Historical Saison Band 18
über seine Schulter.
„Haben Sie nicht rein zufällig eine Vorliebe für hautenge schwarze Seide, meine Liebe?“
Isabelle wäre fast über den Saum ihres Kleides gestolpert, aber er fing sie auf und hielt sie fest, drehte sich weiter mit ihr im Takt der Musik, als wäre nichts geschehen. Sie war ganz aufgelöst, weil er sie wiedererkannt hatte, und vor allem, weil sie keine Ahnung hatte, was er mit seinem Wissen anzufangen gedachte.
„Ich weiß nicht, wovon Sie reden“, behauptete sie und blickte ihn fest an.
„Und ich bin mir sicher, Sie wissen es doch“, gab er schmunzelnd zurück.
Isabelle musterte ihn aufmerksam mit zusammengekniffenen Augen, Sie suchte in seinem Gesicht nach einem Zeichen, das ihr seine Pläne verriet. Zu ihrer Enttäuschung entdeckte sie nichts weiter als Belustigung in seiner Miene.
„Sie belieben wohl zu scherzen“, sagte sie schnippisch.
„Ja“, antwortete Henry, doch dann beugte er den Kopf vor und flüsterte ihr ins Ohr: „Und nein. Oder muss ich Sie daran erinnern, dass Sie sich ebenfalls versteckt haben?“
Als er mit seinen Lippen ihr Ohrläppchen streiften, blieb ihr beinahe die Luft weg und ihr Mund wurde ganz trocken – und das nicht nur, weil er sie entlarvt hatte. Die leichte Berührung seines Mundes und der Hauch seines Atems auf ihrer Haut verursachten ihr eine kribbelnde Gänsehaut. Er strich mit seinem rauen Daumen über ihr Handgelenk und lächelte, als er bemerkte, wie sehr ihr Puls raste. Rasch löste sie den Blick von seinem Mund, hob den Kopf und blickte ihm in seine Augen, die zu glühen schienen. Sie hatte das Gefühl, gleich zerfließen zu müssen. Ihre Glieder fühlten sich plötzlich ganz taub an. Sie wäre sicherlich gefallen, hätte er sie nicht so fest in seinen starken Amen gehalten.
Genau in dem Moment, in dem die letzten Töne der Musik verklangen, nahm Isabelle all ihre Kraft zusammen und entwand sich, so schnell die Höflichkeit es zuließ, seinem Griff. Er folgte ihr gemessenen Schrittes, ein zufriedenes Lächeln auf den schönen Lippen.
Isabelle Lei Hennessey , dachte er und lächelte, Tochter des Gouverneurs, Debütantin im heiratsfähigen Alter, zukünftige Ehefrau und … rätselhafte, geheimnisvolle Frau . Er richtete die Augen auf ihren leicht wiegenden, verführerischen Gang. War sie insgeheim eine lasterhafte Kurtisane? Schlich sie sich etwa hinaus, um eine der berüchtigten Opiumhöhlen der Stadt zu besuchen? Er schwelgte geradezu in der Vorstellung, die faszinierenden Geheimnisse zu enthüllen, die sie hinter ihrer Fassade verbargen.
„Du hast in den Armen Seiner Lordschaft bezaubernd ausgesehen, meine liebe Tochter!“ Der Gouverneur kam mit ausgebreiteten Armen und einem strahlenden Lächeln auf sie zu.
„Vater“, sagte Isabelle knapp. „Darf ich mich bitte zur Nachtruhe zurückziehen?“
„Unfug!“, rief Henry und legte dem Gouverneur freundschaftlich die Hand auf die Schulter. „Die Nacht ist noch jung.“
„Ja“, stimmte Isabelles Vater zu. „Außerdem habe ich den Eindruck, dass zwischen Ihnen eine gewisse Sympathie besteht.“
„Nun ja“, antwortete Henry und schenkte Isabelle ein hintergründiges Lächeln. „Wir haben zumindest eines gemeinsam.“
Schallendes Gelächter hielt Isabelle von einer scharfen Erwiderung ab. Arthur und Caroline gesellten sich zu ihnen, einen untersetzten Mann im Schlepptau.
„Nun, Sir Edward, Miss Wilkinson, was denken Sie?“, fragte Arthur seine Begleiter. „Geben die beiden nicht ein wunderbares Paar ab?“
Caroline verzog missbilligend das Gesicht, während Sir Edward Isabelle mit sehnsüchtigen Blicken bedachte. Nur mühsam unterdrückte Isabelle das Verlangen, die Augen über die offensichtlichen Absichten ihres Bruders und Vaters zu verdrehen. Sie warf einen flüchtigen Blick zu Lord Henry James, der eher belustigt als verstimmt wirkte. Er zwinkerte ihr zu.
„Wie gefällt Ihnen Hongkong bisher, Lord James?“, fragte Arthur.
„Es ist ganz zweifellos einer der schönsten Orte, die ich kenne“, gab Henry zu. „Verglichen mit anderen Kolonien, die ich besucht habe, erscheint mir das Leben hier sehr kultiviert. Ich kann allerdings das Gefühl nicht abschütteln, dass ich mich eigentlich nur in einem anderen Teil Englands befinde.“
„Aber ja“, warf Caroline ein, eifrig darauf bedacht, sich an dem Gespräch zu beteiligen. „Gäbe es die Hitze und diese unfähigen kantonesischen Kulis nicht, könnte man tatsächlich meinen, wir wären in London!“
„Man
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