Historical Exklusiv Band 42
Weißwein zu nippen, während sie Nick durch gesenkte Wimpern hindurch beobachtete. Sie sah ihm an, dass er angestrengt nachdachte, trotz des konstanten Stroms oberflächlicher Unterhaltung, den er seiner Tante gegenüber aufrechterhielt.
Nachdem sie aufgestanden waren, hielt er sie zurück. „Tallie, ich würde gerne kurz mit dir sprechen, wenn ich darf.“
Sie warf einen gehetzten Blick auf die Türen des Speisesaales, die sich gerade hinter Lady Parry schlossen. Aus seinem Mund klang ihr Kosename verführerisch süß.
„Ich verspreche, dass ich dich nicht küssen werde“, verkündete er aufreizend. Misstrauisch kniff sie die Augen zusammen, und er fügte hinzu: „Oder irgendetwas anderes tun werde, bei dem ich mir unsere – wie hast du es genannt – unglückselige körperliche Anziehungskraft zunutze machen würde.“
„Gut.“ Unauffällig schob Talitha sich um den Tisch herum. Trotz seines Versprechens fühlte sie sich mit einer schimmernden Fläche Mahagoni zwischen ihnen sicherer. Ob sie aber wegen Nicholas oder um ihrer selbst willen flüchtete, darüber wollte sie lieber nicht näher nachdenken. „Warum willst du mit mir sprechen?“
„Ich wollte dich fragen, ob du mir dein Geheimnis nicht doch anvertrauen willst. Das, wovon du glaubst, dass meine Tante alles darüber weiß, ich aber nicht glaube, dass sie es weiß.“
„Nein, da hast du Recht, das tut sie nicht. Ich habe es wirklich gedacht, als ich es dir gesagt habe, aber ich hatte Unrecht.“ Es war eine Erleichterung, ihm wenigstens einen Teil der Wahrheit zu sagen.
„Sag es mir.“ Er setzte sich ihr gegenüber.
Ein wenig ruhiger geworden, setzte Talitha sich ebenfalls. Noch immer zitterten ihr die Knie. „Warum?“
„Weil ich denke, dass es sicherer wäre.“
Es war sehr verlockend. Talitha starrte in die grauen Augen, doch sie versprachen nicht, wonach sie suchte. Es hätte nicht viel gefehlt und sie wäre mit allem herausgeplatzt – sie verstand sehr gut, warum Menschen ihre Verbrechen gestanden, sobald sie befragt wurden. Doch der feindselige Blick, mit dem er sie betrachtete, gehörte einem Mann, der ihr misstraute, der ihre Freundinnen ablehnte, der sie aus dem Haus und dem Leben seiner Familie haben wollte. Die Tatsache, dass sie ihn liebte, machte es nicht einfacher, im Gegenteil. Sie konnte den Gedanken kaum ertragen, wie er sie wohl ansehen würde, wenn er die Wahrheit erführe.
„Nein.“ Fragend sah er sie an, und sie setzte verärgert nach: „Warum sollte ich? Du hast sehr deutlich gemacht, dass du mir nicht traust. Meine Freundinnen passen dir nicht, du willst, dass ich von hier verschwinde. Warum sollte ich dir eine Waffe gegen mich in die Hand geben?“
„Bedeutet das Krieg?“ Er rieb sich mit der Hand über das Gesicht. Eine uncharakteristisch erschöpft wirkende Geste.
„Es fühlt sich so an.“ Sie wäre am liebsten aufgestanden und hätte sich hinter seinen Stuhl gestellt, ihm sanft Schultern und Schläfen massiert, bis die Erschöpfung verschwand und er sich entspannen konnte. Sie verschränkte die Finger und legte die Hände in den Schoß.
„Mir haben deine Freundinnen zu Anfang missfallen, aber ich habe mich getäuscht. Ich entschuldige mich dafür. Miss Scott ist eine intelligente Frau mit Prinzipien. Miss LeNoir ist talentiert und tugendhaft und Mrs Blackstock macht einen äußerst respektablen Eindruck.“
„Danke“, erwiderte Talitha steif.
„Wenn ich dir nicht traue, so ist es dein Urteilsvermögen, das ich anzweifle, nicht dein Motiv. Und was deine Anwesenheit in diesem Haus angeht …“ Er unterbrach sich, strich sich mit der Hand durchs Haar und stand auf. Dabei drehte er sich so, dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte. „Dies ist das Haus meiner Tante. Sie entscheidet, wer hier wohnt und wer nicht. Sie genießt deine Gesellschaft sehr und ich denke, dass sie sehr stolz auf deinen Erfolg ist.“
„Nochmals, vielen Dank.“
„Ich versuche, fair zu kämpfen“, erklärte er reumütig.
Talitha wäre beinahe darauf hereingefallen. Dann fing sie sich wieder. Fair kämpfen? Mit Ermittlern, die hinter ihr herspionierten? Fair kämpfen, wenn er wusste, dass sie anfing zu zittern und mit schamlosem Begehren auf ihn reagierte, sobald er sie in seine Arme nahm?
„Danke“, wiederholte sie. „Unglücklicherweise traue ich deinen Motiven so wenig wie du meinem Urteilsvermögen, daher sieht es wohl nach einem Patt aus.“
„Du willst es mir also wirklich nicht sagen? Ist es denn
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