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Historical Exklusiv Band 36

Historical Exklusiv Band 36

Titel: Historical Exklusiv Band 36 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westleigh
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Anwesenden trug er keine Kopfbedeckung. Sein weizenblondes Haar glänzte im Schein der zahllosen Fackeln, Pechpfannen und Kerzen, die die Halle erleuchteten. Er war ganz in Schwarz gekleidet und trug damit offen seinen Reichtum zur Schau, denn Schwarz war als teuerste aller Farben bekannt. Silbergraue Verzierungen hellten das düstere Gewand auf.
    Sein Mantel mit einer Borte aus weißem Eichhörnchenfell wurde auf der Schulter von einer juwelenbesetzten Spange gehalten. Von den schmalen Hüften hing in einer silbernen Scheide ein langer Dolch mit kunstvoll geschmiedetem Heft.
    Das alles konnte sie durch die raucherfüllte Luft erkennen, als sie voranschritt. Doch erst als sie die Stufen zur Empore hochstieg und sich der Gruppe näherte, konnte sie sein Gesicht genau betrachten.
    Es war ein Gesicht mit harten Zügen, ein Gesicht, in dem das Leben und bittere Erfahrungen Spuren hinterlassen hatten. Die blauen Augen, die sie schon einmal angeblickt hatten, waren ihr nun verborgen, als er sich zum Gruß verneigte. Kein Lächeln umspielte seinen strengen Mund mit den fein geschwungenen Lippen. Seine Nase … Meg hatte recht gehabt. Sie passte mit ihrem Höcker nicht so recht in sein Gesicht. Doch alles in allem, sein Anblick war ihr nicht unangenehm. Vornehm und distinguiert, das waren die Worte, die ihr in den Sinn kamen.
    Als er seinen Kopf hob und sie sich von ihrem tiefen Knicks aufrichtete, entspannten sich seine Züge.
    Und Genevra verliebte sich auf den ersten Blick.

2. KAPITEL
    G enevra vergaß alles um sich herum, das Geschwätz und das Klappern, das Jaulen und Bellen der Hunde, den Lärm, den die Ritter, Knappen, Pagen und Bediensteten machten. Sie hatte nur Blicke für Robert St. Aubin. Mit Bedauern merkte sie, dass sein Lächeln nicht von Herzen kam, es war nur bloße Höflichkeit. Seine Augen blickten kalt, aufmerksam, vielleicht sogar wachsam. Und doch änderte dieses Lächeln alles für sie.
    Es veränderte seine Züge, vertiefte die Linien um sein Kinn und die von Wind und Wetter gegerbten Falten um seine Augen, und doch verjüngte es sein glatt rasiertes Gesicht um mindestens zehn Jahre. Sie hatte ihn für etwa fünfunddreißig Jahre gehalten, jetzt gab sie ihm nicht mehr als fünfundzwanzig. Das Leben und die Erfahrungen indes hatten Spuren hinterlassen.
    Ihr Herz war erfüllt von Dankbarkeit, dass er sich zu diesem Lächeln zwang, und sie rang mit aller Kraft um Fassung. Die Wachsamkeit wich langsam aus seinen strahlendblauen Augen, als sein Blick länger auf ihr ruhte. Er hatte ihre Nervosität bemerkt und versuchte nun, sie zu beruhigen. Die harten Enttäuschungen hatten also doch nicht alles Gefühl und Verständnis in ihm zum Erliegen gebracht.
    Er ähnelte dem Goldenen Adler in seinem Wappen, mit seinem Haar, das in der Farbe reifen Korns schimmerte, und seiner Hakennase. Aber er war kein gefährlicher Raubvogel wie der Jagdfalke, der mit einem Fußriemen an eine Stange hinter dem geschnitzten, gepolsterten Stuhl von Northempston gebunden war.
    Genevras Befürchtungen schwanden, als ihr mehr und mehr bewusst wurde, wie sehr er sie in seinen Bann zog. Er war der Inbegriff der Ritterlichkeit, von dem jedes Mädchen träumte, ein Mann, der alle ritterlichen Tugenden und höfischen Anstand verkörperte. Sie schalt sich selber, dass sie sich trotz ihres Alters und ihrer Reife wie eine Heldin aus den Geschichten der Minnesänger benahm.
    Sie zwang sich, ruhig zu atmen, und schluckte. „Gott grüße Euch, Mylord“, sagte sie mit belegter Stimme.
    Robert St. Aubin verbeugte sich tief vor dem Mädchen, das sein Herr und Gönner für ihn zur Gattin bestimmt hatte. Er kannte nicht die Gründe, warum der Earl gerade Genevra Heskith gewählt hatte, doch was immer der mächtige Herr, William Egerton, Earl of Northempston, wünschte, war Robert St. Aubin Befehl.
    In den fernen Tagen, da Robert als Page und Ritter im Dienst Seiner Lordschaft gestanden hatte, schien dieser ihm all jene väterlichen Tugenden zu besitzen, die er an seinem leiblichen grobschlächtigen Vater so sehr vermisst hatte. Northempston hatte ihm mehr Zuneigung und Liebe erwiesen als seinen eigenen Söhnen, deren Tod den unglücklichen Vater ohne Erben ließ.
    Diese, obgleich schon erwachsen, als Robert in den Dienst des Earls trat, ließen sich von der Strenge und dem starken Willen ihres Vaters einschüchtern. Er jedoch, im zarten Alter von sieben Jahren, zeigte keine Angst. Er hatte sich niemals dem Despotismus seines Herrn gebeugt, und

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