Historical Weihnachten Band 01: Das Geschenk der heiligen Nacht / Die Winterbraut / Licht der Hoffnung
bereits länger. Zwar war der Schnee ein wenig geschmolzen, weil es wärmer geworden war, aber die Wege waren immer noch zum Teil gefroren, zum Teil morastig, und dementsprechend gefährlich war es zu reisen. Ob es Joy gut ging?
Mit einem Mal traf ihn die Erkenntnis erneut wie ein Schlag in die Magengrube.
Joy war fort.
All sein Reichtum und seine Macht konnten daran nichts ändern. Sie war eine erwachsene Frau, die nichts mit Campion Castle verband. Als Gast stand es ihr frei, abzureisen, wenn sie es wollte, und er musste sich mit dieser Entscheidung abfinden. Aber sie war wie eine Naturgewalt in sein Leben getreten, sie hatte seine sichere, ruhige Existenz durcheinandergewirbelt, bis er sich so gut fühlte, dass er die Hände ausstrecken und das Leben beim Schopf packen wollte – um nicht wieder loszulassen.
Campion hatte überlegt, sie zur Vernunft zu bringen und sie dazu zu überreden, ihn zu ihrem Ehemann zu nehmen. Aber Weisheit und Vernunft hatten ihn auch dazu veranlasst, ihr Ansinnen von sich zu weisen. Nichts von beidem war für ihn von Nutzen, und das galt auch für all seine Schwüre, eine Dame in Not zu ehren und zu beschützen. Er durchschaute, was sie eigentlich waren: praktische Ausreden, um zu bekommen, was er haben wollte, ohne dabei Schuld zu empfinden.
Um
Joy
zu bekommen. Doch sie war jetzt gegangen, und Campion sah nur zu deutlich, welcher Fehler ihm unterlaufen war: Er hatte einzig und allein auf seinen Verstand gehört, obwohl er auf etwas anderes hätte hören müssen – auf sein Herz, das protestierend in seiner Brust schlug, auf das Verlangen, das Joy in ihm entfacht und zum Glühen gebracht hatte. Joy war das Feuer in seinem Blut gewesen, das jetzt wieder kalt durch seine Adern strömte, während er sich nach ihr verzehrte. Wie lange ist es wohl her, dass sie die Burg verlassen hat?, fragte er sich und drehte sich abrupt herum.
Reynold bemerkte seinen aufgeregten Blick und sagte stockend: „Vielleicht wollte sie um ihrer selbst willen geehelicht werden, nicht aber aus anderen Gründen.“ Sein Blick ließ Campion innehalten. Reynold verabscheute romantische Liebe, und doch schwang in seinen Worten eine Sehnsucht mit, jemand möge über seine Behinderung hinwegsehen, die in seiner Vorstellung die Ausmaße eines unüberwindlichen Hindernisses besaß.
Campion seinerseits hätte seine Vorstellung von sich selbst überwinden müssen, in der er sich als zu würdevoll und zu mächtig sah, als dass er dem Charme einer hübschen jungen Frau erliegen könnte. Zum Teufel mit der Würde! Es wurde Zeit, sich einzugestehen, dass ihn auf eine schockierend einfache Weise nach Joy gelüstete – dass er sie nicht nur bewunderte, sondern mit einer erschreckenden Inbrunst liebte, wie es ihm nie zuvor widerfahren war.
Doch er hatte sie abgewiesen. Würde sie ihm noch glauben, wenn er ihr jetzt seine Gefühle gestand? Er verdrängte jeden Zweifel und verließ sich auf die Entschlossenheit seines Herzens. Die Zeit zum Handeln war gekommen. Er schritt zur Tür und verlangte nach seinem Schwert und seinem Ross.
„Wohin gehst du?“, fragte Reynold hinter ihm.
„Ich folge ihr!“, rief er ihm über die Schulter zu. Und ich werde mit ihr zurückkehren, dachte er und begann zu lächeln. Es war schon lange her, seit das Leben ihn herausgefordert hatte, und er musste feststellen, dass er den Fehdehandschuh mit Genuss aufhob.
Denn er tat es für Joy. Campion riss die Tür zum großen Saal mit einer unerschütterlichen Entschlossenheit auf, der nicht einmal die Frau etwas entgegenzusetzen hatte, die sich in seinen Armen wand. Er hatte sie eingeholt, noch bevor sie sein Land verlassen konnte, und ohne sich die Mühe zu machen, erst mit ihr zu diskutieren, hatte er sie aus dem Sattel gehoben und zu sich auf sein Pferd gesetzt. Als sie den Zugang zum Saal erreichten, sträubte sie sich weiterzugehen, woraufhin er sie einfach über seine Schulter legte.
„Campion! Habt Ihr den Verstand verloren?“, schrie sie, während sie kopfüber auf seiner breiten Schulter hing, doch er ignorierte ihren Protest und nahm mit einem amüsierten Brummen zur Kenntnis, wie sie mit ihren zierlichen Fäusten auf seinen Rücken trommelte.
Seit Jahren hatte er sich nicht mehr so lebendig gefühlt, und er nahm kaum Notiz von den Jubelrufen seiner Diener, die sich über Joys Rückkehr freuen mochten oder aber auf den ersten Besucher des neuen Jahres als einem Vorboten für viel Glück warteten.
Campion benötigte kein solches
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