Historical Weihnachtsband 2010
würde.
Ungefähr zwei Wochen nach dem schicksalhaften Treffen mit der Königin wurden Margarets Gebete erhört.
Das Rasseln des Schlüssels im Schloss weckte sie aus einem unruhigen Schlummer. Erschrocken und vor Furcht bebend fuhr sie hoch und setzte sich im Bett auf. Die Bettdecke an die Brust gepresst starrte sie mit großen, ängstlichen Augen zur Tür.
Die schwere Eichentür flog auf und donnerte krachend gegen die Mauer. Einen Augenblick später duckte sich ihr Gatte unter der niedrigen Tür hindurch. Im Licht der flackernden Fackel, die der Wachhabende trug, der ihn begleitete, ragte er so riesengroß und wunderbar vor ihr auf, dass Margaret vor Freude am liebsten laut aufgeschrien hätte. Doch sie brachte keinen Ton heraus, weil ein dicker Kloß in ihrem Hals steckte.
Kit stürmte in den Raum und entdeckte sie sofort. Der wilde Ausdruck in seinem Gesicht machte einer solchen Zärtlichkeit Platz, dass Margaret vor Freude und Erleichterung beinahe geweint hätte.
„Aber, aber, meine liebe Gemahlin. Immer finde ich dich im Bett.“
„Das …“, sie rang nach Atem. „Das stimmt.“
Die zärtliche Miene verschwand, und er machte ein finsteres Gesicht. „Und ich denke, ich werde dafür sorgen, dass du da auch bleibst. Im Bett nämlich. Und wenn nötig, binde ich dich an, damit du nicht wieder solche närrischen Risiken eingehst.“
Bevor Margaret sich noch eine Antwort überlegen konnte, schritt er durch den Raum auf sie zu und hob sie hoch. „Komm, Mistress Violet wartet draußen. Du gehst jetzt nach Hause.“
Während er Bettdecken und grobe Leintücher achtlos hinter sich herzog, trug er sie an der Wache vorbei, die mit ausdrucksloser Miene dastand.
„Bin ich frei?“, keuchte Margaret. „Wirklich frei?“
„Nein, bist du nicht.“ Ohne innezuhalten, blickte er auf sie hinunter. „Du hast dich selbst an mich gebunden, für jetzt und immer. Und das habe ich der Königin auch gesagt.“
Kalte Luft füllte schmerzhaft Margarets Lungen. „Du hast mit der Königin gesprochen?“
„Ja, früh am Abend. Es brauchte einige Zeit, sie davon zu überzeugen, ihr Siegel auf die Dokumente zu setzen, die deine Verdienste für die Krone anerkennen und deine Freilassung befehlen.“
„Meine Dienste? Was habe ich getan, außer durch mein ungebührliches Verhalten Schande über dich zu bringen und die Aufmerksamkeit der Königin auf mich zu ziehen?“
„Und indem du das tatest, du kleines Frauenzimmer, hast du sie überzeugt, mir zwei Schiffe zu Hilfe zu schicken.“ Er hob sie etwas höher in seine Arme und wandte sich seitwärts, um eine Wendeltreppe hinabzusteigen, die zum Außenhof führte. „Wenn nicht geschehen wäre, was geschehen ist, dann hätte ich deinen mangelnden Glauben in mein Urteil und meine Seemannskunst als Beleidigung aufgefasst.“
„Was … was ist denn geschehen?“
Seine Lippen verzogen sich zu einem sarkastischen Grinsen. „Genau an dem Morgen, an dem Elizabeths Schiffe die Gull begrüßten, sichteten wir fünf weitere neu gebaute spanische Galeonen. Wie die Santa Maria waren sie während ihrer Jungfernfahrt nach Norden gepustet worden. Wir nahmen sie alle.“
„Eine jede?“
„Eine jede!“
Dann küsste er sie, so wie Margaret es sich ersehnt hatte seit dem Augenblick, in dem er in das Gemach gestürzt war. Als er den Kopf hob, setzte der Hunger in seinen Augen sie in Flammen.
„Verdammt will ich sein, wenn mich dein Duft nicht sogar bis in meine Träume verfolgte.“
„Nur mein Duft?“, fragte sie atemlos.
„Das genügte, Mädchen. Und wenn ich lebe, bis ich hundert bin, jedes Mal, wenn ich einen Hauch von Weihrauch in die Nase bekomme, sehe ich dich vor mir, mit großen Augen und nackt.“
In diesem Moment schwor sich Margaret, dafür Sorge zu tragen, dass das kleine venezianische Fläschchen immer bis zum Rand gefüllt war mit Öl aus Arabien.
Immer noch lachend erreichte Kit das Ende der Treppe und durchschritt ein gewölbeähnliches Portal. Draußen stand ein Leibgardist in seiner rot gestreiften Uniform, der offensichtlich auf den Kapitän wartete. Er stieß die schwere Tür zum Außenhof auf und tippte mit den Fingern an seinen Hut.
Kit eilte hinaus, und Margaret weinte fast vor Freude, als sie jetzt mehr als nur einen schmalen Streifen Sterne sah. Einer davon zog besonders ihren Blick auf sich.
„Schau nur!“ Sie befreite ihren Arm von den Betttüchern, in die sie eingewickelt war, und deutete zu dem strahlend hell glühenden Punkt, der tief am
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