Historical Saison Band 19
worden, um nicht zu verhungern, hätten seinen Aussichten auf eine junge Dame mit großer Mitgift gewiss geschadet.
„Ich frage mich, ob Cedric es ebenso wie meine Tante hält und plant, in seinem Zimmer zu essen“, mutmaßte Edwina, als eine ganze Weile verstrichen war. Es herrschte nun überwiegend abwartendes Schweigen, nachdem Mrs Garret-Lowdens Versuche, Lord Sylbournes Aufmerksamkeit auf ihre Tochter zu lenken, kläglich gescheitert waren. „Der jüngere Bruder meines künftigen Gatten reist mit uns zu den Hochzeitsfeierlichkeiten, Mrs Garret-Lowden“, erläuterte Edwina vage, und Sophie empfand beinahe Mitleid mit der Frau und ihrer Tochter, die sich abmühten, das komplizierte Netz der Verbindungen zu durchschauen und sich einen Überblick zu verschaffen, wer wen heiratete.
„Anscheinend hat der Bruder deines geliebten Captains doch vor, uns heute Abend mit seiner Gegenwart zu beehren, Dina“, half Peter den Garret-Lowdens, indem er einen Teil des Rätsels preisgab. „Ich glaube, ich habe eben seine Stimme auf dem Gang vernommen. Gewiss hätte er an der nächsten Klingel gezogen und den Befehl erteilt, ihm Essen auf das Zimmer zu bringen, wenn er nicht beabsichtigen würde, sich zu uns zu gesellen. Er vertritt nämlich den Standpunkt, dass alle Bediensteten, die seinen Weg kreuzen, nichts Besseres zu tun haben, als auf sein Läuten zu hören.“
„Das ist wahr“, bestätigte Edwina und warf ihrem Bruder einen vielsagenden Blick zu. Dann lächelte sie die junge Gastgeberin aufmunternd an. „Ihr Vater muss sehr stolz auf Sie sein, Miss Frayne. Eine derartig anspruchsvolle Gruppe von Fremden wie uns so zufriedenzustellen, gelingt sonst nicht einmal Gastgeberinnen mit zwanzigjähriger Erfahrung“, lobte sie. Und als sie sah, dass sich Imogen bei Cedrics Eintreten unsicher erhob, stand Edwina auf, um sich an ihre Seite zu stellen. Angesichts dieser demonstrativen Unterstützung zögerte Cedric, der wie immer schlecht gelaunt war, seinem Unmut unverzüglich Luft zu machen.
„Guten Abend, Mr Wroxley. Ich heiße Sie herzlich im Haus meines Vaters willkommen, in dem Sie bleiben können, so lange Sie möchten“, begrüßte ihn Imogen mit einem freundlichen Nicken, wie Sophie es von Lady Frayne in Erinnerung hatte, wenn sie sich aufmerksam gegenüber den weniger bedeutenden Freunden ihres Gatten gezeigt hatte.
Wenn ich gewusst hätte, dass Imogen tatkräftig durch Edwina unterstützt werden würde, hätte ich auch im Schulzimmer bleiben und mich ausruhen können, dachte Sophie müde und überlegte, ob sie nach Kerzen läuten sollte, um Imogens Dreikönigsgeschenk für ihren Bruder Lysander zu vollenden, da sie vom Rest der Gesellschaft ohnehin ignoriert wurde.
„Ich danke Ihnen, meine liebe Dame“, sprach Cedric affektiert, als ob ihm eigentlich ein königlicher Empfang zugestanden hätte, er sich aber aus Nachsicht mit den bescheidenen Gegebenheiten abfände.
Steif nahm er in dem Sessel neben Peter Platz, sodass er den Frauen gegenübersaß und sie kritisch beäugen konnte. Offenkundig hatte er bemerkt, dass Imogen ein sehr hübsches Mädchen war, dem nachzustellen unterhaltsam sein könnte, wenn ihn die Langeweile in diesem ruhigen Landhaus zu ersticken drohte. Lady Edwina überging er, als ob sie seiner Aufmerksamkeit unwürdig wäre. Vielleicht fürchtete er sich aber auch nur vor dem Zorn seiner älteren Brüder und vor Peter, falls er es wagte, ihr Avancen zu machen. Der Blick seiner hervorstehenden Augen, deren unschöner Braunton Sophie an Flussschlamm erinnerte, verweilte schließlich bei der hübschen Miss Garret-Lowden. Allerdings war Sophie überzeugt, dass Mrs Garret-Lowden ihren teuersten Schatz im Falle eines Falles mit allen Mitteln vor dem dritten Sohn eines Viscounts beschützen würde.
Sophie lief es kalt den Rücken hinunter, als Cedric sich mit einem Mal auf sie konzentrierte, als ob ihn etwas veranlasst hätte, die einfache Gouvernante noch einmal genau zu betrachten.
„Wird unsere unerwartete Ankunft dazu führen, dass Ihrer Köchin die Vorräte schwinden, Miss Frayne?“, erkundigte sich Peter bei Imogen.
„Nein, überhaupt nicht, Mylord. Die Küche, die Speisekammer und alle vorhandenen Lagerräume sind mit Süßspeisen, Sülzen, Eingelegtem, Gepökeltem und Kandiertem bis an den Rand gefüllt. Ich möchte behaupten, dass wir hier für vierzehn Tage eine ganze Armee verköstigen könnten, ohne den Unterschied zu merken. In der Tat haben Sie verhindert, dass unsere
Weitere Kostenlose Bücher