Historical Weihnachten Band 01: Das Geschenk der heiligen Nacht / Die Winterbraut / Licht der Hoffnung
Ungewöhnliches, dennoch war er gegen Ehen, bei denen einer der Partner noch ein Kind war.
„Kein Jahr später wurde er von einem Wildschwein getötet, und seitdem bin ich Witwe. In all der Zeit verspürte ich nie den Wunsch, noch einmal zu heiraten, und mir war auch nicht nach einer Liebschaft mit einem Mann.“ Während Campion erschrocken hörte, was sie ihm enthüllte, bemerkte er, dass sie sich ihm wieder zugewandt und ihr Kinn wie gewohnt trotzig erhoben hatte. „Also sagt mir nicht, was ich will oder nicht will. Ich bin eine erwachsene Frau. Ich weiß, was ich will.“
Was Joy als Nächstes gesagt oder getan hätte, blieb Campion verborgen, da in diesem Augenblick sein Verwalter den Raum betrat, um irgendein unbedeutendes Detail für das Festmahl zu besprechen. Es schien so, als habe es etwas mit Kerzen zu tun. Mühelos wechselte sie in die ihr zugeteilte Rolle der Burgherrin und ging zu dem Mann. Von ihren leisen Antworten konnte Campion so gut wie nichts verstehen, aber ohnehin war er mit seinen Gedanken woanders.
Als würde sie ebendiese Gedanken empfangen, nickte sie ihm lächelnd zu, dann folgte sie dem Verwalter nach draußen und legte dabei eine Eleganz, ein Selbstbewusstsein und einen Reiz an den Tag, mit denen es niemand aufnehmen konnte.
Campion stand da und schaute ihr nach, wobei er das Gefühl hatte, sein Mund müsse vor Fassungslosigkeit weit offen stehen. Joy begehrte
ihn
? Sie
begehrte
ihn?
Er musste erst einmal tief durchatmen, um jene aufkommende freudige Erregung durch eine angemessenere Reaktion zu ersetzen.
Er wäre nicht schon seit so vielen Jahren ein Earl, würde er zu spontanen Entscheidungen und Unvernunft neigen, ganz gleich, wie verlockend ein solches Verhalten auch sein mochte.
Anders als sein Sohn Stephen ließ sich Campion nicht auf kurze Liebschaften ein, und so sehr er Joy auch bewunderte, konnte er ihr doch nichts anderes bieten.
Tatsache war, dass er nicht beabsichtigte, abermals zu heiraten, und selbst wenn, so wäre Joy für ihn doch viel zu jung. Zu schön. Zu lebendig. Zu stur. Eben
zu sehr Joy.
5. KAPITEL
Nach den Ereignissen in seinem Gemach ging Campion auf sicheren, aber nicht unhöflichen Abstand zu Joy. Sosehr sie auch protestieren mochte, war Joy doch eine starrsinnige junge Frau, von der man nicht das beste Urteilsvermögen erwarten durfte. In diesem Fall war es schlicht so, dass sie nicht klar dachte. Campion hatte genügend Erfahrung darin gesammelt, möglichen Versuchungen aus dem Weg zu gehen, und er wusste gewiss besser als sie, was für sie beide gut war.
Trotzdem konnte er ihre Gesellschaft genießen, und das war auch in seinem Sinne.
Er hatte längst ihre Ernsthaftigkeit und Verbissenheit erkannt. Mit Blick auf den Eislaufunterricht war er entschlossen, ihr beizubringen, wie man das Leben genießen konnte. Erst gestern hatte er sie dazu ermutigen können, sich an den Spielen zu beteiligen, die zu den Weihnachtsfeierlichkeiten gehörten, und seitdem er wusste, dass sie das Schachspielen nicht beherrschte, war es ihm ein Vergnügen, ihr die Regeln heute Abend zu erklären.
Und Joy erwies sich als eine exzellente Schülerin. Schon bei der zweiten Partie entwickelte sie ein bemerkenswertes Geschick darin, die für einen Sieg notwendigen Strategien zu begreifen. Überhaupt ist sie ein faszinierendes Geschöpf, überlegte Campion, als sie sich am Schachtisch vor dem Kamin gegenübersaßen. Sie war ganz auf ihren nächsten Zug konzentriert, die schlanken Finger schwebten über den Spielfiguren – und Campion konnte in diesem Moment nur daran denken, dass sie die schönste Frau war, die er je gesehen hatte.
Er wusste, als schön galten in aller Regel jene Frauen, die lange blonde Zöpfe trugen, doch keine dieser Damen konnte es mit Joy und ihren dunklen Locken aufnehmen.
Die Frau seines Sohnes Dunstan hatte krause braune Locken, aber die von Joy waren so schwarz wie die Nacht, und sie schienen ein Eigenleben zu besitzen, wie sie ihr bis zur Taille fielen.
So zart sie auch wirkte, war sie eine willensstarke und selbstständige Frau, und so unverhohlen sie einerseits ihre Meinung kundtat, umgab sie zugleich eine Aura der Unschuld, die Campion als sehr anziehend empfand. Es kam ihm vor, als sei ihr im Leben viel vorenthalten worden, auch jene Dinge, die sie selbst als leichtsinnig bezeichnete. Hatte sie unter Entbehrungen leiden müssen? Ihrer Kleidung war davon nichts anzumerken, und auch die Anzahl ihrer Begleiter war nicht außergewöhnlich
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