Historical Saison Band 17
1. KAPITEL
U nd du bist dir ganz sicher, Eugenia? Der Duke of Dettingham hat den hinreißenden Mr Richard Seaborne, für den wir alle immer so geschwärmt haben, entführt oder sogar getötet?“, fragte eine junge Dame entsetzt. Um sie herum drängten sich Debütantinnen, die schon neugierig die Ohren spitzten. Es war einer der letzten Bälle der Londoner Saison.
„Allerdings! Die Gentlemen schließen schon Wetten darüber ab, wie er es geschafft hat, so lange ungestraft davonzukommen, Lottie“, flüsterte ihre aufgeregte Informantin so gewichtig, als verkünde sie das Evangelium. „Natürlich wurde nichts in die Wettbücher geschrieben, da der Duke jeden herausfordern müsste, der ihm die Schuld an einem solch fürchterlichen Verbrechen geben würde! Und er ist ein ausgezeichneter Schütze. Er würde wohl kaum davor zurückschrecken, jeden Gentleman niederzuschießen, der tollkühn genug wäre, ihn zu beschuldigen, sollte er tatsächlich seinen Erben auf diese hinterlistige Weise beseitigt haben.“
„Dennoch ist der Duke faszinierend“, meinte Lottie wehmütig. „Seine Art, uns alle wissen zu lassen, dass es ihn nicht im Geringsten kümmert, was wir von ihm halten, lässt mein Herz schneller schlagen. Und wenn er mich dann auch noch mit seinen strahlenden smaragdgrünen Augen zufällig ansieht … Oh, schon bei dem Gedanken daran kann ich dann kein klares Wort mehr herausbringen.“
„Ich habe kein Interesse an diesem gewissenlosen Lebemann“, bemerkte Eugenia steif.
„Ach was! Früher hättest du deine beste Perlenkette dafür gegeben, nur ein einziges Mal mit ihm tanzen zu können – und deine Seele verkauft für alles andere.“
„Was nur bedeutet, dass ich nun weiß, was für ein hartherziger, gefühlloser Mensch er tatsächlich ist“, verteidigte Eugenia sich verärgert.
„Und wie sehr du dir wünschst, er hätte auch bei dir einmal den Wüstling herausgekehrt“, beharrte Lottie.
„Nur, um eines Tages von ihm ermordet zu werden, sobald er meiner überdrüssig geworden wäre? Wohl kaum“, erwiderte ihre Freundin kühl und entfernte sich, um woanders ihr Gift zu verspritzen.
Jessica Pendle war es noch nie schwerer gefallen, still zu bleiben und kein Wort zu äußern.
„Jessica!“
Sie spürte den strengen Blick ihrer Mutter auf sich, die verhindern wollte, dass Jessica empört aufsprang und jenes bösartige Weib öffentlich beschuldigte, welches auf so niederträchtige Weise versuchte, das Ansehen von Jack Seaborne, dem Duke of Dettingham, in den Schmutz zu ziehen.
Jack und sein Cousin Richard würden sich selbst dann nichts Böses antun, wenn ihr Leben davon abhinge. Und jeder, der sie auch nur ein wenig kannte, würde das sofort beschwören. Andererseits wusste Jessica natürlich, dass eine unverheiratete Dame – selbst eine in fortgeschrittenem Alter, so wie sie – keinen Mann verteidigen durfte, der nicht mit ihr verwandt war, ohne alles nur noch schlimmer zu machen.
„Tu einfach so, als hättest du sie nicht gehört“, drängte Lady Pendle sie sanft.
„Es ergibt ja nicht einmal Sinn“, sagte Jessica verwirrt. „Jack ist doch bereits der Duke, warum sollte er jemand umbringen müssen, um seine Position zu sichern, noch dazu seinen Cousin? Glauben die denn, Jack wird jetzt Jagd auf jeden männlichen Seaborne im ganzen Land machen, um seine vermeintlichen Rivalen auszuschalten?“
„Du denkst doch wohl nicht, dass solch unverbesserliche Klatschmäuler sich Gedanken darüber machen, ob die Geschichten, die sie verbreiten, wahrscheinlich sind oder nicht, mein Liebling. Aber meinst du denn, wir können Jack dadurch helfen, dass wir uns seinetwegen in einen Kampf stürzen?“
„Nein, sicher nicht“, gab Jessica zu. „Aber gerade diese Frau ließ keine Tricks aus, um Jack in die Ehe zu locken, als wir damals in die Gesellschaft eingeführt wurden. Falls er entschlossen wäre, jemanden zu ermorden, dann doch wohl eher sie.“
„Eine verschmähte Frau kann in der Tat sehr gefährlich werden. Aber lass uns zu Hause darüber reden, wo uns niemand belauschen kann. Außer Papa … wenn er gerade in der Stimmung sein sollte, sich an unseren Gesprächen beteiligen zu wollen. Hier und jetzt allerdings müssen wir vorgeben, nichts gehört zu haben“, riet ihre Mutter eindringlich.
„Jack ist ein Ehrenmann. Auch wenn er manchmal eine Arroganz an den Tag legt, dass es mir in den Fingern juckt, ihm eine Ohrfeige zu geben. Doch niemals wäre er zu einem Mord fähig, so viel
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