Hochzeit im Herbst
Teufel macht dich eigentlich so widerlich glücklich?”, brummte Rafe und schlug zwei leere Stahleimer aneinander. „Dieses Gepfeife treibt mich noch irgendwann in den Wahnsinn.”
Shane grinste nur und pfiff weiter. Er unterbrach sich nur, um den Kühen ein paar aufmunternde Worte zukommen zu lassen. „So ist es richtig, Mädels, macht nur alle Container schön voll.” Shane ging an der Reihe der Tiere entlang, tätschelte den Kühen den Hals und kontrollierte noch einmal alle Saugdüsen.
Rafe folgte seinem Bruder mit den Augen, ohne ihn richtig zu sehen.
„Irgendwann schlage ich ihm noch mal alle Zähne ein”, murmelte er vor sich hin.
„Lass ihn doch”, feixte Devin. „Bei ihm ist der Hirntod doch schon längst eingetreten.”
Rafe grinste breit. „Du hast recht. Und außerdem – es ist so verdammt kalt, dass meine Finger wahrscheinlich wie Glas zerbersten würden, wenn ich ihm meine Faust ins Gesicht pflanze.”
„Heute wird’s aber noch warm.” Shane stützte sich auf einen breiten Kuhrücken. „Na ja, mindestens so um den Gefrierpunkt, wahrscheinlich sogar über null.”
Rafe machte sich gar nicht erst die Mühe zu fragen, woher Shane dieses Wissen hatte. Shane wusste es einfach. Er wusste es immer. „Na und?” Mit lässigen Schritten verließ er den Kuhstall und ging zur Scheune hinüber.
„Was ist denn mit dem los?”, murmelte Shane verdutzt. „Hat er sich vielleicht einen Korb von irgendeinem Mädchen geholt?”
„Nein, er hasst nur einfach Kühe.” Jared kam zurück, er roch nach Getreide und Mais.
„So was Blödes. Dabei sind Kühe doch so nette Tiere. Nicht wahr, Mädel, du bist eine ganz Süße, was?” Er schlug der Kuh liebevoll mit der flachen Hand auf das Hinterteil.
„Shane liebt Kühe.” Devin grinste das typische MacKade-Grinsen, bei dem sich Grübchen an jeder Seite der Mundwinkel bildeten. „Da hat er auch mehr Glück beim Küssen, als wenn er es bei einem Mädchen versuchen würde.”
Shanes Kopf schoss hoch, und seine Augen verengten sich. „Ich kann jedes Mädchen küssen, das ich küssen will – wenn ich es denn küssen wollte.” Sein Körper unter den Lagen Winterkleidung spannte sich an. Er war zum Sprung bereit.
Jared erkannte die typischen Vorzeichen und schüttelte den Kopf. Er hatte jetzt wirklich keine Lust auf eine Rangelei. Es gab noch viel Arbeit zu erledigen, und außerdem stand ihm eine Klassenarbeit in englischer Literatur bevor. Devin und Shane waren ungefähr gleich stark und gleich wendig, eine Rauferei zwischen ihnen konnte ewig dauern.
„Sicher, du bist ein wahrer Don Juan.” Er sagte das nur, damit Shane seine Wut auf ihn lenken würde. „Al die kleinen Mädchen ziehen sich ihre Sonntagskleidchen an und warten geduldig in der Schlange, um sich bei dir einen Kuss abzuholen.”
Devin spitzte die Lippen und machte schmatzende Laute in die Luft, die wohl Küsse nachahmen sollten. Jared hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht. Als Shane herumschwang, um genau das zu tun, ging er allerdings dazwischen. „Aber bevor du sie reihenweise in Ohnmacht fallen lässt, du Herzensbrecher … Das Wasser in den Trögen ist eingefroren. Und diese Kühe hier haben Durst.”
Shane stampfte wütend nach draußen, nicht ohne Devin vorher noch einen Blick zugeworfen zu haben, der diesem sagte, dass die Angelegenheit noch lange nicht ausgestanden war.
Natürlich konnte er ein Mädchen küssen. Jedes Mädchen. Shane hackte wütend auf die dicke Eisschicht im Trog ein. Wenn er wollte. Aber er wollte eben nicht.
Nun, vielleicht regte sich da doch ein wenig Interesse, gestand er sich eher unwillig ein und hauchte sich wärmend auf die steifen Finger. Einige der Mädchen, die er kannte, begannen langsam ziemlich interessante Formen zu entwickeln. Und als Sharilyn, Jareds Freundin, letztens neben ihm in Jareds Auto gesessen hatte, eng an ihn gepresst, aus dem einfachen Grund, weil vorn im Wagen nicht so viel Platz war, da hatte er dieses seltsame Kribbeln gespürt …
Wahrscheinlich konnte er sogar Sharilyn küssen. Wenn er wollte.
Er legte das schwere Stemmeisen beiseite und sah über das Dach des Milchschobers, über dem die Sterne auffunkelten. Da würde Jared mit Sicherheit ziemlich dumm aus der Wäsche gucken. Sie alle glaubten ja, er hätte keine Ahnung, nur weil er der Jüngste war. Aber er wusste ganz genau, wie das ablief. Zumindest konnte er sich sehr genau vorstellen, wie so was ablief.
Er warf sich das Stemmeisen über die Schulter und
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