Historical Weihnachtsband 2010
erwiderte sie und schnappte nach Luft. „Es war eines meiner Brautgeschenke.“
Er hob den Kopf. Seine Augen funkelten.
„Mein Schatz, ich behaupte ja nicht, so weise zu sein wie die Könige, die die Geschenke nach Bethlehem brachten. Aber ganz ohne es zu wissen, wählte ich den richtigen Duft für dich aus. Weihrauch und Jasmin. So exotisch. So selten und …“, er sah auf sie herunter, „… so kostbar.“
Margaret schickte rasch ein kleines Stoßgebet zum Himmel, das Öl möge für die Reise ausreichen. Mit einem glücklichen Seufzer, wie sie ihn sich noch vor einer Woche, ja sogar noch gestern nicht hätte vorstellen können, zog sie Kits Kopf zu sich herunter, um ihn zu küssen.
Sie konnte nicht wissen, dass ihr zartes, flüchtiges Glück schon am nächsten Nachmittag zerbrechen würde.
5. KAPITEL
Margaret stand am Heck. Die Kälte hatte ihre Wangen rosa gefärbt. Mit leuchtenden Augen lachte sie über Xanthos’ Späße. Weil er es höchstpersönlich übernehmen wollte, ihr und Violet die hohe Kunst der Seefahrt zu erklären, hatte der Grieche mit dem Lockenkopf die letzte halbe Stunde damit verbracht, die überragenden Eigenschaften der Gull in den Himmel zu heben.
„Aber Mistress Violet, das müsst Ihr doch sehen! Ja, Ihr müsst es einfach sehen. Die Gull hat die Grazie einer Dame und das Herz einer unverschämten, dreisten Dirne. Welcher Mann würde sich nicht glücklich schätzen, sein Leben an Bord eines solchen Schiffes zu verbringen?“
Violet murmelte „Unsinn!“ und „Dummes Zeug!“, weil er sichtlich vernarrt in eine Galeone war, und suchte Zuflucht im Zitieren ihres geliebten Huthburt. Margaret, die insgeheim aufstöhnte, wandte ihre Aufmerksamkeit den beiden Männern zu, die einige Yards entfernt von ihnen standen. Einer, ein kleinerer Seemann, dessen Haut von Wind und Wetter gegerbt war, blinzelte durch ein Gerät, das Xanthos als Astrolabium, als einen Winkelmesser bezeichnete. Der andere Mann … nun, der andere Mann brachte ihr Herz dazu, einen Sprung zu tun.
Beim Himmel, er war wirklich ein Mann, der das Herz einer jeden Frau zum Rasen bringen konnte. Die schwache Wintersonne zauberte einen Hauch von Gold in sein windzerzaustes Haar. Selbst auf dem beißend kalten Atlantik lehnte er es ab, einen Hut zu tragen. Den feinen Samt hatte er gegen eine Weste aus wattiertem Leder eingetauscht, die mit feiner Wolle gefüttert war. Wieder einmal war Margaret überrascht, wie stark seine Ausstrahlung war. Ohne sich dessen bewusst zu sein, war er der geborene Anführer. Zu ihrer Überraschung erwachte bei dem Gedanken ein stechendes Gefühl in ihr, das doch sehr der Eifersucht ähnelte.
Das Meer war sein Leben. Und das Schiff war der einzige Grund gewesen, warum er sie geheiratet hatte. Im Austausch für seinen Namen und das Versprechen, sich an die strikten Vereinbarungen zu halten, die ihr Vater in ihrem Heiratskontrakt schriftlich festgehalten hatte, hatte Kit Walsh eine kränkliche, kleine Ehefrau und ein starkes, sicheres Schiff gewonnen.
War es erst gestern gewesen, dass sie auf den Klippen hinter Oak Manor stand und dem Kanonendonner lauschte? Erst vor wenigen Stunden hatte sie erleichtert aufgeseufzt, weil sie fälschlicherweise glaubte, ihr Gemahl hätte Plymouth verlassen und wäre für wer weiß wie viele Wochen oder Monate oder Jahre davongesegelt.
Wie ein Hund an einem Knochen nagte jetzt die Erkenntnis an ihr, dass sie ihn und das Schiff, das er so liebte, in Gefahr gebracht hatte. Aber Elizabeth würde sicher nicht Kit für Margarets überstürzte Handlung bestrafen. Bestimmt würde der Zorn der Königin, wenn sie denn überhaupt welchen verspürte, verraucht sein, bis sie …
„Schiff ahoi!“
Der schwache Schrei kam von ganz oben. Margaret hielt die Hand über die Augen, um sie vor der dunstigen Mittagssonne zu schützen, und legte den Kopf in den Nacken. Blinzelnd schaute sie zu der Gestalt empor, die sich mit einer Hand an einem Tau festhielt und mit der anderen wild Zeichen gab.
„Hart achtern!“
Sie hatte kaum Zeit, die Worte zu begreifen, als auch schon alle an Bord der Gull in rege Betriebsamkeit verfielen. Kit wirbelte herum, rief nach John Smallwood, der ihm sofort sein Fernrohr bringen sollte, und eilte zur Reling.
Ohne ihnen auch nur noch einen Blick zu schenken, ließ Xanthos die beiden Frauen stehen. Er rannte zur Reling und versprach brüllend, dem, der als Erster die Farben des fremden Seglers erkannte, eine Extraration Rum zu spendieren. Die
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