HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
über ein Riechfläschchen beugten, während Lady Sterlyng wie ein Sturmvogel mit dem Fächer wedelte.
Der Earl machte einen Schritt auf Darcy zu, die sich gerade bückte, um ihr Messer vom Boden aufzuheben. „Ihr …“, er räusperte sich und sagte mit seiner auffallend hohen Stimme, „… Ihr seid eine bemerkenswerte Frau, Captain Lambert. Ich … wir sind Euch zu großem Dank verpflichtet. Wie Ihr diesen Schurken unschädlich gemacht habt … ganz und gar unglaublich.“
Darcy steckte das Messer in den Gürtel und lächelte den Earl an. „Zusammen mit meinen Schwestern würde ich es mit dreimal so vielen Schurken aufnehmen, Mylord. Sie verstehen sich ebenso gut auf das Kämpfen wie ich. Ich wünsche Euch noch einen schönen Aufenthalt in Wales und eine angenehme Reise. Begebt Euch nun lieber zum Hafenmeister, Mylord. Die Leute hier bekommen solch edel gekleidete Herrschaften wie Euch selten zu Gesicht. Das muss sie auf dumme Gedanken bringen.“
Mit diesen Worten ging sie zurück zur Hafenschenke und traf auf Newton, der ihren beachtlichen Messerwurf mit angesehen hatte. „Du bist wahrlich eine Lambert, mein Mädchen!“, meinte er lachend und nahm sie in den Arm.
In der Schankstube roch es stark nach Holzfeuer, gebackenem Brot und Fleisch, das in Fett gebraten wurde. Als sie den Raum durchschritten, stieg ihnen zudem der Geruch von menschlichen Ausdünstungen in die Nase. Darcy rümpfte die Nase, denn sie bevorzugte die frische Abendluft an Deck, die von Tang und Salzwasser erfüllt war. Dennoch, es bestand die Aussicht auf ein Federbett. Und auf ein gemütliches Feuer. Wie lange hatte sie schon nicht mehr am Feuer gesessen!
Während sie hinter Newton herging, bemerkte sie, dass die derben Stimmen ein wenig leiser wurden, sobald sie an den Tischen der Seeleute vorbeiging. Sie sah, wie die Männer aufschauten und leise miteinander flüsterten.
„Das ist sie also? Euer Captain?“
„Ja.“
„Sie ist zu hübsch für die Seefahrt. Aber ich hätte nichts dagegen, sie in meinem Bett zu haben.“
„Sie würde dir die Kehle durchschneiden. Du hast doch gehört, wie sie gerade den Kerl auf der Straße erledigt hat. Sie mag sehr hübsch sein, aber sie schläft allein. Sie ist unerreichbar. Verlässt sich nur auf sich. Aber im Kampf wird sie zu einem gefürchteten Gegner. Vielleicht ist sie der Furchtlos este Kämpfer, den ich je gesehen habe.“
„ Furchtlos ? Oder töricht? Ich habe gehört, das Mädchen sehnt sich nach dem Tod.“ Ein alter Seemann zog höhnisch die Lippe hoch. „Unter solch einem Kapitän würde ich nicht segeln.“
„Und wieso nicht?“
„Weil sie ihre Mannschaft mit in den Tod ziehen wird.“
Bei diesen Worten verstummten einige der Männer am Tisch und sannen über den eben geäußerten Verdacht nach. Da sie bei Captain Lambert angeheuert hatten, waren sie bereits in mehr Kämpfe verwickelt worden, als die meisten Seeleute in einem Jahr erleben würden.
Sollte es tatsächlich wahr sein, dass Darcy Lambert den Tod suchte? War das der Grund dafür, dass sie so kampfversessen war?
„Man erzählt sich, dass sie ihren Geliebten an die See verloren hat. Vielleicht hofft sie im Stillen, sich ihm anzuschließen“, raunte jemand an einem Tisch.
Obgleich Darcy viele der verleumderischen Bemerkungen hörte, beschloss sie, die Äußerungen nicht zu beachten. Stattdessen folgte sie erhobenen Hauptes einem neun- oder zehnjährigen Jungen durch die Schankstube und sah weder nach rechts noch nach links. Nachdem man ihr und Newton einen gesonderten Raum zugewiesen hatte, nahm sie dankbar einen Krug Ale an und wärmte sich vor dem Kaminfeuer.
„Mach dir nichts aus den Männern da drinnen.“ Newton bekam von dem Jungen einen Krug gereicht und stellte sich neben Darcy. „Nichts liebt ein Seemann mehr als eine gute Geschichte. Sie werden sie in jedem Hafen aufs Neue erzählen.“
„Ich weiß, Newt.“ Sie leerte den Krug und starrte in das Feuer.
„Aber vielleicht haben sie recht, Mädchen.“ Er stand neben ihr und schaute auf die Flammen, die von einem Luftzug erfasst wurden. „Ich habe dich beobachtet. Bei vielen Gelegenheiten hättest du einen Kampf verhindern können. Stattdessen hast du die Undaunted immer wieder in Gefahr gebracht.“
„Hast du vergessen, was wir für unseren König tun, Newt?“ Sie blickte ihren Ersten Offizier mit zerfurchter Stirn an. Doch sogleich verstummte sie, denn sie nahm erst jetzt wahr, dass der Bursche noch im Raum war und aufmerksam
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