HISTORICAL WEIHNACHTEN Band 02
deren Verlangen nur noch von dem Mann gestillt wurde, der sie gekauft hatte, und die keinen anderen mehr ansah.
Ja! Natürlich, das war es! Lüsternheit war genau das Richtige. Kein vernünftiger Mann wollte eine unzüchtige Frau. Nun, wenn Ian erst einmal merkte, wie locker ihre Moral angeblich war, würde er sich so schnell davonmachen, dass er am Ende wahrscheinlich sein Pferd noch lahm ritt.
Und ein Ritter wie Ian würde ihrem Cousin sicher nie erzählen, warum er aufgehört hatte, um sie zu werben. Da die Männer so gute Freunde waren, würde Ian Alans Verwandte nicht beleidigen wollen, ganz gleich, was sie sagte oder tat. Er würde sich einfach irgendeine andere Entschuldigung einfallen lassen, warum er sie nicht länger umwarb und in aller Eile aufbrechen. Brillant!
Sie beglückwünschte sich zu ihrer fehlerfreien Beweisführung und verdrängte die Furcht, wie sie wohl empfinden mochte, wenn alles vorüber war.
Ian Gray würde sie für eine Schlampe halten und für immer gering achten. Aber es war zu seinem wie auch zu ihrem Besten. Sie würde es nie ertragen können, gekauft zu werden, wie man eine Herde Vieh kauft. Und heiraten ohne Mitgift würde auf das Gleiche hinauslaufen.
Außerdem würde kein Mann, den sie kannte, mit einer so unabhängigen Frau wie ihr zufrieden sein. Seit Jahren traf sie ihre eigenen Entscheidungen, Entscheidungen, welche das Leben anderer auf dem Besitz ihres Onkels beeinflussten. Sie hatte sich nie dem Willen eines Mannes gebeugt, noch würde sie jetzt damit anfangen, selbst wenn sie eine Mitgift besessen hätte. Ian Gray wäre mit einer anderen viel besser dran, und sie wäre zufrieden mit gar keinem.
Nur, wie sollte sie es anfangen, ihn zu überzeugen?
Ian wunderte sich über die unterschiedlichen Gefühle, die sich auf Julianas Gesicht widerspiegelten. Da war Enttäuschung, dann Ärger, und jetzt erschien so etwas wie Selbstzufriedenheit und Vertrauen. Wenn er sie erst einmal besser kannte, würde sie leicht genug zu ergründen sein. Er hoffte nur, dass ihre augenblickliche Zufriedenheit ihm galt und dem, was er mit ihnen beiden vorhatte.
Um es herauszufinden, beugte er sich zu ihr hinüber und strich zart mit den Lippen über ihre Wange.
Zu seiner großen Überraschung wandte Juliana ihm rasch das Gesicht zu, sodass sein federleichter Kuss ihre Lippen traf. Bevor er darauf reagieren konnte, legte sie die Arme um ihn und öffnete die Lippen.
Ian dachte nicht daran, eine solche Einladung zurückzuweisen. Rasch wurde sein Kuss leidenschaftlicher, und er zog Juliana eng an sich. Ihre Brüste drückten sich gegen seine Tunika.
Er drückte sie an sich und küsste sie, so gut er es vermochte. Als das Verlangen seines Körpers zu drängend wurde, um es noch leugnen zu können, und er spürte, dass seine Vernunft zu unterliegen drohte, rückte er von Juliana ab.
„Meiner Treu“, keuchte er völlig atemlos und unfähig, etwas anderes zu sagen. Nachdenklich sah er ihr in die Augen und fragte sich, was wohl diesen Ausbruch hervorgerufen hatte.
Er konnte sich nicht erinnern, sie durch irgendetwas so erregt zu haben. Doch selbst im schwachen Licht der Dämmerung konnte er das Verlangen in ihren Augen erkennen. Ihr Mund war noch leicht geöffnet, als erwartete sie einen weiteren Kuss. Da Ian kein Mann war, der eine Dame enttäuschte, kam er ihrem Wunsch nach. Doch er bezwang die Leidenschaft, die wieder in ihm aufloderte wie ein brennender Haufen ölgetränkten Wergs.
Julianas kleine Hände schoben sich unter seinen Mantel, streichelten seinen Rücken und seine Schultern und ließen jeden Muskel seines Körpers vor Erwartung zittern. Er konnte sie doch nicht hier auf der Bank nehmen! Oder vielleicht doch?
Natürlich nicht, dachte er und schalt sich im Stillen, weil er so etwas bei Alans Cousine, der Frau, die er heiraten wollte, auch nur in Betracht gezogen hatte.
Also beendete er den Kuss und schob Juliana sanft von sich. Sie ließ einen kleinen enttäuschten Laut hören, der beinahe seinen Vorsatz ins Wanken gebracht hätte.
„Nicht hier“, flüsterte er. „Willst du in meine Kammer kommen, Liebste? Oder soll ich in deine kommen?“
Mit einem Kopfschütteln schien Juliana wieder ihre Selbstbeherrschung zu finden. Ihr zitterndes Lachen sagte alles. Die Gefühle waren einen Augenblick lang mit ihr durchgegangen, genau wie bei ihm. Oh, er liebte es, dass sie ihn genauso begehrte wie er sie. Ihn so sehr wollte, dass sie alle Vorsicht vergaß und seine Annäherungsversuche
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