HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
Ihr da schon Euer eigenes Schiff haben?“
Sie ließ sich auf der Bettkante nieder. „Die Undaunted ge hörte meinem Vater. Und jetzt untersteht sie mir.“
Ehrfurchtsvoll sah der Junge sie an. „Ich war auch schon auf See. An Bord des Schiffs, das meinem Onkel gehört, der Mary M .“
„Von ihr habe ich noch nichts gehört.“
Er zuckte mit den Schultern. „Es war ein kleines Schiff, aber seetüchtig. Es lieferte Frachtgut an die Küste von Wales.“ Seine Stimme wurde leiser. „Aber sie sank in einem Sturm, und mein Onkel ist mit ihr untergegangen.“
„Das tut mir leid. Hatte er Frau und Kinder?“
„Nein. Nur uns. Meine Mutter und mich.“
„Hast du keinen Vater?“
Der Junge schüttelte den Kopf und mied Darcys Blick. Sie spürte, dass er sich schämte, und bereute ihre Frage sogleich. „Du hast bei deinem Onkel gelebt?“
„Ja. Bis zu seinem Tod. Dann waren wir gezwungen, ins Dorf zu ziehen. Meine Mutter arbeitete hier im Wirtshaus.“
„Und wo ist sie jetzt?“
Er starrte auf die Spitzen seiner abgetragenen Stiefel. „Sie starb vor über einem Jahr.“
Das hätte sie sich denken können. Gemessen an den schäbigen, schlecht sitzenden Kleidungsstücken, kam der Junge gerade so über die Runden. „Das tut mir leid. Bist du jetzt ganz allein?“
Er nickte. „Der Wirt lässt mich ab und zu hier arbeiten. Und ich habe einen Platz zum Schlafen. Im Schuppen bei Gryf.“
„Gryf? Ist das dein Bruder?“
„Nein. Bloß ein Freund. Er ist noch ein bisschen langsam, weil er sich von seinen Verletzungen erholen muss. Aber wenn man ihn lässt, kann er fast alles.“
„Zum Beispiel?“
Der Junge dachte einen Augenblick nach. „Zum Beispiel meine Haare schneiden.“
Darcy musste ein Lachen unterdrücken. Der Bursche sah aus wie ein zotteliger Hund, und das Haar hing ihm in langen Strähnen bis über die großen, dunklen Augen.
„Hältst du das für einen guten Haarschnitt?“
„Ja. Vorher musste ich das Haar mit einem Lederband zurückbinden. Die Seeleute haben mich immer geneckt und gesagt, ich sähe wie ein Mädchen aus.“
„Dann hat Gryf dir ja einen Gefallen getan. Was kann er noch?“
Wieder dachte der Junge nach. „Ich habe ihn Netze unten im Dorf flicken sehen und beobachtet, wie er Segeltuch nähte. Er ist ein guter Fischer. Und er hat geholfen, Brennholz zu hacken. Er kann ein bisschen kochen, und …“, plötzlich schien ihm etwas einzufallen, „… wenn Ihr mögt, bringt er Euch einen Zuber und warmes Wasser für ein Bad hinauf. Und während Ihr schlaft, wird er Eure Kleidung bis zum Morgen waschen und trocknen, damit sie wieder wie neu aussieht. Gegen Bezahlung, versteht sich.“
„Versteht sich.“ Der kleine Betteljunge, dachte sie. Er ließ seinen Freund die Drecksarbeit gegen Bezahlung machen und behielt das Geld vermutlich für sich selbst.
Doch die Aussicht auf ein warmes Bad ließ ihr Herz schneller schlagen. Seit Wochen trug sie nun schon diese dreckigen Lumpen, denn sie hatte zwischen den blutigen Kämpfen nicht einmal die Zeit gehabt, die Seemannskluft zu wechseln. Dem Gedanken an ein Bad und an saubere Kleidung nach einer ruhigen Nacht vermochte sie kaum zu widerstehen. „Wie viel?“
Rasch überlegte der Junge. „Zehn und sechs Pennies.“
Argwöhnisch beäugte sie ihn. „Du kämst nicht auf den Gedanken, mir meine Kleidung zu stehlen, oder?“
„Nein, Captain. Gryf und ich können mit der Kleidung einer Frau nichts anfangen. Soll ich einen Zuber holen?“
Es war einfach zu verlockend. Wie konnte sie da widerstehen? „Ja. Und ein Leinentuch und etwas Seife.“
„Aber das wird Euch noch einen Penny kosten.“
„Das dachte ich mir.“
Das Lächeln des Jungen strahlte so hell wie die Sonne. „Ich schicke Euch Gryf nach oben, ehe Ihr aus diesen Stiefeln heraus seid, Captain.“ Er wandte sich zum Gehen.
„Warte.“
Er hielt inne und drehte sich um.
„Wie ist dein Name?“
„Whit.“
„Nun gut, Whit. Ich bin Darcy Lambert.“ Sie reichte ihm die Hand, und obwohl er anfangs noch zögerte, ließ der Junge sich schließlich auf einen Handschlag ein.
„Sag deinem Freund Gryf, dass er sich beeilen soll.“
„Aye, Captain Lambert.“
Die Tür fiel ins Schloss, und Darcy hörte, wie Whit mit eiligen Schritten die Stufen hinuntersprang. Er hielt Wort, denn nur Augenblicke später klopfte es an der Tür, und er erschien mit einem runden Zuber.
„Gryf macht unten das Wasser heiß.“ Er reichte Darcy ein schneeweißes Leinentuch. „Am
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