Historical Platin Band 04
Worte, nach denen ich mich so lange sehnte, erkühne ich mich nun. Ich werde die Deine“, setzte sie hinzu, umfasste sein Gesicht und sah ihn eindringlich an. „Es gibt nichts Schöneres, denn geliebt zu werden.“
„Du verlangst, dass ich all das vergesse, was ich viele Sommer hindurch als meine Pflicht empfand. Ich kann dir nur versprechen, das zu versuchen. Ich möchte hören, was dein Bruder zu sagen hat.“
„Um mehr bitte ich dich nicht.“
Zwei Bäuerinnen stützten Seana auf dem Weg in den Saalbau. In der Kammer angekommen, schickte sie die Frauen die Tiegel und Näpfchen holen, die Ethwinn hinterlassen hatte, und achtete dann darauf, dass sie dem Bruder und Micheil die Schmisse reinigten. Sie zwang sich zur Ruhe, während sie den Verletzten die Wunden vernähte, und ließ diese dann von den Weibern verbinden. Anschließend lohnte sie ihnen die Mühe durch die Aufforderung, sich im Backhaus zu stärken.
Liam sah seine Schwäger ihn erwartungsvoll ansehen, fühlte sich indes zu schwach, um sich vom Lager zu erheben. Er winkte die Schwester zu sich.
Sie rückte einen Schemel neben sein Bett, setzte sich und ergriff seine Hand.
Die Berührung verlieh ihm Kraft und Mut. „Da ich Seana von Herzen mag, schwöre ich bei ihrem Leben, dass ich nie die Hand gegen meine Gemahlin erhoben habe“, sagte er matt.
„Wenn du sie nicht misshandelt hast, wer war es dann?“, wollte Micheil wissen.
„Berichte es ihm, Liam“, forderte Seana ihn auf. „Es ist längst an der Zeit, dass er die Wahrheit erfährt.“ Sie warf einen Blick auf das schweißüberströmte Gesicht des Bruders und sah dann Micheil an. „Mein Vater fand, Liam verwöhne seine Gattin, und übertrug ihm Aufgaben, die ihn der Veste fernhielten. Von Mal zu Mal blieb mein Bruder länger fort. Bridget wurde unzufrieden und gewöhnte sich an, ohne Eskorte auszureiten, wiewohl mein Vater ihr das verboten hatte.“
„Du warst damals noch sehr jung, Seana. Erwarte nicht, dass ich glaube, du habest gewusst, was geschah.“
„Nein, das behaupte ich nicht, Micheil. Ich habe alles von Ethwinn erfahren, da mein Bruder es mir nicht erzählte. Sie ist von hinnen geschieden und kann meine Angaben nicht bestätigen. Da Liam auf mein Leben geschworen hat, schwöre nun ich auf seines, dass ich die lautere Wahrheit sage.“
„Sie hat recht“, warf Liam ein und richtete sich mühsam auf. Er kam sich schwächlich vor, wenn er vor den Schwägern auf dem Lager ruhte. „Bridget drohte mir, sich einen Buhlen zu nehmen, so ich nicht mehr Zeit mit ihr verbrächte. Natürlich habe ich sie scharf zurechtgewiesen, musste dann jedoch wieder in einer meine Sippschaft betreffenden Angelegenheit fort. Bridget war jung und voll innerer Unruhe. Gleichviel, ich war überzeugt, sie werde mir gehorchen. Ich war der Ansicht, sie brauche mehr Zeit, um sich hier einzugewöhnen.“
Liam schwieg, und unwillkürlich tat er Seana leid. Sein Stolz hatte einen harten Schlag erlitten, und nun sollte er das vor den Schwägern bekennen. „Das Kammerweib eurer Schwester hat meiner Mutter berichtet, Bridget sei wahrscheinlich guter Hoffnung“, fuhr Seana an Liams Stelle fort. „Bridget stritt das ab und weigerte sich gleichzeitig, auf die Ausritte zu verzichten. Niemand wusste, wohin sie sich begab. Sie war den größten Teil des Tages fort. Ethwinn deutete an, man tuschele, meine Schwägerin habe einen Geliebten. Bridget wurde jedoch nie mit ihm beobachtet. Nach der Rückkehr meines Bruder erfuhr er diese Gerüchte und stellte seine Gemahlin zur Rede. Er wusste, dass er nicht der Vater des Kindes sein konnte.“
„Seana!“, sagte er bestürzt.
„Ich muss weitersprechen, Liam, wiewohl ich weiß, welchen Kummer ich dir bereite. Unsere Schwäger haben ein Recht darauf, die Wahrheit zu hören. Die Blutfehde zwischen unseren Sippen beruht auf schrecklichen Lügen, die zum Tod unserer Eltern und zahlloser Gefolgsleute beider Clans geführt haben. So du den Rest der Geschichte nicht erzählen magst, werde ich es tun.“ Bittend schaute Seana den Bruder an und versuchte, ihm so begreiflich zu machen, dass sie sich gewahr war, wie sehr er sich beschämt fühlen musste.
Schließlich nickte er langsam.
„Bei den letzten beiden Aufenthalten in der Veste verwehrte Bridget ihm das Beilager. Somit hatte er ihr mehr denn fünf Monate nicht beigewohnt. Folglich konnte das Kind nicht von ihm sein. Er hatte eine heftige Auseinandersetzung mit ihr, hat sie indes nicht geschlagen. Sie lief fort.
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