Hochzeitsfieber bei den MacGregors
dich in ein paar Tagen.« Sie eilte hinaus und versuchte sich einzureden, dass es die Sentimentalität des Fests war, die ihr die Tränen in die Augen trieb.
Royce setzte sich wieder an seinen Schreibtisch und saß immer noch da, als die Sonne vor seinem kleinen Fenster unterging, als das Licht schwächer wurde und die Dunkelheit hereinbrach.
Er konnte sich nicht mehr länger um die Wahrheit herumdrücken. Er konnte nicht mehr länger die Augen vor dem verschließen, was ihm zugestoßen war. Es war wahrscheinlich in dem Moment geschehen, in dem er ihr Gesicht zum ersten Mal gesehen hatte, als sie in fast nichts vor ihm gestanden und ihm ein Küchenmesser entgegengehalten hatte.
Wie konnte ein Mann eine solche Frau nicht lieben?
Aber es spielte keine Rolle, was er für sie empfand. Stritt er sich nicht schon seit Tagen mit sich selbst immer wieder um denselben Punkt? Sie kam nicht nur aus einer anderen Welt, sie lebte auch in einer anderen. Sie war die Nichte eines Präsidenten, die Enkelin einer Finanzlegende. Eine Erbin, wie ihr Vater – der ihn hasste – so beißend bemerkt hatte.
Nur für den Fall, dass ihm diese Fakten entgangen sein sollten, brauchte er nur die Augen aufzumachen, dann würde er sehen, dass sie Brillantstecker in den Ohren trug, in einem Haus an der Back Bay lebte, das bis unters Dach mit Kunstwerken und Antiquitäten vollgestopft war, und einen superflotten Schlitten fuhr, für den er ein ganzes Jahreseinkommen hinblättern müsste. Ein gutes Jahreseinkommen.
Sie hatte in Harvard studiert, und er war auf dem staatlichen College gewesen, das er nicht einmal abgeschlossen hatte. Es konnte einfach nicht funktionieren. Er machte sich selbst etwas vor, wenn er davon träumte.
Aber er hatte in den vergangenen Wochen etwas entdeckt. Er verstand jetzt, was diesen schwärmerischen Ausdruck in Caine MacGregors Augen gebracht hatte, als dieser von seiner Frau gesprochen hatte. Jetzt kannte er den Grund dafür, warum ein Mann eine Frau so sehr liebte, dass die Liebe nie aufhörte.
Wenn man die Richtige fand.
Vergiss es, befahl er sich. Vergiss sie und geh zur Tagesordnung über.
Er drehte sich um und nahm sich vor, sein Büro dichtzumachen und nach Hause zu gehen. Hier wirkte alles so leer, und seine Wohnung würde noch leerer wirken. Warum nur hatte ihn das vorher nie gestört? Er hatte sich als einsamer Wolf wohlgefühlt. Es hatte ihm gefallen, kommen und gehen zu können, wie und wann es ihm beliebte. Jetzt deprimierte ihn sogar der Gedanke, allein zu schlafen.
Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und fragte sich, seit wann er so ein Feigling war, seit wann er Angst hatte, ein Risiko einzugehen. Er hatte mit der ganzen Sache angefangen, oder etwa nicht? Er hatte den ersten Schritt getan. Und jetzt war er bereit, sie gehen zu lassen, weil er Angst hatte, dass sie ihn womöglich abweisen könnte, dass sie ihn nicht so sehr wollen könnte wie er sie.
Das war Blödsinn. Er ließ die Hände fallen. Er würde nicht über seinem Bier brüten und in Selbstmitleid ertrinken. Ein paar Züge konnte er immer noch machen.
Er schnappte sich seinen Mantel und rannte hinaus.
In einem hatte Royce recht behalten. Das Haus in Hyannis war vollgestopft mit MacGregors. Und MacGregors machten Radau, und zwar eine ganze Menge. Aus der Stereoanlage im Wohnzimmer kam laute Musik. Im Musikzimmer am Ende des Flurs übte Amelia Blade, Lauras jüngste Cousine, Weihnachtslieder auf dem Flügel ein, und Daniel sang in seinem dröhnenden Bariton dazu.
Von irgendwo oben drangen Männerstimmen nach unten. Ein aufflammender Streit, überlegte Laura. Es klang wie der älteste Enkel Mac und entweder D. C. oder Duncan. Es spielte kaum eine Rolle, um wen es sich handelte. Wer auch immer es sein mochte, der Streit würde bis aufs Messer ausgefochten werden, und nach der Versöhnung würde man etwas Neues finden, um das man sich zanken konnte.
Sie ging in den Raum, den die Familie wegen des wuchtigen Stuhls mit der geraden Lehne, in dem Daniel während der Familienzusammenkünfte den Vorsitz zu führen pflegte, liebevoll den Thronsaal nannte. Dort, vor den großen Fenstern, die einen herrlichen Ausblick auf die Klippen boten, ragte der Weihnachtsbaum, eine fünfzehn Fuß hohe Fichte, auf, deren Äste und Zweige sich unter glitzerndem Weihnachtsschmuck und bunten Lichterketten bogen.
Der Baum würde bis zum Dreikönigsfest Tag und Nacht erleuchtet bleiben.
Unter ihm lagen Berge von Geschenken. Um Mitternacht würde es der
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