HISTORICAL Band 0272
gut aus. Seine dunklen Haare waren allerdings zu lang und mussten bei Gelegenheit geschnitten werden. Und er hatte offenbar fachkundige Hilfe bei der Kleiderwahl nötig. Dieses Jackett – es saß einfach nicht!
Zweifelnd sah sie ihn an. Trotz seines guten Aussehens und einer Portion Charme war er noch nicht verheiratet, und er wirkte auch nicht gerade herausragend intelligent. Ihr wurde mulmig zumute. Das deutete auf Probleme hin. Welcher Mann mit Verstand würde eine Frau heiraten, deren Vater freimütig ihre zahlreichen Defizite aufzählte und eifrig darauf bedacht war, sie loszuwerden? Nun, er besaß Anstand und war vermutlich wirklich ein Ehrenmann. Immerhin hatte er ihren Vater vor einem Anschlag gewarnt. Dass sie selbst Garrow geistig überlegen war, konnte, wenn sie es recht bedachte, auch durchaus von Vorteil sein.
Sie seufzte bei dem Gedanken, jetzt eine Entscheidung treffen zu müssen, eine Entscheidung, die ihr ganzes Leben bestimmen würde. Und das unter solchem Zeitdruck! Wollte sie mit diesem Mann eine Familie haben? Erneut ließ sie ihren Blick kritisch über ihn schweifen. Alle Mütter, die sie kannte, behaupteten, dass Kinder die Intelligenz von ihrer Mutter und das Äußere von ihrem Vater erbten. Sie musste also nicht befürchten, einst hässliche Trottel zu gebären. Wenn ich überhaupt Kinder bekomme. Ich werde das so lan ge wie möglich verhindern.
Ganz abgesehen davon wusste Susanna, dass es höchst unwahrscheinlich war, dass der nächste Mann, den ihr Vater für sie auswählte, angenehmer sein würde als dieser. Sie hatte gestern beim Kartenspiel verloren und musste ihre Spielschulden begleichen. Sie würde also diese Chance nützen, hoffen und beten, dass sich ihre Entscheidung nicht als Fiasko entpuppte.
„Gut. Ich nehme Ihren Antrag an“, sagte sie in geschäftsmäßigem Tonfall. „Allerdings unter drei Bedingungen.“
„Ich höre.“ James trat einen Schritt zurück.
Sie war überrascht, dass Garrow ihr ohne Einwände zugestand, Bedingungen zu äußern. „Nun, also erst einmal bräuchte ich wie gesagt Zeit, bevor wir …“ Ihre Hände, die sie vor ihrer Taille verschränkt hatte, verkrampften sich ineinander.
Er nickte. „Das hatte ich Ihnen schon zugesichert. Die zweite Bedingung?“, fragte er höflich.
„Ich möchte in meinem eigenen Haus kommen und gehen können, wann ich will. Das ist die zweite Bedingung.“
„Wohin wollen Sie denn kommen und gehen?“, fragte James erstaunt. „In den Highlands gibt es nicht viel, wohin man gehen kann, Lady Susanna. Wir haben nicht allzu viele Nachbarn in erreichbarer Nähe. Ich nehme an, wir werden ein oder zwei Mal im Jahr nach Glasgow reisen müssen. Aber es wäre nicht klug, wenn Sie auf eigene Faust in den Highlands unterwegs wären.“
„Hmmh. Ich beginne zu verstehen, warum mein Vater meint, die Ehe mit Ihnen wäre das Richtige für mich. Und was erwarten Sie von mir?“, erkundigte sie sich bedrückt.
„Dass Sie nie Glücksspiele spielen. Dass Sie meinen Leuten und mir gegenüber loyal sind. Und Aufrichtigkeit“, sagte er mit ernster Stimme. „Und dass Sie vernünftige Entscheidungen treffen.“
Susanna wartete einen Augenblick, bevor sie antwortete. „Und das ist alles?“
„Das ist eine Menge, wenn man es genau bedenkt.“
„Dies entspricht den normalen Pflichten jeder anständigen Ehefrau. Aber es gibt noch etwas, das Sie mir zusichern müssen, Lord Garrow.“
„Garrow für Sie“, bat er und machte eine Geste, damit sie fortfuhr.
„Sie müssen mir erlauben, dass ich meine Meinung jederzeit und jedem gegenüber frei äußern darf und dass Sie meine Worte nicht zensieren. Auch wenn Sie anderer Meinung sind!“
„Ich soll Ihre Worte nicht zensieren? Das heißt wohl, Sie wollen von mir in Gegenwart anderer nicht bloßgestellt werden? Oder fürchten Sie eine Bestrafung?“, fragte er belustigt.
„Ja, das heißt es. Ich möchte auf keinen Fall geschlagen werden – und bloßgestellt auch nicht“, äffte sie seine breite, langsame Sprechweise nach.
Sichtlich amüsiert über ihre Parodie seines schottisch eingefärbten Englischs lächelte er sie an. Dann lachte er lauthals. „Ich akzeptiere all Ihre Bedingungen und verspreche Ihnen, dass ich sie respektieren werde.“
Sein Lachen war so ansteckend, dass Susanna unwillkürlich einfiel. Es löste die Spannung, die sie gefühlt hatte. Diesen Schotten kann ich schon jetzt um den Finger wickeln und tun, wie mir beliebt, dachte sie entzückt. Vielleicht
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