Historical Saison Band 18
Briefes hier, den ich dir Anfang der Woche geschickt habe.“
Charles nickte. „Zweifellos wirst du erfreut sein, zu hören, dass ich mich bereits mit meinem nichtsnutzigen Cousin getroffen habe. Allerdings habe ich nichts Brauchbares herausfinden können. Und um ganz offen zu sein, glaube ich nicht, dass ich mehr in Erfahrung bringen werde, als du bereits weißt, Ben. Henri mag ein fauler, prinzipienloser Halunke sein, aber er ist nicht dumm. Wenn ich nach all den Jahren, in denen mir seine Existenz vollkommen gleichgültig war, ein größeres Verlangen nach seiner Gesellschaft entwickele, wird er zwangsläufig misstrauisch werden.“
„Ganz gewiss“, gab ihm sein Freund recht. „Also weißt du mir gar nichts zu berichten?“
Charles nahm einen Schluck Wein und antwortete: „Immerhin habe ich kurz mit seiner Vermieterin sprechen können. Sie verriet mir, dass Henri innerhalb der letzten zwölf Monate drei oder vier Mal auf Geschäftsreisen war und zwar meist für mindestens vierzehn Tage. Wann immer er jedoch zurückkehrte, zahlte er die angefallenen Mietrückstände, weshalb sie keinen Grund sieht, sich zu beschweren.“
„Und Henri hat bei eurem Treffen überhaupt nichts Aufschlussreiches geäußert?“
Charles schüttelte bedauernd den Kopf. „Allerdings ist auffällig, wie komfortabel er lebt. Auch wenn die Wohnung nicht in einem der feinsten Stadtteile liegt, sind die Zimmer doch erstaunlich geräumig und gediegen eingerichtet. Also verschafft er sich auf irgendeine Weise ein akzeptables Auskommen.“
„Ich nehme an, dass er gewissermaßen mehrere Eisen im Feuer hat“, sinnierte der Viscount. „Und keines davon würde meines Erachtens einer näheren Überprüfung standhalten.“
Charles stimmte ohne Weiteres zu, bevor er plötzlich zusammenzuckte. „Er hat doch beiläufig etwas erwähnt, wenn ich es recht bedenke. Er meinte, er habe die Absicht, in der nächsten Woche für ein paar Tage die Stadt zu verlassen, um die Pferderennen in Ascot zu besuchen. Das legt also nahe, dass keine weiteren Raubzüge stattgefunden haben oder geplant sind. Obgleich ich kaum glaube, dass er selbst bei den Überfällen dabei ist.“
„Oh nein, davon gehe ich auch nicht aus“, pflichtete Lord Fincham ihm bei. „Dafür wird man hartgesottene Verbrecher engagiert haben, die auch vor Gewalt nicht zurückschrecken, um ans Ziel zu gelangen.“
Charles schwieg einen Moment, während er seinen Freund nachdenklich betrachtete. „Du weißt bereits, wer hinter den Verbrechen steckt, nicht wahr, Ben?“
„Ich glaube ja. Aber ich brauche Beweise, bevor ich den Namen des Schuldigen preisgebe … Und das wird sich vermutlich als äußerst schwierig herausstellen – außer man kann ihn dazu verleiten, sich in die Karten schauen zu lassen“, antwortete der Viscount. Dabei ließ er seine Blicke über den stattlichen Schreibtisch aus Eichenholz und insbesondere über dessen abgeschlossene Schublade gleiten. „Aber ganz gleich“, unterbrach er sich und wandte sich anderen Dingen zu. „Wie lange hast du vor, in der Stadt zu bleiben?“
„Nur bis morgen. Der Bruder meiner Mutter beehrt uns für eine Woche mit seinem Besuch.“
„Ah, dein Onkel, der Bischof!“ Der Viscount sah belustigt zur Stuckdecke empor. „In diesem Fall muss ich dich natürlich ziehen lassen. Wenn du nicht heimkehrst, um den vollendeten Gastgeber zu spielen, riskierst du ewige Verdammnis!“
Brindle, der gewissenhafte Gebieter über den Haushalt, hatte fast sein ganzes Leben in Diensten gestanden und war eine Art Fachmann geworden, wenn es um die Einschätzung seiner Mitmenschen ging. Am folgenden Tag zögerte er daher nicht, das verkommene Individuum, das die Kühnheit besessen hatte, sich am Vordereingang zu melden, an den Hintereingang zu verweisen. Gleichwohl sagte ihm seine jahrelange Erfahrung, dass dieser verwahrloste Besucher kein Händler oder Bettler war. Überdies wies die Miene des Fremden darauf hin, dass er entgegen aller Erwartungen mit Seiner Lordschaft bekannt war und aus einem ganz bestimmten Grund, den er nur dem Hausherrn verraten würde, hier erschienen war. Brindle beschloss also, dem Viscount die Ankunft des Mannes zu melden.
„Wenn der Besucher schon nicht offenbart hat, weshalb er hier ist, hat er dann wenigstens seinen Namen genannt?“, fragte Seine Lordschaft, ohne von dem Brief, den er gerade schrieb, aufzusehen.
„Jeremiah Fisher, Mylord.“
Diese Antwort zeitigte sofortige Wirkung. Lord Fincham verlor jedes
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