Historical Saison Band 19
ihrem Bruder, eine heitere Konversation am Tisch in Gang zu halten, bis die Nachspeisen serviert wurden und Viola und Audrey mit ihrem Erscheinen die ganze Atmosphäre auflockerten.
Schließlich kam der Zeitpunkt, an dem der Tisch abgeräumt wurde und die Gentlemen sich den Karaffen mit Portwein, Cognac und Brandy zuwandten, während die Damen in den gemütlichen Salon zurückkehrten und die Herren sich selbst überließen.
„Sie werden uns doch gewiss etwas über Ihre Abenteuer berichten, nicht wahr, Lady Edwina?“, bat Audrey ungeduldig, sobald der Tee gebracht worden war und Imogen unter den kritischen Blicken von Mrs Garret-Lowden Tee in die Tassen füllte.
Erfreut stellte Sophie fest, dass sogar diese Dame nichts an Imogens Verhalten als Gastgeberin auszusetzen hatte, obgleich sie gewiss der Ansicht war, dass ihre geliebte Livia die Aufgabe viel besser erfüllt hätte.
„All meine Abenteuer – vom Jahr meiner Geburt an, Miss Audrey? Für eine solche Odyssee würde die Zeit bis zum Schlafengehen nicht reichen“, scherzte Edwina freundlich.
„Natürlich nicht. Für heute Abend genügt es, wenn Sie uns die Geschichte Ihrer Reise hierher erzählen und weshalb Sie bei diesem Wetter unterwegs waren. Ich denke, das muss enorm aufregend gewesen sein.“
„Wohl eher nicht, Audrey. Überlege doch, wie bedrohlich das Gefühl gewesen sein muss, in einem heftigen Schneesturm die Orientierung zu verlieren“, widersprach Sophie aus der dunklen Ecke, in die sie sich nach dem letzten argwöhnischen Blick von Mrs Garret-Lowden zurückgezogen hatte.
„Das geht schon in Ordnung, Miss Rose. Ich denke, rückblickend betrachtet war es aufregend. Oder wenigstens war es das, bevor es mit einem Mal gefährlich wurde und ich mich fragte, ob wir alle mit gebrochenem Genick im Straßengraben enden würden. Sie müssen wissen, dass meine Hochzeit für den ersten Weihnachtstag geplant war. Daher hätte ich mich in jede Wildnis gewagt, um meinen Verlobten wiederzusehen und ihn zu heiraten – wenn Sie verzeihen, dass ich die hübsche Hügellandschaft der Cotswolds als Wildnis bezeichne, Miss Frayne.“
„Es würde vieles leichter machen, wenn Sie uns einfach bei unseren Vornamen nennen würden, Lady Edwina“, schlug Imogen vor, wobei ihr anzumerken war, dass sie dabei ihren ganzen Mut zusammennahm.
„Dann werde ich das natürlich gern tun – allerdings nur, wenn die jungen Damen mich ihrerseits Dina nennen, wie mein Bruder es tut. Von meinen Freunden bin ich stets so gerufen worden. Ich finde Edwina klingt schrecklich formell“, erwiderte Edwina mit einer einladenden Geste.
Sophie wäre in ihrer Ecke am liebsten im Boden versunken. Einst hatte sie Edwina ganz selbstverständlich bei diesem vertrauten Kosenamen genannt.
„Ich muss mit Mrs Elkerley und der Köchin über das Menü für morgen sprechen, bevor in der Küche Panik ausbricht“, murmelte Sophie eine dürftige Ausrede, um der mit einem Mal beklemmenden Rolle als Gouvernante zu entfliehen. Dann schlich sie wie ein Geist aus dem Zimmer.
Als sie auf dem ungeheizten Gang war, wickelte sie sich eine Stola um, die eines der Mädchen nachlässig über die Lehne eines alten Stuhls geworfen hatte. Rasch ergriff sie einen Kerzenleuchter und eilte in Richtung der Küche, in der es wenigstens halbwegs warm sein würde. Doch bevor sie den ersehnten Zufluchtsort erreichte, trat Peter aus einer dunklen Ecke. Im Grunde hätte sie ahnen müssen, dass er nicht lange allein in Cedric Wroxleys Gesellschaft bleiben würde. Ganz offenkundig mochte er ihn nicht und misstraute ihm.
„Hastest du davon, um dich vor dem großen bösen Wolf zu verstecken?“, fragte er höhnisch lächelnd.
„Natürlich nicht“, log sie, doch der Leuchter wackelte in ihren zittrigen Händen. Er nahm ihn ihr ungeduldig ab und stellte ihn auf die spanische Truhe, die ganz in der Nähe stand.
„Nun, das musst du nicht“, fuhr er fort, als ob sie gar nicht widersprochen hätte. „Was du tust, wo du dich versteckst und warum du vorgibst, dass Sophie Bonet niemals existiert hat, interessiert mich nicht.“
„Aber meine Gegenwart lässt dich so gleichgültig, dass du es auf Schritt und Tritt zur Schau stellen musst, oder sehe ich das falsch, Peter? Das scheint im Widerspruch zu deinem demonstrativen Desinteresse zu stehen“, spottete sie ein wenig vorlaut. Die eisige Wut in seinen grauen Augen war für sie ein ganz neuer Anblick. Vermutlich hatte er sie aufgesucht, um ihr Rache anzudrohen,
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