Historical Exclusiv 45
umspielte – und der Inbrunst, mit der sie sich jede Nacht umarmten –, vermutete Gabrielle, dass sein Herz ihrem Zauber erlegen war.
Niemals hatte sie solch erfüllende Liebe für möglich gehalten. Vielleicht ist es schöner, etwas so Unerwartetes zu finden, sann sie lächelnd nach, als Thomas einen Welpen hochhob. Der Stall war tief mit frischem Stroh ausgelegt, und sechs quicklebendige Hündchen spielten so voller Lebensfreude, dass sie übereinander purzelten.
Thomas hatte viel Spaß daran, jeden Hund genau zu betrachten und von jedem beschnüffelt zu werden. Sie hatten schon eine beträchtliche Größe, selbst für Welpen. Die Mutter des Wurfs lag in einem Winkel und beobachtete ihre possierlichen Jungen, so wie Gabrielle und Yves Thomas betrachteten.
„Ich mag diesen hier, Maman !“
Gabrielle sah zum Stallmeister hin, der zustimmend nickte. „Ein feines Mädchen, Thomas“, sagte er. „Nun komm und such dir eines aus dem anderen Wurf aus.“
Der Junge lachte begeistert und mühte sich, das lebhafte Hündchen festzuhalten und den Stall zu verlassen. Doch ein anderer Hund hatte seine scharfen kleinen Zähnchen in seine Beinlinge verbissen und zog lebhaft daran. Die anderen vier folgten seinem Beispiel. Der Knabe quietschte vor Vergnügen und verlor das Gleichgewicht.
Gabrielle musste das Lachen unterdrücken.
Yves trat zielstrebig näher und packte sich Thomas’ Hündchen unter den Arm. Dann befreite er die Beinlinge des Jungen von den Zähnen des entschlossensten kleinen Angreifers.
„Den mag ich auch!“, erklärte der Knabe, doch Saint-Roux schüttelte den Kopf.
„Komm und sieh dir das graue an.“
Thomas beugte sich über das Tier, um ihm die Ohren zu kraulen. Es sprang wedelnd an ihm hoch und leckte ihm das Gesicht. Die anderen Welpen sprangen um Yves herum.
Dieser versuchte, über die quirligen Tierchen hinweg in die Stallgasse zu treten. Gabrielle kämpfte gegen ein Lachen an, als die Welpen sich nunmehr an Yves’ Saum festbissen. Plötzlich riss Yves erstaunt die Augen auf.
Ehe Gabrielle fragen konnte, warum, sah sie einen nassen Fleck, den der Hund hinterlassen hatte, und wusste, dass sie diesmal das Lachen nicht unterdrücken konnte.
„Das ist nicht amüsant!“, erklärte der Chevalier. Als er das Tier von der Seite wegnahm und die nasse Stelle auf seinem Waffenrock betrachtete, war sein erboster Ausdruck Anlass dafür, dass Gabrielle in noch heftigeres Gelächter ausbrach. Nie hätte sie gedacht, ihren stolzen Ritter in solch einem Zustand zu sehen!
Yves’ Lippen zuckten, obwohl er sich offenbar bemühte, die Fassung zu bewahren. Ehe er etwas sagen konnte, räusperte sich jemand.
Gabrielle und Yves wandten sich der Stalltür zu, durch die das Sonnenlicht hereinfiel. Gabrielles Lachen verstummte beim Anblick des Comte de Tulley.
Sie tauschten einen Blick aus, als der alte Graf heranhumpelte und die Augen im Dämmerlicht des Stalls zusammenkniff. Gabrielle nahm Yves das Hündchen ab und fragte sich, was er hier wollte.
„Chevalier Yves de Saint-Roux?“, wollte Tulley wissen. „Seid Ihr das, den ich höre?“
„Ja, Herr.“ Er beugte sein Knie vor dem Grafen.
Der Alte kam näher. „In der Tat, ich bin Euer Herr“, rief er gereizt. „Was machte Euch glauben, Madame de Perricault ehelichen zu können ohne meine Erlaubnis?“
Sein Blick wurde schärfer, als er Gabrielle wahrnahm. Mit tadelndem Finger zeigte er in ihre Richtung, ohne Yves Gelegenheit zu einer Antwort zu geben. „ Ihr hättet es besser wissen sollen.“
Gabrielle hob den Kopf und war bestrebt, würdevoll auszusehen, trotz des wedelnden Hundes in ihren Armen. „Es schien mir passend, den Ritter zu ehelichen, der Perricault zurückeroberte und Philippe de Trevaine tötete.“
Tulleys Augen funkelten, als er wieder Yves ansah. „Nun habt Ihr es also doch getan?“, sann er nach. Dann zeigte er erneut mit dem Finger auf Gabrielle. „Ihr hattet kein Recht, ohne meine Erlaubnis die Dienste dieses Ritters zu erbitten.“
„Ich hatte jedes Recht, meinen Sohn in Freiheit zu sehen“, entgegnete sie. „Ihr wart es, der kein Recht hatte, einen Streiter für Perricault zu suchen ohne meine Erlaubnis.“
Das entsprach zwar nicht unbedingt der Wahrheit, doch der alte Mann schien willens zu sein, diese Behauptung unbeachtet zu lassen. „Ihr durftet ihn nicht ehelichen, ohne mich zuvor zu fragen“, erklärte er. „Ich hätte diese Entscheidung treffen müssen! Eurer Vermessenheit wegen werde ich noch
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