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Historical Saison Band 18

Historical Saison Band 18

Titel: Historical Saison Band 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Ashley , Barbara Monajem , Lyn Stone , Linda Skye
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letzten, eindringlichen Blick zu. „Das werden Sie morgen Nachmittag sicherlich feststellen.“

4. KAPITEL
    I sabelle hatte recht gehabt: Es lagen tatsächlich Welten zwischen dem Victoria Peak, der höchsten Erhebung Hongkongs, auf der ein recht kühles Bergklima und eine britische Atmosphäre herrschten, und dem belebten, überfüllten Wan Chai. In dem Labyrinth enger, staubiger Gassen standen grob zusammengezimmerte Läden und verwinkelte Häuser dicht aneinandergedrängt. Straßenverkäufer schrien unablässig, um die Aufmerksamkeit möglicher Kunden auf sich zu ziehen, In der Gosse spielten barfüßige Kinder und trieben Schabernack.
    Henry warf Isabelle einen schnellen Blick zu. Sie ging neben ihm, während ihre Zofe Jia-Li ihnen als Anstandsdame in höflichem Abstand folgte. Es verwunderte ihn sehr, dass die erdrückende Hitze Isabelle überhaupt nichts auszumachen schien. Noch mehr erstaunte ihn aber die Tatsache, dass sie voller Anmut durch das geschäftige Gedränge des Dorfes spazierte, ohne sich davon aus der Ruhe bringen zu lassen oder belästigt zu werden. In immer heruntergekommenere Straßen von Wan Chai führte sie ihn, und bald bemerkte er, dass sie durchs Rotlichtviertel schlenderten.
    „Nun, Mylord“, sagte sie, legte den Kopf schräg und blickte ihn aus dem Augenwinkel an. „Was halten Sie nun von Hongkong?“
    Henry gab ein unverbindliches Brummeln von sich und versuchte seinem durchgeschwitzten Kragen keine Beachtung zu schenken. „Es ist heiß“, antwortete er schlicht.
    „Ich würde behaupten, Sie sind einer der ganz wenigen Engländer, die sich herablassen, durch diese Straßen zu spazieren.“ Sie lachte. „Es hat mich überrascht, dass Sie meine Herausforderung, den Garten des Herrenhauses zu verlassen, überhaupt angenommen haben.“
    „Ich nehme jede Herausforderung an, die Sie mir stellen, Miss Hennessey.“
    „Ach ja?“ Isabelle lächelte ihn zuckersüß an. „Wirklich jede?“
    Henry wollte gerade antworten, als Isabelle plötzlich stehen blieb, sich blitzschnell umdrehte und mit wütend klingender Stimme etwas auf Chinesisch rief. Henry wandte sich ebenfalls um – gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie ein kleiner Junge abrupt stehenblieb. Als sie erneut etwas rief, wurde Isabelles Ton weicher. Zweifellos waren die fremden Worte ein Befehl, denn der von Schmutz bedeckte, in Lumpen gekleidete Knabe machte zögernd kehrt. Isabelle winkte ihn zu sich, und er schlurfte mit schuldbewusster Miene heran. Streng blickte sie ihn an und ging in die Hocke, sodass sie auf Augenhöhe mit dem Kleinen war. Dann streckte sie erwartungsvoll eine Hand aus. Widerwillig rückte der Junge eine verzierte Taschenuhr heraus – seine Taschenuhr, wie Henry feststellte.
    Sie sah zu Henry hoch und reichte ihm die silberne Uhr. „Die gehört Ihnen, nehme ich an?“
    „Wann hat er …?“ Henry steckte die Uhr ein und musterte den zitternden Jungen wütend.
    „Vergeben Sie ihm“, sagte Isabelle leise, die Augen wieder auf den Jungen gerichtet. „Er ist doch noch ein Kind.“ Sie zog einen Handschuh aus, umfasste das schmutzverkrustete Gesicht des Jungen und säuberte es behutsam mit einem reich verzierten Taschentuch, während sie in schnellem Kantonesisch auf ihn einredete. Offenbar erhielt er eine Strafpredigt, denn er schaute beschämt zu Boden und nickte immer wieder. Schließlich zog Isabelle ein paar Schilling aus ihrer Tasche und drückte sie ihm in die Hand. Dann erhob sie sich und sah dem Jungen nach, der rasch in der Menge verschwand.
    Henry vergaß seinen Ärger. Verdutzt sah er dabei zu, wie Isabelle sich gelassen den Schmutz von den Fingern wischte und den Handschuh wieder anzog. Dann wechselte sie einige kantonesische Worte mit ihrer Zofe, wobei sie immer wieder auf das große Bündel deutete, das diese trug. Zwar verstand er nicht, worum es ging, doch fasziniert vom Klang und der Melodie der fremden Sprache, trat Henry einen Schritt näher.
    Zu Henrys Verwunderung machte Isabelle schließlich eine auffordernde Geste, die Jia-Li dazu veranlasste, eifrig zu nicken und davonzueilen. Als sie sich umdrehte, konnte Henry kurz den Inhalt ihres Bündels sehen. Offenbar enthielt es goldfarbene Seide. Rasch beugte er sich über Isabelles Schulter, um noch einen weiteren Blick darauf zu werfen, doch der zarte Jasminduft ihres Parfüms lenkte ihn sogleich ab. Seine ganze Aufmerksamkeit richtete sich nun auf ihren bleichen, schlanken Schwanenhals, der von einer dünnen, glänzenden

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