Hochzeit Auf Griechisch
einiges zu erklären. Zoe würde ihre ganze Selbstbeherrschung benötigen, um ihm nicht an die Gurgel zu gehen, sondern Ryan mit seinem Onkel fertig werden zu lassen.
Sie betraten das Baldwin’s durch die Tiefgarage und nahmen den Fahrstuhl in den obersten Stock. Da sie Sam noch nicht zu dem versprochenen Einkaufsbummel mitgenommen hatten, war dies Zoes erster Besuch in einem der Kaufhäuser. Das hochwertige Angebot beeindruckte sie.
Sie gingen zu einem der Privatfahrstühle, die in die Büroetage führten. Dort bat Ryan die Empfangsdame, seinen Onkel sehen zu dürfen. Er erhielt sofort Zugang, und Zoe folgte ihm durch einen langen Flur zu einem Eckbüro. Ryan klopfte kurz und ging hinein.
Da Russ’ Sekretärin sie angemeldet hatte, war Russ auf sie vorbereitet. „Nun, das ist eine nette Überraschung.“ Sein Blick wanderte von seinem Neffen zu Zoe. „Welchem Umstand verdanke ich das Vergnügen?“
Zoe hielt sich zurück.
Ryan schloss die Tür hinter sich. „Es ist Zeit, dass wir miteinander reden.“
Sie hörte die Anspannung in seiner Stimme und hätte ihn am liebsten getröstet. Doch sie konnte nur dastehen und zuhören.
„Ich habe immer Zeit für dich, aber wir reden doch dauernd. Warum also dieser Besuch in meinem Büro?“ Russ blickte von der geschlossenen Tür in das ernste Gesicht seines Neffen und wurde plötzlich misstrauisch. Nervös hantierte er mit den Papieren auf dem Schreibtisch.
Als Ryan nicht gleich antwortete, deutete Onkel Russ auf die Stühle vor dem Schreibtisch. „Wollen wir uns nicht setzen?“
„Ich möchte lieber stehen.“ Ryan straffte die Schultern, und Zoe konnte nur erahnen, unter welcher Anspannung er stand. „Weißt du, als Zoe mir sagte, dass du ein ungewöhnliches Interesse an den Schlüsseln an Sams Kette hättest, hielt ich sie für verrückt.“
Vielleicht bildete Zoe es sich ein, doch Russ schien bei Ryans Worten bleich zu werden. Mit kaum verhohlenem Ärger blickte er zu Zoe, bevor er wieder seinen Neffen anschaute.
„Sogar als ich einwilligte, die Schlüssel zu untersuchen, nahm ich sie nicht ernst. Im besten Fall, dachte ich, findet Sam mehr über ihre Mutter heraus, und im schlimmsten Fall vergeude ich einen Nachmittag. Nicht einmal ist mir der Gedanke gekommen, dass du etwas mit Faiths Verschwinden zu tun haben könntest. Nicht du, nicht der Mann, der nach ihr gesucht hat.“ In seiner Stimme schwang all der Schmerz, die Wut und die Enttäuschung mit, die er empfinden musste.
Zoe spürte die Kraft hinter Ryans Worten. Ihr zog sich der Magen zusammen vor Mitgefühl mit seinem Schmerz und vor Spannung, was sein Onkel zugeben würde.
„Und was genau hast du herausgefunden?“, fragte Russ, der plötzlich viel entspannter wirkte.
Zoe war sicher, dass er Ryans Suche für ebenso ergebnislos hielt wie die eigene. Ryans anfängliche Entrüstung machte ihm daher keine Angst mehr. Doch er würde bald herausfinden, wie sehr er sich täuschte.
„Als Erstes fand ich heraus, dass Zoes Verdacht richtig war. Du warst wenige Stunden vor uns beim Busdepot. Also fragte ich mich, wonach in aller Welt du suchen könntest?“
„Ryan, du weißt, dass ich immer nur dein Bestes im Sinn hatte.“
„Das glaubte ich jedenfalls. Bis uns unsere Suche zum Inhalt von Faiths Schließfach führte.“
„Das ist unmöglich!“, rief sein Onkel im Brustton der Überzeugung und trat vor. „Man sagte mir, dass nichts mehr davon vorhanden wäre.“
„Man muss eben die richtigen Fragen stellen“, warf Zoe ein. Sie konnte ihren Stolz auf Ryan nicht verbergen.
„Es spielt keine Rolle, wie wir den Inhalt des Schließfachs gefunden haben“, schaltete sich Ryan wieder ein. „Wichtig ist nur, dass sie Notizen hinterließ, in denen sie alles aufzeichnete, was zu ihrem Verschwinden führte.“
Onkel Russ ging zu dem großen Schreibtischsessel aus Leder und setzte sich. „Du wirst doch wohl kaum den Fantasien einer siebzehnjährigen Drogensüchtigen Glauben schenken.“ Dass er Ryan nicht länger in die Augen sah und die Armlehnen fest umklammerte, zeigte das Ausmaß seiner Angst.
„Du sähest nicht so beunruhigt aus, wenn du nicht genau wüsstest, dass Faiths Notizen mehr als Fantasien sind.“
„Das ist doch Unsinn“, erwiderte sein Onkel.
Ein Muskel zuckte an Ryans Kiefer. „Willst du noch immer leugnen?“
Die Spannung zwischen den beiden Männern wuchs, und Zoe spürte, wie zutiefst enttäuscht Ryan von seinem Onkel war, den er sein ganzes Leben vergöttert hatte.
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