historical 176 - Meer der Sehnsucht.doc
ihnen bei Bedarf sofort helfen zu können."
„Bleib ihnen dicht auf den Fersen", bat Riordan. „Ich will nicht, dass sie in Gefahr geraten."
„Okay, Capt'n. Und was ist mit Ihnen?"
„Ich komme zurecht." Kopfschüttelnd und bewundernd sah Riordan dem alten Seemann nach. Die halbe Stadt suchte nach der Gruppe. Aufgebrachte Piraten mit gezückten Schwertern durchkämmten die Straßen. Und diese ganz und gar erstaunliche Familie zeigte keinerlei Anzeichen von Furcht oder Ermüdung.
Ihm selber ging es zusehends schlechter. Die Schmerzen wurden unerträglich, und immer wieder übermannte ihn ein Schwindel, der ihm die Sicht trübte. Sein verletzter Arm schien eine einzige brennende Wunde zu sein, und das Pochen und Klopfen in seinem Kopf machte es ihm schwer, überhaupt noch einen klaren Gedanken zu fassen. Nur das Wissen darum, dass sie alle in Sicherheit wären, sowie sie das Piratenschiff erreicht hätten, half ihm, nicht aufzugeben.
Riordan fühlte sich für die ganze Familie und ihre treuen Be diensteten verantwortlich. Er würde nicht eher ruhen, als bis sie alle dieser Hölle entkommen waren.
Vor ihm lag ein weiteres Dach, das es zu erreichen galt. Riordan biss die Zähne zusammen und wappnete sich gegen den Schmerz, der ihn beim Sprung zu überwältigen drohen würde.
Er landete einigermaßen sicher und hielt sich mit dem gesunden Arm an einem Schornstein fest. Kurz schwankte er und wäre beinahe gestürzt. Als er sich von dem Schreck erholt hatte, sah Riordan vor sich die anderen laufen.
Bald, sagte er sich, bald werden sie in Sicherheit sein. Und dann kann ich mich endlich ausruhen.
Das war sein letzter Gedanke. Vor seinen Augen verschwamm alles, und die Welt um ihn her versank im Nichts.
„Halte durch, Großvater." Ambrosia half Geoffrey über das nächste Dach hinüber. „Wir haben es bald geschafft." „Ich kann gut auf mich selber aufpassen." „Ja, das weiß ich, und ich bin sehr stolz auf dich." „Und ich auf dich, mein Mädchen. Aber freu dich nicht zu früh. Noch sind wir nicht in Sicherheit."
„Du hast Recht." Ambrosia führte den alten Mann zu der Dachkante. Von hier aus konnte sie die Docks erkennen. Nur noch ein weiteres Dach galt es zu überwinden.
Sie wartete, bis ihr Großvater auf die andere Seite gesprungen war, und folgte ihm dann.
Kurz darauf hatten auch Newton und Bethany das letzte Dach erreicht, dicht gefolgt von Mistress Coffey und Miss Mellon.
„Wo sind Darcy und Riordan?" Alarmiert schaute sich Ambrosia um.
„Eben waren sie noch hinter uns", antwortete Bethany beruhigend. „Und wie kommen wir jetzt wieder hinunter auf die Straße?"
Newton erbot sich, nach einer Lösung Ausschau zu halten, und kam kurz darauf zu der Gruppe zurück. „Dort drüben lehnt eine Leiter an der Hauswand", verkündete er. In Windeseile kletterten sie nacheinander hinunter auf die Straße und rannten, ohne sich noch einmal umzudrehen, in Richtung der Docks.
Die Skull war bereits in Sichtweite, als Darcy ihre Familie am Kai einholte.
„Wo ist Riordan?" wollte Ambrosia wissen und reckte den Hals.
„Er muss gleich hier sein. Die ganze Zeit war er unmittelbar hinter mir."
Newton deutete mit einer Hand auf das Piratenschiff, das draußen vor Anker lag. „Wir müssen uns beeilen. Reden können wir später immer noch."
Bethany und Darcy begannen, sich ihrer Kleider zu entledigen. Die beiden älteren Frauen zögerten jedoch. Bis jetzt hatten sie alles tapfer mitgemacht und durchgestanden. Doch sich zu entblößen, erschien ihnen als das gewagteste Abenteuer von allen bisherigen.
Schließlich schüttelten sie ihre Bedenken ab und entledigten sich ihrer Kleider und Unterröcke. Sie waren dankbar für den Schutz der Dunkelheit.
Bis auf Newton und Ambrosia befanden sich kurz darauf alle im Wasser. „Kommst du, Mädel?" forderte der Alte Ambrosia auf.
„Gleich, Newton. Ich warte nur noch auf Riordan."
„Das solltest du besser nicht tun. Er wird schon noch kommen. Er hat mich geschickt, um sicherzustellen, dass ihr alle rechtzeitig an Bord seid."
„Mir passiert schon nichts. Wir werden beide gleich nachkommen", versicherte Ambrosia.
„Geh jetzt, Newt. Wir folgen euch so bald wie möglich."
Ohne ein weiteres Wort sprang Newton ins Wasser und begann zu schwimmen. Ambrosia sah hinter ihm her, bis er in der Dunkelheit verschwunden war.
Dann drehte sie sich in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Sie war hin- und hergerissen zwischen ihrem Wunsch, ihrer Familie zu folgen, und
Weitere Kostenlose Bücher