.
    »Weiß ich nicht. Interessiert mich auch nicht«, sagt Wiktor. »Wir
gehen da jetzt raus, und basta.«
    »Also dann los«, sagt Marjana. »Ich weiß ja nicht, wie es euch geht,
aber ich will jetzt wirklich hier raus.«
    Ein Schrei. Wiktor rutscht auf dem nassen Fels aus und verschwindet
in der Tiefe. Nicht einmal seine Stirnlampe ist mehr zu sehen.
    »Wiktor!«, ruft Marjana. »Bist du verletzt?«
    »Wir werden alle sterben«, jammert Luba. »Das ist wie in den Pharaonengräbern.
Auf diesem Schatz liegt bestimmt ein Fluch!«
    »Jetzt reiß dich mal zusammen, Luba. Fährt mit dreihundert Sachen
durch die Zone, und jetzt verliert sie die Nerven wegen ein bisschen Glatteis.«
    Zwanzig Meter tiefer wackelt ein kleines Licht wie eine beleuchtete
Kellerassel.
    »Wiktor, bist du das?«, schreit Marjana.
    »Wer bitte soll das denn sonst sein? Oder hast du gerade mit dem
Pizza-Service telefoniert? Also los, runter mit euch! Ihr müsst es machen wie
ich. Auf den Hosenboden und dann abwärts wie auf einer Rutsche. Ein Riesenspaß,
das kann ich euch sagen. An ein paar Stellen müsst ihr den Kopf einziehen,
sonst ist er weg. Aber ich glaube, das ist die einzige Möglichkeit, hier
runterzukommen.«
    »Und wenn das einer von tausend Schächten ist, die im Nichts enden?
Tot? Blind? Dann sitzen wir richtig in der Falle. Sind wir erst einmal alle
runtergerutscht, kommt doch keiner mehr hoch. Nicht mal mehr zum
Sprengstoffsuchen in den Stollen«, jammert Luba.
    »Nein, hier geht es weiter, ganz sicher«, ruft Wiktor. »Ich sehe es
doch. Außerdem ist der Wind genau aus dieser Richtung gekommen. Also muss es
von hier eine Verbindung nach draußen geben.«
    »Scheißeeeee«, kreischt Marjana beim Hinunterrutschen.
    »Ich kratz dir die Augen aus, wenn wir hier in einer Falle landen«,
schreit Luba und stürzt sich ebenfalls nach unten.
    »Autsch.« Marjana kann sich nicht mehr aufrappeln, bevor Luba
ankommt. Die beiden liegen ineinander verknäuelt auf festem Boden.
    Da klopft Wiktor wie wild auf Lubas Schulter. Luba kneift die Augen
zusammen und starrt in die Richtung, in die Wiktor zeigt. Sie erkennt einen
schwachen Lichtschimmer, der nicht von einer ihrer Stirnlampen kommt.
    »Das muss draußen sein!«, schreit sie. »Das ist doch natürliches
Licht, nicht? Das muss das Tageslicht sein.«
    Marjana strahlt über das ganze Gesicht. »Na also. Bedanken wir uns
bei Alexej. Wenn wir hier wirklich rauskommen, dann glaube ich, weil er uns
geholfen hat. Ich hab ihn auch ziemlich dringend drum gebeten.«
    »Du?«, fragt Luba erstaunt. »Du hast tatsächlich mit einem Toten
gesprochen?«
    »Na ja, was heißt gesprochen. Ich hab ihm einfach gesagt, er soll uns
hier raushelfen, das war alles. Er hat mir nicht geantwortet, wenn du das
meinst. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, er kann mich hören. Du musst gar
nicht so skeptisch dreinschauen, Wiktor. Ich glaube, Verbindungen ins Jenseits
sind reine Frauensache.«
    »Einverstanden«, meint Wiktor. »Ich halte mich da raus.«
    »Hey, kann mir eigentlich mal einer sagen, weshalb wir uns zuerst
stundenlang bergauf und dann noch länger durch die Höhle bergab quälen, wenn es
auch einfacher geht, wie wir jetzt sehen?«, fragt Luba.
    »Jetzt warte doch mal, wir wissen ja noch gar nicht, wo wir hier
rauskommen.

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