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Gehetzt - Thriller

Titel: Gehetzt - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wozencraft Baerbel Arnold Velten Arnold
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KAPITEL 1
    Manchmal schien sich die Nachtschicht endlos hinzuziehen. Während der fast drei Stunden, die Diane nun auf den ruhigen, verlassenen Straßen des Stadtrandes Streife fuhr, war es ihr nicht gelungen, die Müdigkeit abzuschütteln, die ihr nach nicht ein mal drei Stunden Schlaf seit der letzten Schicht zu schaffen machte. Sie hatte den ganzen Tag im Gericht gehockt und auf einem Stuhl zu dösen versucht, der ein Stuhl sein sollte, in Wahrheit jedoch ein von der Beschaffungsabteilung genehmigtes Folterinstrument war. Sie war wäh rend ihrer dienstfreien Zeit herbeibeordert worden und hatte den ganzen Tag darauf gewartet, gegen einen wie ein Rapper angezogenen, supergenialen Internet-Crack auszusagen. Von dem Augenblick an, in dem sie seinem glänzenden schwarzen Porsche gefolgt war, nachdem sie ihn beim Überfahren einer roten Ampel erwischt hatte und er um ein Haar ei nen Radfahrer umgenietet hätte, hatte er sich als Arschloch geoutet.
    Nachdem der Richter sie hatte gehen lassen, war sie um kurz vor sechs endlich zu Hause im Bett gewesen, wo sie aber alle Mühe gehabt hatte einzuschlafen. Um halb elf abends hatte sie bereits wieder in ihrer marineblauen Uniform im Präsidium bei der Dienstbesprechung gesessen, ihren zweiten Becher Kaffee heruntergekippt und da gegen angekämpft, dass ihr die Augenlider zufielen, während der Sergeant sie daran erinnert hatte, dass sich irgendwo da draußen auf den Straßen ein Psychopath mit einer 45er unter dem Vordersitz herumtreibe, der nur darauf warte, angehalten zu werden,
um seinen Frust an der Polizei auszulassen. Die Schwerkraft hatte gesiegt: Ihre Augenlider waren zugeklappt. Diane hatte den Kopf geschüttelt, ei nen Schluck aus ihrem Becher genommen und einen Mundvoll Kaffeesatz erwischt. Sie hatte ihn durchgekaut und heruntergeschluckt. Das sollte angeblich helfen. Der Sergeant hatte seine Ermahnungen weiter heruntergeleiert … seid vorsichtig da draußen … Sie hörte diese Sprüche jetzt seit fast drei Jah ren, seit dem Tag, an dem Officer Renfro sie mit noch nicht ganz einundzwanzig Jahren direkt vom Campus der Universität von Texas in Bolton wegrekrutiert hatte.
    »Wellman!«, hatte der Sergeant sie scharf angefahren. »Können Sie mir folgen?«
    Diane hatte die Augen aufgerissen, während der Raum vom leisen Gekicher der versammelten Männer erfüllt war, und sich in ihrem Stuhl aufgerichtet.
    »Sir«, hatte sie bejahend erwidert und ge nickt. Ihr Rücken schmerzte von diesem Stuhl im Gericht, auf dem sie den ganzen Tag zu schlafen versucht hatte. Vergesst doch die Psychopathen, hatte sie schläfrig gedacht, in Wahrheit sind es die Idioten von Bürgern, die den Polizisten das Leben schwer machen.
    Jetzt fuhr sie an einem einsamen 7-Eleven vorbei, einem Fast-Food-Außenposten an der Bebauungsgrenze der Stadt. Neonlicht fiel zwischen Werbeplakaten für SuperMegaGulp Slurpees auf die verlassene Asphaltfläche des Parkplatzes. Tagsüber versammelten sich hier Bauarbeiter zum Mittagessen, um ihre Bäuche mit Chili Dogs aus der Mikrowelle zu füllen und Marlboros zu rauchen. Diane überlegte, ob sie anhalten sollte, konnte sich jedoch nicht mit dem Gedanken anfreunden, den nächsten Kaffee zu trinken, bevor nicht einmal die Hälfte ihrer Schicht um war.
    »Zwei Uhr morgens und nichts Ungewöhnliches«, murmelte
sie und bog nach links ab. In dieser Richtung gelangte sie an die Grenze ihres Zuständigkeitsbereichs. Es gab hier nur noch ein paar verstreute Farmen. Vielleicht war es dumm zu riskieren, jenseits des ihr zugewiesenen Bezirks ertappt zu werden, aber sie würde sich nicht weit von ihrem Bereich entfernen, nicht wie bei dem Mal, als sie vom anderen Ende der Stadt kommend nach einem Quickie mit Renfro erwischt worden war. Das war dumm gewesen, und es war nie wieder passiert.
    Wie auch immer, Lake Bolton war nicht weit, die Nacht zog sich endlos hin, und in weniger als zehn Minuten wäre sie wieder da, wo sie sein soll te. Falls sie zu ei nem Einsatz gerufen werden sollte, würde sie so rechtzeitig da sein, dass niemand auf die Idee kommen konnte, sie habe ihren Bereich verlassen. Es war ungefährlich.
    Als Diane vorsichtig in die schmale Schotterpiste einbog, die um den See führte, schaltete sie die Scheinwerfer aus und drosselte die Geschwindigkeit. Sie liebte den Anblick, wie die schroffen weißen Kalkfelsen das Mondlicht reflektierten. Es tauchte die Straße in ein Licht, als wäre sie die Mondoberfläche selbst, und brach sich auf dem Wasser in

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