Historical Exklusiv Band 36
Unsicherheit schwang in Genevras Stimme mit.
Meg stieß einen Laut des Missfallens aus. „Und warum hat er dann der Verbindung zugestimmt? Männer haben ein Recht, in diesen Dingen selbst zu entscheiden. Vielleicht hegt er gewisse Zweifel – wie Ihr selbst“, fügte sie hinzu. „Das ist doch nur natürlich unter diesen Umständen.“
„Wahrscheinlich hast du recht. O Meg, ich bete, dass er es sich nicht doch noch anders überlegt.“
Meg legte die Bürste beiseite, teilte das prachtvolle Haar am Scheitel und begann einen Zopf zu flechten. „Habt keine Angst, Mistress Benny. Er ist ein Mann von Ehre und hat sein Wort darauf gegeben. Und ein einziger Blick auf Euch wird ihn überzeugen, dieses Wort zu halten.“
Meg hatte sie bei ihrem Kindernamen genannt. Ein warmes Gefühl durchdrang Genevra und vertrieb ihre Zweifel. Alles würde gut werden. Und wenn nicht, dann hatte sie immer noch Meg bei sich, die sie liebte und verstand und der sie ihre Liebe geben konnte.
Die Dienerin hatte nun auch den anderen Zopf geflochten und zu einer Schnecke über Genevras Ohren gedreht. Ein juwelenbesetztes Haarnetz hielt die Frisur zusammen, und Meg nahm aus einer geschnitzten Holztruhe einen goldenen Reif und legte ihn um Genevras Stirn.
„So!“ Stolz betrachtete sie ihr Werk. „Das Grün Eures Kleides spiegelt die Farbe Eurer Augen wider, und das Rostrot der Chamarre bringt Euer Haar zum Leuchten. Es freut mich, Euch nun endlich Eurem Stande gemäß gekleidet zu sehen.“
„Noch mehr geborgte und passend gemachte Kleider“, seufzte Genevra bitter. „Aber, Meg …“, sagte sie und fasste zaghaft nach dem goldenen Band auf ihrer Stirn, „woher hast du diesen Reif?“
„Euer Onkel brachte diese Truhe mit. Seht doch, sie enthält den Schmuck Eurer Mutter. Wahrscheinlich hatte er doch nicht den Mut, ihn zu verkaufen oder für sich selbst zu behalten. Ich gehe indes jede Wette ein, dass Ihre Ladyschaft sich all die Jahre damit geschmückt hat.“
„Dann wird sie ihn gewiss bitter vermissen“, murmelte Genevra und griff nach einer goldenen Armspange, die mit einem großen Stein verziert war. Dieses Schmuckstück rief in ihr schwache Erinnerungen an ihre Mutter wach, wenn sie sie streichelte und der Armring bei jeder Bewegung im Sonnenlicht oder im Flackern der Kerzen glitzerte.
„Den werde ich tragen“, sagte sie entschlossen und zog den Armreif über den Ärmel ihres schimmernden Seidenkleides. „Und diese Nadel. Stecke sie an meine Chamarre. Ich erinnere mich, wie gerne ich als Kind immer danach gegriffen habe.“
„Das habt Ihr getan“, sagte Meg und tat, was ihr befohlen wurde. „Wie schön, dass Ihr Euch daran erinnert, wie sehr die Brosche Euch gefallen hat. Lady Margaret wäre glücklich, könnte sie Euch jetzt mit ihrem Schmuck sehen. Arme Lady“, fügte sie leise hinzu.
„Erzähl mir von ihr“, bat Genevra.
„Sie war eine zarte Frau, und ihr Haar war heller als das Eure. Das Leben bei Hofe hatte sie nicht verändert, ganz gewiss, doch sie war auch nicht viel länger als ein Jahr dort. Sie hatte die Königin nach einer gefährlichen Fehlgeburt gepflegt, und Merlinscrag als Schenkung für ihre treuen Dienste erhalten. Unglückseligerweise kehrte sie in Schande nach Bloxley zurück. Damals wurde ich ihre Kammerfrau. Ich musste zusehen, wie sie immer trauriger wurde, je länger die Trennung von dem Mann dauerte, den sie liebte. Sie hatte mir nach Eurer Geburt anvertraut, dass er von hohem Stand sei. Sie gestand mir, dass sie sich heimlich vermählt hätten, beschwor mich aber, es keiner Seele zu erzählen. Ich war etwa im gleichen Alter wie Eure Mutter, und sie wusste, dass ich Verständnis für sie hatte.“
„Warum hatte sie das nicht meinem Großvater erzählt?“
„Um ihren Geliebten zu schützen. Sie wagte nicht, seinen Namen preiszugeben, aus Angst vor seinem Vater, der ein mächtiger und strenger Herr war und vielleicht seinen Sohn enterbt hätte, wenn er die Wahrheit erfahren hätte. Wahrscheinlich hätte er auch alles darangesetzt, die Heirat seines Sohnes annullieren zu lassen.“
„Wie wäre das möglich gewesen, da die Ehe bereits vollzogen war?“
„Er war ein mächtiger Mann, der Einfluss in den höchsten Kreisen hatte. Und die beiden waren noch so jung. Bei richtiger Überzeugung hätte die Heilige Kirche schon einen Grund gefunden, die Ehe für null und nichtig zu erklären.“
„Mit Geld, meinst du“, sagte Genevra bitter. „Meinem Vater schien es an Mut gemangelt zu
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