Historical Saison Band 18
musste.
Folglich war sie überrascht, als Digby sie am Mittag aufsuchte, um ihr mitzuteilen, dass der Stallmeister des Viscounts für sie eine graue Stute in die Stallungen gebracht habe.
Ben hat also Wort gehalten und ein ideales Pferd für mich gefunden, stellte sie erfreut fest, als sie auf der Stute im Trab durch den Hyde Park ritt. Der treue Digby begleitete sie auf einem der Kutschpferde der Grenvilles.
„Sie ist ganz und gar wundervoll!“, rief Georgiana begeistert, nachdem sie einmal den gesamten Park umrundet hatten. „Und sie besitzt nicht die Spur von Heimtücke. Sie erinnert mich an ein Tier, das ich im letzten Herbst in Hampshire gesehen habe.“
Die Erinnerung an diese Zeit machte ihr wieder bewusst, welchen Wandel sie innerhalb von sieben Monaten vom Pagen zur Verlobten durchlaufen hatte. Wenn sie sich den eigentlichen Grund dieser Entwicklung vor Augen führte, beunruhigten sie einige Geschehnisse der letzten Wochen.
Sie warf ihrem Begleiter einen nachdenklichen Blick zu. Es war das erste Mal seit beinah drei Wochen, dass sie eine längere Zeit mit Digby verbrachte. Das ist natürlich nicht allein seine Schuld, gestand sie sich insgeheim ein. In Wahrheit war sie selbst viel zu beschäftigt gewesen, seit ihre Verlobung mit dem Viscount bekannt gegeben worden war. In den letzten Tagen hatte sie die meiste Zeit damit zugebracht, gemeinsam mit der Witwe und Lady Sophia den Mitgliedern der feinen Gesellschaft Besuche abzustatten oder selbst Besucher zu empfangen. Wenn sie ein paar Minuten für sich gehabt und nach ihrem Diener gesucht hatte, war ihr stets gesagt worden, er würde gerade den einen oder anderen Botengang erledigen.
Natürlich wusste sie nur zu gut, womit er beschäftigt war, und sie war ihm ausgesprochen dankbar für alles, was er ihr zuliebe tat. Dennoch hatte sie in zunehmendem Maße den Eindruck gewonnen, er würde ihr aus dem Weg gehen. Es war nicht schwer zu erraten, auf wessen Betreiben dies zurückzuführen war.
„Ich bin froh, dass Sie mich begleiten“, begann sie listig, denn sie wollte sich endlich Klarheit über den Stand der Nachforschungen verschaffen. „Ich habe Sie in der letzten Zeit kaum zu Gesicht bekommen. Ja, ich glaube wir haben in den vergangenen Wochen nicht mehr als ein Dutzend Worte gewechselt!“
Falls Digby ahnte, was sich hinter dieser Bemerkung verbarg, ließ er es sich zumindest nicht anmerken. „Das stimmt, Miss, aber Sie sind selbst in letzter Zeit viel unterwegs gewesen … Und ich? Nun, Sie wissen ja, was ich mache.“
„Ja, und ich bin Ihnen auch überaus dankbar dafür“, beteuerte sie sofort, bevor sie hinzufügte: „Was nichts an der Tatsache ändert, dass ich Ihre Gegenwart vermisse. Inzwischen habe ich ein eigenes Pferd zur Verfügung und benötige Sie regelmäßig als Begleiter. Ich habe nicht vor, mich mit der Gesellschaft dieses einsilbigen Knechts der Countess abzugeben.“ Als er nichts erwiderte, musterte sie ihn verstohlen von der Seite. „Also denke ich, wir müssen einen anderen finden, der Ihre … Sonderaufgaben übernimmt.“
Dies führte schließlich die Auskunft herbei, auf die sie gehofft hatte. „Oh nein, Miss, das dürfen Sie nich’ tun!“ Seine Stimme klang erschrocken. „Grad’ gestern erst hat Lord Fincham gemeint, wir würden endlich erste Ergebnisse sehen. Seine Lordschaft will bestimmt nich’, dass wer anders mit einbezogen wird, soviel weiß ich. Er hat sogar einen der Burschen nach Dover geschickt, um die Vorgänge dort zu überwachen. Jetzt erwartet er jeden Tag Nachricht von ihm, da der Franzose schon wieder in die Stadt zurückgekehrt ist.“
In der Tat? Ben hätte sie wenigstens über diese Entwicklung auf dem Laufenden halten können! Was behält er noch alles für sich … und warum? fragte sich Georgiana. Tat er nur sein Bestes, um sie davon abzuhalten, sich wieder einzumischen, oder gab es etwas, das sie nicht erfahren sollte?
Nach der langen Unterredung mit seinem Notar, bei der er neben vielen anderen Dingen eine grundlegende Änderung seines Testaments zugunsten seiner Verlobten, Miss Georgiana Grey, vorgenommen hatte, kehrte der Viscount an den Berkeley Square zurück. In der Bibliothek wartete Charles Gingham auf ihn.
„Der unermüdliche Brindle hat dich, wie ich sehe, mit allem ausgestattet, das du für dein Wohlbefinden benötigst“, bemerkte der Lord und schenkte sich ein Glas Wein ein, bevor er sich zu seinem Freund an den Kamin gesellte. „Ich nehme an, du bist wegen des
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