Historical Saison Band 20
erst ein Licht auf, als ich sah, wie Poiret ihn heute Abend anstarrte.“
„Lieber Himmel. Wenn ihm das gelungen wäre, hätte es die Alliierten völlig demoralisiert. Mein Engel, du hast eine Katastrophe verhindert.“
Poiret stöhnte leise auf und rührte sich schwach.
„So wahr mir Gott helfe, ich bin sehr versucht, dem Kerl die gleiche Behandlung zukommen zu lassen, die er für dich vorgesehen hatte.“
„Nein, das Gesetz wird ihn strafen, Anthony.“
Er nickte. „Am besten fessle ich ihn, bevor er zu sich kommt.“
Rasch band er Poiret mit Vorhangkordel Hände und Füße zusammen.
„Er hat eine Pistole in der Tasche“, erinnerte Claudia sich.
Anthony nahm sie ihm ab und durchsuchte ihn nach weiteren Waffen. Dann richtete er sich auf und brachte seinen etwas ramponierten Aufzug in Ordnung, so gut es ging.
„Ich muss Viaud finden und ihm berichten. Kannst du bei Poiret bleiben, bis ich zurückkomme?“
Sie nickte. „Gut.“
„Mein tapferes Mädchen.“ Er küsste sie sanft auf die Wange und reichte ihr die Pistole. „Falls er etwas versuchen sollte, erschieß ihn.“
Als er fort war, ließ sie sich erschöpft in einen Sessel sinken. Sie zitterte immer noch und konnte kaum glauben, dass alles gut gegangen war. Wäre Anthony nicht gewesen, wäre sie jetzt tot. Sie erschauderte.
Poiret stöhnte wieder und öffnete die Augen. Vergeblich versuchte er, sich aufzusetzen, und als er feststellte, dass er an Händen und Füßen gefesselt war, stieß er einen Fluch aus. Claudia sah, wie er den Kopf hob, sich umschaute und schließlich ihrem Blick begegnete.
„Warum haben Sie Madeleine getötet?“, wollte sie wissen.
Einen Moment schien ihr, als würde er nicht antworten, doch dann sagte er: „Sie hatte eben Pech. Zufällig erkannte sie mich auf der Straße. Natürlich durfte ich nicht riskieren, dass sie es jemandem weitersagte.“
Claudia betrachtete ihn voller Abscheu. „Und was sollte die ganze Farce in Paris?“
„Meine Vorgesetzten wollten mich verschwinden lassen, und die einfachste Möglichkeit war, es so aussehen zu lassen, als wäre ich festgenommen worden. Außerdem war es die ideale Gelegenheit, den englischen Agentenring zu zerschlagen.“
„Aber Sie warnten Duval. Warum?“
„Weil es mir größere Glaubwürdigkeit verleihen würde, wenn ich wenigstens einem oder zwei Agenten half, zu fliehen.“
„Warum ich?“
„Ich hatte schon immer eine Schwäche für Sie, Claudine.“
„Haben Sie deswegen gerade versucht, mich zu töten? Zum dritten Mal?“
„Bedauerlicherweise war es unumgänglich. Nichts Persönliches, Sie verstehen.“
„Oh, ich verstehe sehr gut. Alle übrigen waren ebenfalls entbehrlich, nicht wahr?“
„So ist das nun mal in dem Geschäft.“ Er lächelte matt. „Sobald man mich für tot hielt, konnte ich für eine sehr viel wichtigere Mission eingesetzt werden. Und wären Sie heute Abend nicht hier gewesen, hätte ich es geschafft.“
„Sie wären niemals lebendig davongekommen.“
„Vielleicht nicht, aber Wellington wäre ebenfalls nicht mehr am Leben.“
„Aber er lebt noch, und bald wird er Napoleons Hoffnungen ein für alle Mal zerschlagen.“
Poiret grinste. „Das werden wir ja sehen, nicht wahr?“
Wenige Minuten später war Anthony zurück, in Begleitung von Viaud und zwei weiteren Männern, die Claudia nicht kannte. Er zuckte zusammen, als er ihren Zustand sah, ihr zerknittertes Kleid, die zerzausten Locken und die roten Male an ihrem Hals.
„Gütiger Himmel. Geht es Ihnen gut, Mylady?“
Poiret musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. „Warum spricht er Sie mit Mylady an? Wer sind Sie, Claudine?“
„Das braucht Sie nicht zu kümmern“, antwortete sie kalt. „Nichts Persönliches, Sie verstehen.“
Nachdem man Poiret abgeführt hatte, zog Anthony seine Frau wieder in die Arme. „Komm, wir verabschieden uns von unseren Gastgebern, und dann bringe ich dich nach Hause.“
Sie nickte. „Vorher sollte ich mich besser noch einigermaßen anständig herrichten, sonst werden wir wirklich noch zum Stadtgespräch.“
„Ich fürchte, du hast recht“, meinte er lachend und half ihr dabei, den Staub von ihrem Kleid zu klopfen und ihr das Haar wieder so ordentlich wie möglich hochzustecken. An den roten Malen an ihrem Hals ließ sich leider nichts ändern.
„Bereit, der Welt entgegenzutreten, mein Liebes?“, fragte er.
„So bereit ich nur sein kann.“
Gemeinsam verließen sie das Zimmer. Lange bevor sie den Vorraum
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