Historical Saison Band 18
Dunkelheit in den Garten, um deren Familienerbe auszugraben. Währenddessen ritt ich mit Henri zu einem Dorf an der französischen Küste und organisierte ein Fischerboot, das uns über den Kanal bringen sollte. Charles und Louise trafen zwei Tage später bei uns ein und wir kehrten ohne weitere Schwierigkeiten nach England zurück – wenn man von ein wenig Seekrankheit absieht.“ Er erschauerte, als er sich daran erinnerte. „Es war eine äußerst stürmische Überfahrt.“
Lord Finchams Bericht wirkte so betont nüchtern und sachlich, dass man leicht den Eindruck gewinnen konnte, er habe lediglich die Programmpunkte eines vergnüglichen Sonntagsausflugs aufgelistet. Als er in Georgies Richtung schaute, bemerkte er, dass sie ihn belustigt betrachtete.
„Es ist nicht verwunderlich, dass Sie Frankreich keinen weiteren Besuch abstatten wollten, Mylord. Scheinbar hatten Sie dort eine verteufelt langweilige Zeit!“ Sie warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Da Sie offenkundig nicht gewillt sind, meine Neugier zu befriedigen, indem Sie mir Genaueres erzählen, verraten Sie mir wenigstens, was aus Henri geworden ist? Von Louise weiß ich ja, dass sie Ihren Freund geheiratet hat.“
„Aber natürlich nicht sofort“, stellte er richtig. „Wie ich bereits andeutete, war sie bei ihrer Rettung noch sehr jung, gerade erst sechzehn geworden. Ihr Englisch war schauderhaft und sie besaß hier keinerlei familiäre Verbindungen – nicht einmal ganz entfernte. Also sorgte Charles dafür, dass sie in die Obhut seiner Mutter kam.“ Er sann einen Augenblick nach und fuhr dann fort: „Wenn ich mich recht erinnere, erbte Charles zu dieser Zeit von seinem Onkel väterlicherseits ein stattliches Anwesen. Da Charles dem Landleben schon immer den Vorzug gegeben hat, verkaufte er sein Londoner Stadthaus, das sein verstorbener Vater Jahre zuvor erworben hatte, und zog mit seiner Mutter auf das Gut ein paar Meilen südlich von Deerhampton. Er hatte nichts dagegen, die kleine Louise in seinem neuen Zuhause unterzubringen.“
Als der Viscount sich an diese Zeit erinnerte, lächelte er. „Ich glaube, man kann behaupten, die beiden hegten damals noch keine romantischen Gefühle füreinander, zumindest nicht zu Beginn. In der Tat war Charles für Louise eher wie ein großer und gutmütiger Bruder, zu dem sie aufschaute. Es war traurig genug, dass sie ihre beiden eigenen Brüder an Madame Guillotine verloren hatte. Junge Mädchen werden jedoch rasch erwachsen, und es vergingen nur wenige Jahre, bis Louise in Charles etwas ganz anderes erblickte.“
Wieder lächelte Seine Lordschaft. „Natürlich habe ich im Laufe der Jahre bemerkt, dass sich die Beziehung der beiden wandelte. Aber anders als ich ist Charles ein sehr ehrenwerter Zeitgenosse. Anstatt seine Angebetete ohne Umschweife vor den Traualtar zu zerren, schlug er ihr vor, eine Saison in London zu verbringen, damit sie die Bekanntschaft anderer junger Männer machen könne. Da er sich mit kostbaren Juwelen gut auskennt, hatte er sie überredet, einige Schmuckstücke, die sie aus Frankreich mitgebracht hatten, zu behalten. Die übrigen Juwelen wurden verkauft und der Erlös gewinnbringend angelegt. Dadurch verfügte sie im Falle einer Heirat über eine ansehnliche Mitgift. Sie war sehr erleichtert, dass sie ihm die Regelung ihrer finanziellen Angelegenheiten überlassen konnte. Als eine vernünftige junge Dame hatte sie auch nicht vor, unnötig Geld für eine Saison auszugeben, zumal sie längst entschieden hatte, welchen Gentleman sie heiraten wollte. Charles’ Mutter war darüber natürlich hocherfreut. Sie liebte Louise schon damals wie die eigene Tochter, mit der sie nie gesegnet worden ist. Also kannst du dir sicher vorstellen, wie sehr sich dieses Familienglück, das ohnehin schon vollkommen war, durch die Ankunft des ersten Kindes noch weiter vermehrt hat!“
Wie fast jede Frau freute sie sich, davon zu hören. Dann fragte sie: „Und was ist aus dem Cousin Henri geworden?“
„Oh, das ist keine so erbauliche Geschichte. Er entpuppte sich als ein ziemlicher Nichtsnutz. Er hoffte, Charles würde ihn unterstützen, damit er das verschwenderische Leben, das er in Frankreich geführt hatte, fortsetzen konnte. Mein Freund hat ihm tatsächlich viele Monate lang Geld zukommen lassen, in dem Glauben, sein Cousin würde irgendwann eine sinnvolle Beschäftigung aufnehmen. Traurigerweise war das nicht der Fall und Charles entzog ihm irgendwann die Unterstützung. Obwohl ich
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