Historical Weihnachten Band 01: Das Geschenk der heiligen Nacht / Die Winterbraut / Licht der Hoffnung
Worten ihre eigentlich abfällige Bedeutung.
Sie beschloss, die Wahrheit zu sagen. „Ich habe mich gefragt, ob Ihr zulassen würdet, von mir bestraft zu werden, wenn Ihr etwas Dummes oder Verkehrtes macht.“
„Nein.“
„Wieso nicht?“
„Wieso sollte ich?“
„Körperliche Stärke“, beklagte sie sich mit einem lauten Schnauben, „ist eine höchst ungerechte Sache.“
„Die Frau wurde auf die Erde geschickt, um dem Mann untertan zu sein, und der Mann erhielt die körperliche Stärke, damit das auch so bleibt.“
„So, so“, überlegte sie mit bewusster Niedertracht. „Wenn Ihr also durch eine Verletzung geschwächt seid …“
„Dann werde ich mich von Euch fernzuhalten wissen! Ich habe verstanden, Lady Joan“, sagte er. „Und ich werde Euch eine weitere Abmachung vorschlagen. Sollte ich während unseres kurzen Abenteuers der Versuchung erliegen und Euch abermals schlagen, dann dürft Ihr im gleichen Maß Vergeltung üben.“ Ehe sie eine Ausflucht vorbringen konnte, fügte er rasch hinzu: „Und Ihr dürft den Unterschied in Kraft und Größe mit einem Werkzeug Eurer Wahl wettmachen – mit einem Stock, einem Stein oder was auch immer.“
„Auch mit Eurem Schwert?“, fragte sie und betrachtete die prachtvolle Waffe, die neben seinem Kettenhemd in ihrer Scheide dalag.
„Wenn Ihr es für einen gerechten Ausgleich haltet.“
Daraufhin verzog sie das Gesicht. „Was? Ich soll gerecht sein? Das macht doch das ganze Vergnügen zunichte.“
Sein Lachen kam von Herzen, obwohl sie sich mit ihren Problemen auf einem gefährlichen Terrain bewegten.
Etwas tief in ihr regte sich. Er war der erste Mann, mit dem sie reden konnte, ohne jedes Wort zuvor auf die Goldwaage legen zu müssen, ein Mann, der auf seine eigene Art in der Lage zu sein schien, ihr direktes Gebaren zu akzeptieren, und der im gleichen Maß austeilte, wie er von ihr einstecken musste.
Zu schade, dass es nur ein „kurzes Abenteuer“ sein würde. Aber genug davon. Sie konzentrierte sich wieder voll und ganz auf die Pläne. „Wenn Ihr mich gegen Euren Bruder tauscht, dann wird sich nichts geändert haben.“
„Richtig. Es wird allenfalls noch schlimmer werden. Ich werde Lady Nicolette so oder so in Sicherheit bringen, weil sich Gerald sonst wieder Hals über Kopf in Gefahr begeben wird. Dann gibt es keine Hoffnung mehr auf Frieden.“ Seufzend ließ er sich gegen die Wand sinken. „Die Ironie dabei ist, dass sich Lord Henry schon ein wenig auf mich zubewegt hat. Fast ein Jahr lang hatte ich mit ihm verhandelt und nur mäßige Erfolge erzielt, doch in der letzten Zeit zeigte er sich für meine Vorschläge viel offener. Erst vor wenigen Wochen ereigneten sich zwei Dinge gleichzeitig: Gerald gestand mir seine Dummheit sowie die Tatsache, dass Lady Nicolette von ihm ein Kind erwartete, und Lord Henry machte mir ein Friedensangebot, das durch eine Hochzeit besiegelt werden sollte. Die Frage nach dem Banner sollte später geklärt werden. Es kam einer nahezu bedingungslosen Kapitulation gleich.“
„Nicolette und Gerald? Aber dann …“
„Nein, natürlich nicht“, unterbrach er sie. „Nicolette und ich.“
„Oh.“ Ihr war klar, was für eine Katastrophe das gewesen sein musste, doch vor allem versuchte sie die Vorstellung zu verarbeiten, dass Lord Henry bemüht war, in dem Streit einzulenken. Er konnte nicht gewusst haben, welchen de Graves Nicolette liebte, also war er von der wahrscheinlichsten Möglichkeit ausgegangen und versuchte, Lord Edmund für seine Tochter zu gewinnen.
„Hätte ich nicht von Geralds Liebschaft gewusst, wäre ich auf das Angebot eingegangen. So aber konnte ich ihm nur vorschlagen, Nicolette solle doch meinen Bruder heiraten, was Lord Henry völlig zu Recht als Beleidigung empfand. Wäre genug Zeit gewesen, das alles vernünftig zu planen“, fügte er gereizt an, „dann hätte ich erneut geheiratet, um nicht verfügbar zu sein.“
„Ihr wart schon einmal verheiratet?“ Wie albern von ihr, dass ihr diese Erkenntnis einen Stich versetzte.
Er reagierte mit einem merkwürdigen Blick. „Ich bin fünfundzwanzig Jahre alt und seit meinem zehnten Lebensjahr dazu bestimmt, der Lord of Mountgrave zu sein.
Natürlich war ich schon einmal verheiratet. Die Ehe wurde verabredet, als ich zehn war. Es war eine hervorragende Verbindung, doch vor zwei Jahren starb meine Frau an der Ruhr.“
„Das tut mir leid.“
Er zuckte mit den Schultern. „Seit ich sechzehn bin, habe ich mich mit Kriegführung und
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