Historical Weihnachtsband Band 4
Schulter. Plötzlich wurde ihr alles klar. „Ich hätte Vater eigentlich zu der Versteigerung begleiten sollen.“
„Was? Und warum hast du es nicht getan?“
„Weil ich es nur bis zur Paddington Station schaffte. Es war kurz vor Weihnachten und der Bahnsteig überfüllt. Es herrschte großes Gedränge, bei dem jemand gegen mich stieß. Zwar nur ein kleiner Schubs, aber er genügte. Ich verlor das Gleichgewicht auf einer vereisten Stelle und fiel. Mein Knöchel war nicht nur verstaucht, sondern böse gebrochen. Also musste ich natürlich zu Hause bleiben.“
Sie sahen sich einen Moment lang in die Augen. Tobias sprach als Erster. „Wir wären uns sonst vor fünf Jahren auf der Versteigerung begegnet!“
„So sieht es aus.“ Ihr schauderte bei dem Gedanken, wie leicht es gewesen wäre, ihm auch dieses Mal nicht zu begegnen.
Ihr Traum von einer einsamen, traurigen Zukunft ergab auf einmal Sinn. Was, wenn die himmlischen Mächte durch Fern alles getan hätten, um ihr und Tobias eine zweite Gelegenheit zu geben, sich ineinander zu verlieben?
„Übrigens, ich möchte dir den Aristoteles geben, Tobias.“
„Danke. Ich hoffe, du denkst nicht ...“
„Natürlich nicht“, unterbrach sie ihn. „Was immer zwischen uns geschieht, das Buch gehört dir.“
Vor ihrem Haus begann plötzlich ein Chor, bestehend aus drei Frauenstimmen, ein jubelndes „Halleluja“ zu singen. Fiona runzelte verwundert die Stirn. Kein Mensch, der noch bei Verstand war, würde sich um diese späte Stunde und bei diesem Wetter auf die Straße wagen – wenn es sich bei den Sängern überhaupt um Menschen handelte. Vielleicht waren es Engel? Glücklich schloss sie die Augen, schmiegte sich enger an Tobias und schlief im nächsten Moment schon tief und fest.
7. KAPITEL
25. Dezember, ErsterWeihnachtstag
„Raus aus den Federn, Schlafmütze.“
Tobias öffnete vorsichtig ein Auge und entdeckte Fiona dicht über sich. Ihr schönes Haar fiel offen herab und kitzelte ihn an der Brust. Da er es gewohnt war, bis zur Dämmerung zu schlafen, war Fionas strahlender Anblick etwas, das ihn vielleicht sogar dazu bringen könnte, sich auf den Morgen zu freuen.
„Guten Morgen.“ Er streckte die Arme aus, um sie zu sich herunterzuziehen.
Fiona gab ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen, löste sich dann aber von ihm und eilte durch den Raum und zum Fenster. „Ich glaube, es hat tatsächlich endlich aufgehört zu schneien, aber lass uns sehen, ob es wirklich so ist.“
„Nicht, Fiona!“
Summend ging sie weiter und schien ihn nicht gehört zu haben. Sie zog eine Seite der Vorhänge auf und ließ das Licht ein. „Wollen wir uns ankleiden und ein wenig im Schnee spazieren gehen? Vielleicht können wir eine Schneefrau bauen, die dem Schneemann Gesellschaft leisten kann. Er sieht so einsam aus da draußen.“
Tobias schirmte sein Gesicht vor dem Licht ab. Es war ihm, als hätte jemand ihm Säure in die Augen geschüttet. „Fiona!“
Dieses Mal wandte sie sich zu ihm um. „Tobias?“
„Die Vorhänge, Fiona! Um Himmels ...“
„Oh nein!“ Sie wirbelte herum und zog die Vorhänge hastig zu.
Wieder im Schatten, nahm Tobias die Hände vom Gesicht. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn und lief ihm über die Wangen. Es kamen keine Tränen, aber noch nie war ihm so sehr zum Weinen zumute gewesen. Er hörte sie ans Bett laufen. Die Matratze gab unter ihrem Gewicht nach, und gleich darauf legte sie ihre weichen Arme sanft um ihn.
Sie lehnte seinen Kopf an ihre Brust und strich ihm behutsam den Schweiß von den Wangen. „Verzeih mir, Tobias. Ich habe nicht überlegt, ich hatte es ...“
„Vergessen“, fuhr er für sie fort und wünschte, er könnte es genauso leicht vergessen wie sie. „Es ist nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest, Fiona. Warum solltest du eine Krankheit in Erinnerung behalten, die du nicht zu ertragen brauchst?“
„Aber du musst sie ertragen“, sagte sie ernst, „und somit auch ich. Von jetzt an werde ich die größte Vorsicht und Zurückhaltung walten lassen.“
Bedrückt schüttelte Tobias den Kopf. Er wollte nicht, dass Fiona vorsichtig oder, Gott bewahre, auch nur einen weiteren Tag ihres Lebens zurückhaltend sein musste. Sie sollte ihre Flügel ausbreiten und in die höchsten Höhen emporfliegen, ohne Sorgen, voller Verspieltheit und sogar Albernheit, wann immer sie es wünschte. Vor allem anderen wünschte er sich, dass sie glücklich war und frei – etwas, das ihm auf immer versagt bleiben
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