Historical Platin Band 04
Wir haben sie nicht mehr gesehen.“
„Sie hatte kein Kind“, entgegnete Micheil hart. „Und sie hat dich, Liam, beschuldigt, sie misshandelt zu haben. Ich hielt sie in den Armen und wollte wissen, wer es gewagt hatte, sie derart zuzurichten. Sie hat nur deinen Namen genannt. Erst nach fast drei Tagen konnten mein Vater und ich wieder zu ihr an das Siechbett. Sie hatte das Gesicht verhüllt, damit niemand sah, wie grässlich sie entstellt war. Seither hat sie stets einen Schleier getragen, um die Narben zu verstecken. Sie hat mir berichtet, du habest sie geschlagen, weil sie nicht empfangen konnte, dann verstoßen und dem Tod überlassen.“
„Ich liebte sie! Ich liebte sie so sehr, um euch allen zu trotzen. Du weiltest bei uns, Micheil. Du hast gesehen, wie sehr ich deine Schwester verwöhnt habe. Du weißt, ich konnte ihr nichts abschlagen.“
Seana sah Micheil an. Sein Blick wirkte gequält.
„Seit Langem legt Bridget es darauf an, Seana zu vernichten“, warf David ein. „Da sie nicht imstande war, ihre Wut an ihr auszulassen, könnte es sein, dass sie sich des Knaben bemächtigt hat.“
„Niall, dieser Hundsfott!“, rief James zornig aus. „Er hat Micheil stets beneidet. Neuerdings steckt er viel mit Bridget und Fiona zusammen. Unsere Base ist wie er, hinterhältig und durchtrieben.“
„So es zutreffen sollte, dass unsere Schwester mein Kind in der Gewalt hat und Fiona mit Niall ihr dazu verhalf, gibt es nur einen Ort, wo es sein kann. Wir kehren unverzüglich heim!“
Langsam erhob sich Seana. Sie befand sich in einem Zwiespalt der Gefühle. Den verwundeten Bruder mochte sie nicht allein lassen, doch andererseits wurde ihr Sohn gesucht. Nach einem Moment verkündete sie entschlossen: „Ich reite mich euch.“
„Das geht nicht, Seana“, entgegnete Micheil, ging zu ihr und drückte sie an sich. Er strich ihr das Haar aus der Stirn, streichelte ihr die Wange und schaute sie an. „Ich sehe, dass du ungehalten bist, doch beruhige dich, Liebste. Wir müssen in gestrecktem Galopp nach Halberry Castle reiten. Du würdest uns behindern, denn ich möchte jetzt nicht, dass ich dich verliere. Du verlangst zu viel von mir. Ich habe mir noch nicht verziehen, dass ich in deiner schweren Zeit und bei der Geburt unseres Sprösslings nicht bei dir war. Es gibt so viel zwischen uns zu klären.“
„Ich will mein Kind zurück, Micheil! Ich sehne mich nach ihm. Bridget will es nicht. Sie will mich.“
„Nein, ich kann dir nicht gestatten, mit uns zu kommen“, weigerte sich Micheil standhaft.
„David! James! Macht ihm begreiflich, warum ich euch begleiten muss. Ihr wisst, dass ich recht habe. Eure Schwester will mir schaden. Sie muss wissen, dass ich zu ihr komme.“
„Hier bist du sicher“, wandte Micheil ein. „Und wende dich nicht Hilfe suchend an meine Brüder. Auch ihnen muss ich erst noch das vergeben, was sie dir angetan haben.“
„Du bist starrsinnig“, schaltete Liam sich ein. „Begreifst du nicht, dass du nur auf diese Weise dazu gebracht werden konntest, dein Herz zu öffnen?“
Erstaunt schaute Micheil ihn an.
Verblüfft wandte Seana sich zum Bruder um.
„Ja, seht mich nicht so ungläubig an. Frage James und David, Seana.“
„Es stimmt, Seana“, sagte David. „Wir haben Micheil belogen, als wir ihm erzählten, Liam habe mich niedergeschlagen. Er brauchte einen Vorwand, um herzureiten. Ich habe ihm diesen Grund gegeben. Aber er bot uns keine Gelegenheit, mit ihm zu sprechen. James wusste, dass du dem Zweikampf nicht fernbleiben würdest. Wir nutzten diesen Umstand, um ihn zu beenden.“
Seana lehnte den Kopf an Micheils Brust und raunte ihm zu: „Ich habe getrauert, weil ich dich verloren hatte, Micheil. Ich betrauere den Verlust unseres Sohnes. Verlang nicht von mir, hier zu warten und mich um dein und sein Leben zu ängstigen.“
Micheil drückte Seana an sich. Er wusste, er durfte ihr die Bitte nicht gewähren.
„Und was ist, wenn ihr euch täuscht?“, warf Liam ein. „Vielleicht wird in eurer Veste bereits ein Stoßtrupp zusammengestellt, der meine Burg angreifen soll. Dann kann ich meine Schwester nicht beschützen. Ich habe nur wenige Getreue zur Verteidigung der Anlage.“
„Also, bist du einverstanden, Micheil?“, fragte Seana hoffnungsvoll.
„Ja, dein Bruder hat recht. Ich kann dich nicht hier zurücklassen. Aber wir setzen uns anderen Gefahren aus. Daher verlange ich von dir, dass du mir versprichst, mir zu gehorchen, ganz gleich, was ich dir befehlen
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