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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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der Zofen bestochen, damit die den angeblichen Brief der Hebamme zu Tyde brachte. Dass sie Hiske so tief ins Geschehen zog, musste sie in Kauf nehmen. Ihre Rache war ihr wichtiger gewesen als alles andere auf der Welt.
    Adele griff unter ihren Rock und umschlang das Messer, das sie dort versteckt hielt. Sie würde in den Keller gelangen, und sie würde ihr Kind befreien. Endlich herausschreien, welches Unrecht man ihr angetan hatte. Danach wäre sie frei. Egal, ob tot oder lebendig.
    Dudernixen sicherte seinen Wagen, als er Adele über den Burghof auf den Keller zueilen sah. Er legte den Hammer, mit dem er die Plane befestigen wollte, ab und stellte sich ihr in den Weg. Sie wirkte aufgelöst, fast panisch. Mit Adele Stausand stimmte etwas nicht, und wenn er weiter die Geschicke der Herrlichkeit unter Kontrolle halten wollte, musste er der Sache nachgehen. »Wo wollt Ihr hin?«
    Adele umfasste etwas, was sie unter der groben Schürze verborgen hielt. Er wusste, dass sie ihn nicht hoch schätzte, weil er die Zeit in Münster nicht geteilt hatte, aber dennoch zusammen mit Krechting am Neuen Jerusalem baute. Sie fürchtete Dudernixen nicht und baute sich vor ihm auf. Sie schien sich sicher zu sein, dass er ihr hier, vor allen Menschen auf dem Burghof, den nötigen Respekt zollen würde.
    »Meinen Sohn befreien. Das, was ich schon vor Jahren hätte tun sollen.«
    Dudernixen griff sie am Ärmel. »Deinen Sohn?«
    Adele lachte ihm ins Gesicht. Das Gemüt des Baders erhitzte sich. Was hatte sie eben von sich gegeben? »Deinen Sohn«, höhnte er, noch in der Hoffnung, er habe sich verhört.
    »Meinen Sohn, Bader, und du weißt auch genau, wer der Vater ist.«
    Melchior schluckte. Cornelius von Ascheburg war der Teufel persönlich gewesen und vor keinem Rock zurückgeschreckt. Vor gar keinem. Binnen Sekunden wurde dem Bader klar, wer hinter den Verbrechen steckte. Er würde sein Gesicht verlieren, wenn Adele das gestand, es würde all seine Pläne durchkreuzen. Er wollte Krechtings Platz. Er wollte die Täufer anführen unter der Herrschaft der Mennoniten. Um jeden Preis.
    Doch da spie sie ihm ihre Worte schon entgegen. »Ich habe Cornelius und Tyde getötet und Krechting niedergestochen. Mein Sohn ist unschuldig und die Hebamme auch. Lasst mich zu ihnen!«
    Dudernixen griff Adele am Handgelenk. »Du wirst gar nichts tun, Weib«, zischte er. »Du wirst dein Schandmaul halten, wieder zurück auf deinen Hof gehen und den Dingen ihren Lauf lassen.«
    Adele riss an seiner Hand, versuchte sie abzuschütteln, doch der Bader war mit großer Kraft gesegnet. Er wusste, dass sie ihn töten würde, wenn er sie losließ, denn ihm war das Aufblitzen der Klinge, als die Schürze kurz verrutscht war, nicht entgangen. Sie würde ihm hier im Burghof vor aller Augen das Messer in den Hals jagen, wenn er ihr den Weg in den Kerker nicht freigab. Sie wollte zu ihrem Kind. Dem Kind, das jetzt seiner Mutter bedurfte. Einer Mutter, die es Zeit seines Lebens alleingelassen hatte und deren einzige Möglichkeit war, das genau jetzt wiedergutzumachen.
    Dudernixen aber konnte das nicht dulden, er brauchte die beiden Unschuldigen im Kerker. Adele durfte ihr Geheimnis nicht preisgeben. Nie im Leben durfte ein Täufer aus solch banalen Gründen gemordet haben, es würde alle Visionen zum Wanken bringen. Die Menschen mussten vorbehaltlos an die Gemeinschaft glauben. Immer.
    In diesem Moment zog Adele das Messer blitzschnell unter der Schürze hervor, doch Dudernixen riss es ihr aus der Hand, und als der erste Blitz neben der Burg zur Erde fuhr, rammte es der Bader mit einer gezielten Bewegung tief in ihren Bauch.
    »Balthasar«, stöhnte sie noch, und während ihre Augen flackerten, wusste Dudernixen, was sie ihm damit sagen wollte.

Kapitel 17
    Du bist Adeles Kind, kleiner Wortsammler. Weibeule.« Hiske musste trotz ihrer hoffungslosen Lage lächeln. Adeles Hakennase hatte der Junge mit dem Schnabel einer Eule gleichgesetzt. Erkannt aber hatte sie ihn an seinen Augen.
    »Dass du ihr Kind bist, das war die Trauer in ihren Augen, die ich nicht deuten konnte.« Hiske streichelte den Jungen, der sein Gesicht vertrauensvoll an ihrer Armbeuge rieb. Zu mehr Zuneigung war er nicht fähig. Das Einzige, was das Leben ihn bislang gelehrt hatte, war Alleinsein und den Kampf ums Überleben. Nun würde er am Ende in all seinen Erfahrungen bestätigt werden. Hiske hoffte nur, dass man ihnen den Kopf vor dem Scheiterhaufen abtrennen würde, das wäre weniger schmerzhaft.

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