Historical Saison Band 17
nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatte. Warum hatte sie es jemals erhofft? Drückendes Schweigen erfüllte den Raum.
Als Joshua wieder zu sprechen begann, war seine Stimme völlig ausdruckslos.
„Darf ich nach deinen Plänen fragen?“
„Zuerst fahre ich nach London und von dort aus nach Spanien. Carmela wird mich begleiten.“
„Ach ja – nach Spanien, zu dem unbekannten Bewerber“, bemerkte er spöttisch. „Wahrscheinlich wurde er inzwischen aus der Versenkung zurückgeholt.“
„Es gibt keinen Bewerber“, erwiderte sie kurz angebunden.
„Wieso nicht?“, fragte Joshua in gespieltem Staunen.
„Gerade du müsstest die Antwort kennen“, fauchte Domino.
„Aber ich habe keine Ahnung.“ Das spöttische Funkeln in seinen Augen erlosch. „Wenn du nicht mehr heiraten willst – dann wohl kaum wegen einer anderen Liebe. Vor einer Woche war ich mir sicher, dass du die wahre Liebe gefunden hast. Jetzt weiß ich es besser – du wünschst dir nur die Illusion einer solchen Liebe.“
„Das ist unfair!“, stieß sie hervor, verzweifelt bemüht, die beklemmende Diskussion zu beenden.
„Das finde ich nicht. Von der Wirklichkeit hältst du nichts, Domino, du bevorzugst Illusionen. Wenn dir die Realität zu nahe kommt, weichst du zurück. Deine Liebe zu Richard Veryan war ein oberflächliches Gefühl. Genauso wie jetzt deine Liebe zu mir. Du wünschst dir keinen Mann aus Fleisch und Blut mit all seinen Stärken und Schwächen, sondern einen, den es nicht gibt, einen Fantasieliebhaber. Diese Rolle spielte Richard, bis er unglücklicherweise eine andere zur Frau nahm. Mein Auftritt war kürzer. Fast sofort fiel ich vom Podest.“
Atemlos starrte sie ihn an.
„Wenn kein unbekannter Bräutigam existiert – was dann?“, fragte er so beiläufig, als hätten seine Worte sie soeben nicht zutiefst verletzt.
Diese Frage hatte sie sich immer wieder gestellt. Was würde sie in Spanien tun? Da sie nicht heiraten wollte, würden die Tanten ihr vermutlich vorschlagen, in ein Kloster zu gehen.
„Vielleicht ein Kloster?“
Domino blinzelte verwirrt.
„Ist das nicht eine der wenigen akzeptablen Möglichkeiten für ein tugendhaftes spanisches Mädchen? Der Traualtar oder ein Kloster. Zumindest gewann ich diesen Eindruck.“
Mühsam kämpfte sie mit den Tränen. Wie konnte er es wagen, ihre Zukunft zu erörtern?
Seine Stimme nahm einen sanften Klang an. „Geh nicht ins Kloster, Domino, dafür bist du nicht geschaffen.“
In diesem Moment öffnete sich die Tür, und Christabel kam herein. Domino hatte geglaubt, noch schlimmer könnte die Situation nicht werden. Ein Irrtum.
Verwundert stand Joshua auf und starrte Christabel an. Trotz ihres Zustands war sie eine bildschöne Frau, die jeden Mann bezauberte, der ihr begegnete.
Aber Joshua sah nicht die Frau, die sie jetzt war, sondern eine andere, von der er sich vor langer Zeit verabschiedet hatte. „Christabel?“, fragte er verblüfft. „Christabel Tallis?“
„Christabel Veryan“, verbesserte sie ihn leise.
„Natürlich, Lady Veryan, verzeihen Sie“, bat er und verneigte sich höflich. „Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Heirat. Und zu der Freude, die Sie bald erwartet.“ Lächelnd betrachtete er ihren leicht gerundeten Bauch.
„Danke, Mr Marchmain, Sie sind sehr freundlich. Und es ist mir ein Vergnügen, Sie wiederzusehen.“
Domino saß reglos und schweigend da. Irgendwie glaubte sie, die Aufführung eines Theaterstücks zu sehen, das nur für sie inszeniert worden war.
Ungerührt fuhr Christabel fort: „Domino hat mir erzählt, Sie würden sie heute besuchen. Und da hatte ich gehofft, ich könnte mit Ihnen sprechen.“
Fragend hob er die Brauen.
„Sicher hat sie Ihnen für den Dienst gedankt, den Sie ihr erwiesen haben. Auch ich möchte Ihnen für Ihr mutiges Verhalten danken, das meiner Freundin ein schreckliches Schicksal erspart hat.“
Joshua nickte. Doch sie war noch nicht fertig, und ihre sanfte Stimme schien den ganzen Raum zu füllen.
„Auch etwas anderes, das Sie vor vielen Jahren für mich taten, verpflichtet mich zur Dankbarkeit. Deshalb mussten Sie großes Leid ertragen.“
Verwirrt runzelte Joshua die Stirn. Kein Wunder, dachte Domino in wachsendem Zorn.
„Wären Sie damals nicht so dramatisch in mein Leben getreten, hätte ich Richard aus den falschen Gründen geheiratet“, erklärte Christabel, „und ich würde keine so glückliche Ehe führen wie jetzt. Ich musste herausfinden, zu wem ich wirklich gehöre.
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