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Hochzeit zu verschenken

Hochzeit zu verschenken

Titel: Hochzeit zu verschenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Kinsella
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jetzt habe ich die Situation überhaupt nicht mehr unter Kontrolle. Die ganze Hochzeit kommt mir auf einmal vor wie ein großes weißes Pferd, das anfangs ganz lieb und brav vor sich hin trottete, inzwischen aber einen Zahn zugelegt hat und jetzt ohne mich davongaloppiert.
    Robyn würde mich doch nicht wirklich verklagen. Oder?
    »Hallo. Judith! Ja, hier ist Robyn. Hast du... Ach, du hast? Na, das ging ja schnell!« Robyn sieht zu mir. »Sie werden es kaum glauben, aber sie ist schon fertig!«
    »Was?« Ich bin entsetzt.
    »Sie steht schon am Briefkasten! Ist das nicht -«
    »Dann halten Sie sie auf!«, kreische ich. »Halten Sie sie auf!«
    »Judith«, spricht Robyn sehr eindringlich in den Hörer. »Kleinen Moment mal, Judith. Die Braut ist etwas eigen, was das Abschicken der Einladungen angeht. Sie möchte das selbst tun. Ist irgendeine Familientradition«, fügt sie etwas leiser hinzu. »Britisch. Ja. Nein, ich auch nicht.«
    Mit einem zurückhaltenden Lächeln sieht sie zu mir auf, als wenn ich eine durchtriebene Dreijährige wäre.
    »Ein paar sind leider schon im Briefkasten gelandet, Becky. Aber den Rest können Sie selbstverständlich selbst einwerfen.«
    »Ein paar?«, rege ich mich auf. »Wie viele?«
    »Wie viele, Judith?«, fragt Robyn und wendet sich dann wieder an mich. »Sie glaubt, drei.«
    »Drei? Ja, und... kann sie nicht in den Briefkasten fassen und sie wieder herausholen?« Das glaube ich nicht.«
    »Aber wenn sie... einen Stock oder so was hätte...«
    Robyn bedenkt mich schweigend mit einem beredten Blick und spricht dann wieder ins Telefon.
    »Sag mal, Judith, an welchem Briefkasten stehst du eigentlich genau?« Sie notiert sich etwas und wendet sich dann wieder an mich. »Wissen Sie was, Becky, ich glaube, es wäre das Beste, wenn Sie selbst zu diesem Briefkasten gehen und... tun, was Sie tun müssen...«
    »Okay. Mache ich. Danke.«
    Ich ziehe den Mantel an und bemerke natürlich, dass Robyn und Kirsten viel sagende Blicke wechseln.
    »Wissen Sie was, Becky? Wenn Sie mal ein bisschen ausspannen wollen...«, sagt Robyn. »Wir haben alles unter Kontrolle. Sie brauchen sich überhaupt keine Sorgen zu machen!« Sie lehnt sich zutraulich nach vorn. »Wie ich ja oft zu meinen Bräuten sage, wenn sie sich ein bisschen zu sehr aufregen: Es ist nur eine Hochzeit!«
    Darauf fällt mir keine Antwort ein.
    Der Briefkasten befindet sich an der Ecke 93rd/Lexington, und als ich in die Straße einbiege, sehe ich bereits eine Frau, die nur Judith sein kann. Sie trägt eine dunkle Windjacke und steht gegen die Hausmauer gelehnt. In dem Moment, in dem ich mich bereits eiligst auf sie zu bewege, sieht sie auf die Uhr, zuckt ungeduldig mit den Schultern und geht mit einem Stapel Briefe in der Hand auf den Briefkasten zu.
    »Halt!«, schreie ich und fange an zu rennen. »Nicht einwerfen!«
    Völlig außer Puste komme ich neben ihr zum Stehen. Ich kann kaum sprechen.
    »Geben Sie mir die Einladungen«, keuche ich. »Ich bin die Braut. Becky Bloomwood.«
    »Bitte schön«, sagt Judith. »Ein paar sind schon da drin.
    Aber mir hatte niemand etwas davon gesagt, dass ich die Einladungen nicht abschicken sollte«, fügt sie wie zu ihrer Verteidigung hinzu.
    »Ich weiß. Tut mir Leid.«
    »Wenn Robyn nicht in dem Moment angerufen hätte... dann wären jetzt alle schon weg. Alle!«
    »Ich... ich danke Ihnen.«
    Ich gehe die dicken, taupefarbenen Umschläge schnell durch und werde ein klein wenig zitterig, als ich all die Namen von Mums Liste in formvollendeter Schnörkelschrift sehe.
    »Und jetzt werfen Sie sie ein?«
    »Ja, natürlich.« Dann wird mir klar, dass Judith darauf wartet, dass ich es hier und jetzt tue. »Ich möchte aber nicht, dass mir jemand dabei zusieht«, füge ich schnell hinzu. »Das ist eine ausgesprochen intime Angelegenheit. Ich muss... ein Gedicht aufsagen und jede einzelne Einladung küssen...«
    »Gut«, sagt Judith und verdreht die Augen. »Machen Sie, was Sie wollen.«
    Sie marschiert davon, und ich warte ab, bis ich sie nicht mehr sehe. Dann drücke ich den Stapel Einladungen ganz fest an mich, eile an die Straßenecke und hebe die Hand, um ein Taxi heranzuwinken, das mich nach Hause fahrt.
    Luke ist noch nicht zu Hause, und die Wohnung ist genau so dunkel und still wie vorhin, als ich gegangen bin. Mein Koffer liegt offen auf dem Fußboden - und bei etwas näherem Hinsehen erkenne ich den Stapel Einladungen zur Hochzeit in Oxshott, den Mum mir mitgegeben hatte, um ihn an Elinor

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