Historical Gold Band 261 (German Edition)
begegnet, aber ich wusste, wo sie wohnte. Es war nicht weit weg. Ich überlegte, dass ich es hin und wieder zurück schaffen würde, ehe der Tag anbrach. Ich habe keine Familie mehr außer dieser Tante und einigen entfernten Cousins. Ich musste einfach zu ihr gehen. Ich konnte nicht anders.“
Reese schüttelte den Kopf. Es war dumm gewesen, aber damals hatte die Einsamkeit an den Nerven der Soldaten gezerrt, und die Vorstellung, dass es ganz in der Nähe Verwandte gab …
„Wie haben sie das herausgefunden?“, fragte Travis.
„Sie haben die Männer in deinem Regiment befragt. Einigen von ihnen musst du erzählt haben, was du vorhast.“ Das alles war vor fast einem Jahr geschehen, vor der Schlacht bei Balaklawa und dem Kampf, der Travis den Arm gekostet hatte.
Travis atmete langsam aus. „Es waren Männer, die ich recht gut kannte. Ich habe ihnen gesagt, dass ich meine Tante besuchen wollte, und ich brauchte ihre Hilfe, um wegzukommen. Sie haben das verstanden. Oder zumindest glaubte ich das.“
„Die Lage ist wirklich fatal, Travis, das kann ich dir sagen. Colonel Thomas wird erst Ruhe geben, wenn er über genügend Beweise verfügt, um dich zu verurteilen.“
Travis sprang vom Sofa auf. „Er wird niemals genügend Beweise finden. Ich habe den Russen in keiner Weise geholfen. Ich bin kein Spion. Ich schwöre es.“
Reese erhob sich ebenfalls. „Ich glaube dir. Die Kunst wird darin bestehen, einen Weg zu finden, dass auch Colonel Thomas dir glaubt.“
„Was soll ich tun?“
Reese sah sich um und roch den abgestandenen Pfeifentabak. Travis war kein Mann, der es gut im Haus aushielt.
„Halte noch ein Weilchen durch. Ich fahre zu meinem Bruder. Er kennt jeden in dieser verdammten Stadt. Ich hoffe, er wird seine Verbindungen nutzen können, um herauszufinden, warum Thomas so entschlossen ist, dir etwas am Zeug zu flicken.“
Travis sah so elend aus, dass Reese umgehend aufbrach.
„Das weiß ich zu schätzen“, war alles, was Travis noch sagte.
Von der Brook Street aus eilte Reese zum Stadthaus seines Bruders, das nur wenige Straßen entfernt lag.
Der Tag war wolkig, aber nicht zu kalt. Kurz darauf klopfte Reese an die Tür seines Bruders. „Guten Tag, Rutgers“, sagte er zu dem langjährigen Butler der Familie, der zur Seite trat, um Reese einzulassen.
„Guten Tag, Mylord.“
„Ich nehme an, mein Bruder ist da? Er müsste mich erwarten.“
Der ältere Mann mit dem silbernen Haar nickte. „Ja, Sir. Seine Hoheit befindet sich in seinem Arbeitszimmer. Er sagte mir, ich soll Sie dorthin bringen, sobald Sie eintreffen.“
„Sie brauchen mich nicht zu ihm zu führen.“ Er kannte sich im Haus aus, als Junge hatte er mit seinem Vater und seinen Brüdern dort gewohnt. Er lief den Korridor entlang, klopfte an die Tür des Arbeitszimmers, drehte den Türknauf und trat ein.
Mit seinem dunkelblonden Haar und den goldbraunen Augen wirkte Royal hinter seinem Schreibtisch wie ein großer Löwe. Ihm gegenüber saß Sheridan Knowles, Viscount Wellesley, sein bester Freund.
„Ich wusste nicht, dass du Besuch hast“, sagte Reese.
„Sherry ist kein Besuch, er gehört zum Inventar“, erklärte Royal.
Sheridan lachte. Der schlanke, elegante Mann war mit seinem Witz und Charme äußerst beliebt bei der Damenwelt und gern gesehener Gast auf allen gesellschaftlichen Veranstaltungen. Sherrys Hilfe konnte sich noch als außerordentlich nützlich erweisen, dachte Reese.
„Wenn ihr euch gern unter vier Augen unterhalten wollt …“, sagte Sherry und machte Anstalten, sich von seinem Stuhl zu erheben.
„Ehrlich gesagt würde ich deine Meinung in dieser Angelegenheit sehr schätzen. Vielleicht kannst du behilflich sein.“
Sherry setzte sich wieder, und auch Reese nahm Platz. „Wie gefällt dir das Eheleben?“, fragte Royal.
Reese dachte an die Stunden, die er in der vergangenen Nacht in Elizabeths Bett verbracht hatte, dachte an ihre schreckliche Angst und daran, wie sie diese Angst so tapfer besiegt hatte. Er dachte an ihre leidenschaftlichen Reaktionen, und ihm wurde heiß. „Verdammt viel besser als letzte Woche.“
Royal lachte. Er kannte die Bedingungen von Reeses Ehe. Offensichtlich war er froh, dass sich die Dinge nun etwas normaler entwickelten.
„Keine Schwierigkeiten mit den Holloways?“, fragte Royal. „Keinen Ärger mehr für Elizabeth oder Jared?“
„Bisher nicht, aber Mason und Frances befinden sich jetzt wieder in der Stadt. Ich glaube nicht an Zufälle. Sie sind aus einem
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