Historical Weihnachtsband Band 4
sprach sie dabei ruhig auf Grace ein. Das Eis unter ihr knirschte, brach aber nicht. Als er endlich Evan heranlaufen hörte, kam er ihm hastig entgegen, entriss seinem atemlosen Bruder das Seil und jagte zurück an den Rand des Teichs.
Angestrengt rief er sich alles in Erinnerung, was er bei der Navy gelernt hatte, rollte das Seil zusammen, zielte genau und warf. Das Seil flog durch die Luft und landete genau neben Addie, die es schnell packte und an das Ende des Seils band, an das Grace sich klammerte. Sobald Addie ihm zurief: „Es ist fest!“, zogen er und Evan am Seil und hievten Grace langsam aus dem Wasser. Noch immer auf dem Bauch liegend, rutschte Addie weiter zur Seite, um das Eis weniger zu belasten und ihrer Schwester Platz zu machen. Kaum befand Grace sich auf festem Boden, löste Sebastian das Seil von ihrem zitternden, tropfnassen Leib.
„Bring sie schnell zum Haus zurück“, wies er Evan knapp an, während er schon das Seil zusammenrollte. „Ich kümmere mich um Addie.“
Grace war sehr blass geworden, ihre Lippen waren blau angelaufen. Ohne zu zögern, hob Evan sie auf die Arme und lief mit ihr zum Haus. Sebastian warf Addie das Seil zu, und wieder traf er genau. Addie hielt sich fest, und er zog sie in Sicherheit. Dann riss er sie in seine Arme und drückte sie an sein wild klopfendes Herz.
„Grace?“, flüsterte sie, ihre Stimme gedämpft durch seinen dicken Wollmantel.
„Ihr geht es gut. Und du ...“ Es schnürte ihm die Kehle zu, und einen Moment brachte er kein Wort heraus. „Mein Gott, Addie.“ Seine Stimme klang rau. Er beugte sich leicht zurück, um ihr Gesicht zwischen beide Hände zu nehmen und es betrachten zu können. Ein eisiger Schrecken durchfuhr ihn beim Anblick ihrer geisterhaften Blässe.
Sie sah ihn an, als würde sie ihn nicht erkennen. „Sag mir, dass es dir gut geht“, befahl er mit immer noch heiserer Stimme. „Zum Teufel, sag mir, dass du dich nicht verletzt hast.“
„Nicht verletzt“, brachte sie kaum hörbar hervor. „Nur erschreckt.“ Ihre Zähne schlugen klappernd aufeinander. „Und mir ist kalt. Aber bestimmt nicht so kalt wie Grace.“
Nicht verletzt . Die schönsten Wörter, die er je gehört hatte. „Wir bekommen dich im Handumdrehen wieder warm. Halte durch.“ Er hob sie auf die Arme und kehrte mit ihr zum Haus zurück, während er sie so fest wie möglich an sich drückte, um sie zu wärmen. Sie schmiegte das eiskalte Gesicht an seinen Hals, und Sebastian glaubte, das Herz müsse ihm stehen bleiben.
„Geht es dir denn gut?“, fragte sie leise.
„Mir geht es vorzüglich.“ Eine größere Lüge war ihm in seinem ganzen Leben nicht über die Lippen gekommen, da genau das Gegenteil stimmte. Noch nie hatte er solche Angst ausgestanden, noch nie hatte er sich so hilflos gefühlt. „Wenn man von den zehn Jahren absieht, die mich eure kleine Eskapade eben gekostet hat.“
„Ich glaube, mich hat sie zwanzig gekostet“, meinte sie mit zitternder Stimme. „Ich habe sie fallen sehen. Einen Moment lächelte sie noch und winkte mir zu und im nächsten erschien diese seltsame rosafarbene Wolke über ihr und gleich darauf ging Grace unter. Als das Wasser sie schluckte ...“ Sie erschauderte heftig. Sebastian presste sie beruhigend an sich und beschleunigte seine Schritte. „Zuerst konnte ich mich nicht rühren, nicht einmal atmen. Dann erschien ihr Kopf und wieder dieser komische rosa Staub um sie herum.“
„Den Staub habe ich auch gesehen. Es muss die Reflektion der Sonne auf dem Eis gewesen sein.“
„Wahrscheinlich. Grace schaffte es irgendwie, sich halb aus dem Wasser zu ziehen.
Es war fast ... wie Zauberei, dass sie das schaffte, und noch dazu so schnell. Als hätte ihr eine unsichtbare Hand geholfen. Ich griff nach dem Rettungsseil und erkannte sofort, dass es nicht lang genug war. Also rief ich um Hilfe und folgte Grace. Und dann kamst du.“
„Ich ... wir haben euch gehört.“
„Das wusste ich. Ich wusste, du und Evan wolltet zu den Ställen gehen.“ Ihre Unterlippe begann zu beben. „Du hast uns gerettet. Ich hätte sie niemals allein herausziehen können, vor allem nicht auf dem Bauch liegend.“
„Du warst die Mutige, Addie. Du hast das Seil zu Grace gebracht. Ich habe nur gezogen.“ Er drückte sie wieder an sich. „Du bist das mutigste Mädchen, das ich kenne.“
Sie schnaubte geringschätzig. „Ich war vollkommen außer mir vor Angst.“
„Mut bedeutet auch nicht, dass man keine Angst hat, sondern dass man
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