Historical Exclusiv Band 44
geborgten Pfeilen auf die Rechtskundigen, aber Ihr wisst gar nichts von mir.“
„Ich weiß, dass Ihr dem Parlament behilflich wart, den Kanzler des Königs aufgrund erfundener Vorwürfe seines Amtes zu entheben.“
„Die Vorwürfe waren begründet.“
„Nicht genug, wie ich sehe.“ Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf den Earl of Suffolk, der mit dem König lachte. „Heute ist der Mann bei uns.“
Justin biss die Zähne zusammen. „Der König entließ ihn, nicht das Parlament.“ Ein paar Wochen lang hatte Richard den Mann eingesperrt, dann, nachdem das Parlament auseinandergegangen war, hatte er ihn freigelassen, als hätte es die Entscheidung nie gegeben. Als würde das Recht nichts bedeuten.
Sie flüsterte jetzt. „Ihr sagt, Euch ist die Wahrheit wichtig. Aber andere sagen, Euch ist es wichtiger, jene zu zerstören, die dem König am nächsten stehen.“
„Und Ihr lasst andere darüber entscheiden, was Ihr denkt?“
Sie antwortete nicht, sondern lächelte dem Earl of Redmon zu, der auf der anderen Seite des Raumes stand. Der Mann grinste breit, und sie trat einen Schritt von Justin weg.
„Ich hoffe, Ihr zieht ihn nicht als Gemahl in Erwägung.“
Sie sah sich weiter im Raum um und blickte ihn nicht an, als sie antwortete. „Als Ihr eine Heirat vorschlugt, sagtet Ihr nichts davon, dass Ihr die Wahl billigen müsst. Tatsächlich sagtet Ihr, nur der König könnte darüber entscheiden.“
Einer der jungen Burschen gegenüber zwinkerte ihr zu, stieß dann seinen Nachbarn mit dem Ellenbogen an, und sie schenkte ihm ein vielsagendes Lächeln.
Das Grinsen des Jungen ärgerte ihn. „Der da sieht Euch nicht als mögliche Ehefrau an“, murmelte er.
„Woher wisst Ihr das?“
„Weil ich ein Mann bin.“
„Nun, der Earl of Redmon tut es.“ Aus ihren Worten hörte er Verärgerung heraus.
„Haben Euch das die Sterne verraten?“
„Er wurde im Zeichen des Steinbocks geboren. Wir sollten gut miteinander zurechtkommen.“
„Haben Euch die Sterne auch verraten, dass er alt ist, Geld und Söhne besitzt und drei tote Frauen hat? Er braucht nur jemanden für sein Bett. Das sollte Euch nicht schwerfallen.“
Sie hielt den Atem an, aber statt Befriedigung empfand er nur Bedauern. „Ihr werft mir vor, Erwartungen nicht zu erfüllen, die Ihr selbst festgesetzt habt. Was erwartet Ihr von mir, Lord Justin?“
„Nur, was ich von jedem erwarte. So zu sein, wie Ihr wirklich seid.“
Ihr Lächeln verschwand, und sie zeigte ihm ihren Unmut. „Nein, Ihr erwartet von mir, dass ich Eurem Bild von meiner Mutter entspreche.“ Sie wandte sich zum Gehen.
„Also beurteilt jeder von uns den anderen falsch, ist es das, was Ihr glaubt?“ Er ergriff ihre Hand und hielt sie fest, als hätte er die Befugnis dazu.
Sie erschrak beinahe so, als würde er sie küssen.
Beide starrten auf ihre verschlungenen Hände, ihre Hand, die kühl in seiner lag, seine mit den langen Fingern, die auf ihrer blassen Haut ruhten.
Und etwas durchzuckte ihn, als hätte er sie wieder geküsst. Damals war er angetrunken gewesen. Das erklärte leicht, warum eine schöne Frau ihn erregt hatte. Aber jetzt – er berührte nur ihre Hand, und doch stand er da wie gelähmt, unfähig zu …
„Lord Justin, bitte.“
Er sah auf. Diesmal galt ihr verführerisches Lächeln ihm.
Er ließ ihre Hand los. Als sie quer durch den Raum zu Redmon ging, hätte er schwören mögen, dass sie betont die Hüften schwenkte.
Er unterdrückte die prompte Reaktion seines Körpers. Mit dieser gefährlichen Frau war er fertig. Ob sie heiratete oder nicht, ging ihn nichts an, solange sie nicht mit der Hand in die Schatulle des Königs griff.
Kurz nach Mittag am Dreikönigstag, dem letzten Tag der Weihnachtsfeierlichkeiten, begaben sich Justin und Gloucester zu den Gemächern des Königs. Ihr Besuch würde kurz und unerfreulich sein, aber wenigstens würde Solay danach abreisen.
„Lamont? Habt Ihr mich gehört?“, unterbrach Gloucesters Stimme seine Gedanken.
„Entschuldigung“, erwiderte Justin. „Was habt Ihr gesagt?“
„Ich werde ihm diese Liste ins Gesicht schleudern.“
Justin versuchte, sich zu konzentrieren. Ihm würde es zufallen, Ruhe zu bewahren, wenn der königliche Zorn ausbrach.
Als sie eintraten, streckte König Richard den Arm aus, so gebieterisch, als hielte er ein Zepter in der Hand. „Die Liste. Gebt sie mir!“
Justin hielt ihm die Liste entgegen, auf der „mit Zustimmung des Rates“ vermerkt war. „Diese vier hat der Rat
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