HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
Ihr? Ist es wirklich zu früh, den Jungen mit zum Strand zu nehmen?“
„Ich wüsste nicht, was dagegen spräche, solange er nicht zu erschöpft ist“, antwortete Captain Lambert.
Bei diesen Worten machte die Haushälterin ihrem Unmut Luft. „Das habe ich mir gedacht“, wetterte sie. „Ihr beiden steckt immer unter einer Decke. Wahrscheinlich habt ihr euch vorher heimlich abgesprochen, bevor ihr euch nach draußen wagt.“
Die alten Männer zwinkerten sich zu und ließen die entrüstete Mistress Coffey einfach stehen.
Als sie draußen waren, schaute Whit zu dem alten Seemann auf. „Wie machst du das, Newt?“
„Was meinst du, Junge?“
„Wie hältst du die Launen von Mistress Coffey aus?“
„Da habe ich einige Jahre Erfahrung, Junge.“ Er seufzte. „Es kommt mir allerdings schon wie hundert Jahre oder mehr vor.“ Newton setzte den Burschen und den Welpen in einen kleinen Holzkarren, der mit Kissen und Decken ausgestattet war. Nachdem er die kleine Fracht sorgsam gegen die Kälte geschützt hatte, zog er den Wagen über den Strand, bis sie die Männer erreichten, die auf dem Schiff arbeiteten.
„Du sagst mir, wenn du müde wirst, nicht wahr, Junge?“
„Aye, Newt.“
Der alte Mann entfernte sich, und Whit schaute interessiert zu, wie die Männer auf dem Schiff sägten und hämmerten und den Rumpf der Undaunted mit heißem Pech versiegelten.
Als Gryf den Jungen erblickte, legte er die Säge zur Seite und schlenderte zu ihm. „Es sieht so aus, als fühltest du dich heute Morgen sehr gut.“
„Ja, Gryf.“ Whit streichelte dem Welpen über den Kopf, der in der matten Wintersonne döste. „Am liebsten würde ich dir helfen.“
„Da musst du dich noch gedulden. Das nächste Mal, wenn es Arbeit gibt, gehst du uns zur Hand. Doch dazu musst du erst vollkommen gesund sein.“
„Ich weiß. Aber ich genieße es, dem Schiff nah zu sein.“
„Vermisst du die Undaunted , Whit?“
„Ja. Aber von meinem Zimmer aus kann ich ihren Toppmast sehen. Und wenn ich in der Nacht die Augen zumache, höre ich das Rauschen der See. Dann kommt es mir so vor, als wäre ich immer noch an Bord.“
„Mir ist es auch so ergangen. Darcy hat mir einmal erzählt, dass die Dorfbewohner Mary Castle abfällig als Lambert’s Folly bezeichnen. Doch ich glaube, ihr Vater war ein kluger Mann. Da er ein Seefahrer war, musste er einfach die Wellen rauschen hören und die Kräfte der Gezeiten spüren. Sollte ich eines Tages ein Haus bauen, würde ich ebenfalls die Küste bevorzugen.“ Er drehte sich um und schaute auf das stattliche Bauwerk, dessen Mauern hinter dem Strand aufragten. „Was für ein feiner, robuster Wohnsitz.“
Der Ruf eines Seemanns riss Gryf aus seinen schwärmerischen Gedanken. „Ich muss dann wieder an die Arbeit. Bleib nicht zu lange hier im Freien, Whit. Die Sonne ist gerade warm genug, wenn man arbeitet. Aber es fegt ein scharfer Wind über den Strand.“
„Ja, Gryf. Ich bleibe nicht zu lange.“
Kurze Zeit später kam Darcy zum Strand und sah, dass der Junge und sein Hund in den Decken eingeschlafen waren. Lächelnd machte sie sich auf die Suche nach Newton.
„Newt, wenn du nichts dagegen hast, dann bringe ich Whit und Furchtlos zurück nach Hause.“
Der alte Seemann nickte. „Ich denke auch, es wäre besser. Macht es dir nichts aus, dich darum zu kümmern?“
„Gewiss nicht. Bleib du nur hier.“ Als sie fortging, erblickte sie Gryf und einen anderen Matrosen, die einen gewaltigen Holzbalken über den Strand schleiften.
Trotz der Kälte trug Gryf kein Hemd und schwitzte bei der Arbeit. Bei dem Anblick dieses kraftvollen Körpers verspürte sie ein Kribbeln im Bauch. Doch im gleichen Augenblick schalt sie sich für diese Empfindung. Immerhin hatten sie jede Nacht gemeinsam verbracht und sich leidenschaftlich geliebt. Und immer noch lief ihr bei dem Anblick ihres Geliebten ein wohliger Schauer über den Rücken.
An diesem Morgen hatte er das Bett verlassen und sich mit einem flüchtigen Kuss von ihr verabschiedet. Noch vor Sonnenaufgang war er zum Strand hinuntergegangen, um gemeinsam mit der Mannschaft die nötigen Reparaturen in Angriff zu nehmen. Da er mittags für gewöhnlich mit den Männern aß, bekam sie ihn nur zum Dinner im Kreise der Familie zu Gesicht, und später im Salon, wenn Newton und Großvater ihre Seemannsgeschichten zum Besten gaben.
Und dann waren da natürlich die Nächte. Sie verspürte ein prickelndes Gefühl. Was für herrliche Nächte! Noch nie hatte sie
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