Höhlenangst
gibt, gell!«
»Das hätten Sie gar nicht müssen. In Ihrer Steuererklärung hätten Sie das Geld als Einkünfte aus einer freien Nebentätigkeit deklarieren und mit möglichen Betriebsausgaben verrechnen können. Das Nemo-tenetur-Prinzip, Sie wissen doch. Was Sie in Ihrer Steuererklärung angeben, geht den Staatsanwalt nichts an.«
Abele wurde erneut rot.
»Aber dazu sollten Sie sich jetzt nicht äußern, Herr Abele«, fuhr Richard mit leiser Rachsucht fort. »Damit wird man Sie in Gegenwart eines Anwalts, zu dem ich Ihnen dringend raten würde, noch einmal konfrontieren. So wie ich Räffle kenne, wird die Androhung eines Durchsuchungsbeschlusses reichen, damit er einräumt, Ihnen über einen längeren Zeitraum Zuwendungen gemacht zu haben. Ihn kostet das ein müdes Arschrunzeln, denn mehr als eine Bewährungsstrafe wird es für ihn nicht geben, womöglich nicht einmal das.«
»Aber ich habe es doch nur genommen, um ihm eine Falle zu stellen«, taumelte Abeles Stimme durch den Raum. »Damit kriegen wir ihn doch endlich dran! Offiziell hat er mich für … für juristische Beratung bezahlt. Aber wenn wir Räffle damit endlich kriegen, dann nennen wir es eben Bestechung.«
Die reine Verblüffung ließ Richard lächeln. »Herr Abele, in welcher Welt leben Sie denn? Von einem Kriminalhauptkommissar lässt ein Unternehmer wie Räffle sich doch nicht juristisch beraten! Sie haben Geld für eine Leistung genommen, von der Sie wissen, dass Sie sie gar nicht erbringen können, und sich davon auch noch ein Haus gebaut. Das ist Vorteilsannahme. Und Sie können von Glück sagen, dass Sie so ein kleines Licht sind und keinerlei Entscheidungsbefugnisse über die Aufnahme von Ermittlungen haben, sonst wäre es tatsächlich Bestechung. Mann, was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht!«
In der Rolle des Schuljungen schien Abele sich nicht unwohl zu fühlen. Bereitwillig senkte er die Augen. Aber nur kurz, dann saugte sich sein verspiegelter Blick wieder an seinem Herrn und Meister fest. Erwartungsvoll und ergeben.
Ich fand, Cipión hätte jetzt mal auf den Teppich kotzen können.
»Damit könnte ich Sie jetzt sofort festnehmen lassen«, fuhr Richard fort. »Aber das würde dem privaten Charakter dieses Gesprächs zuwiderlaufen. Allerdings können Sie sich ruhig schon mal darauf einstellen, dass Sie in den nächsten Tagen eine Aussage werden machen müssen. Ob der Haftbefehl dann außer Vollzug gesetzt wird, hängt ganz von Ihnen ab. Sollten Sie sich jedoch veranlasst sehen, Herrn Räffle über dieses private Gespräch in Kenntnis zu setzen, dann wird es für Sie keine Haftverschonung geben. Das garantiere ich Ihnen.« Damit stand er auf.
»Sie können sich ganz auf mich verlassen, Herr Dr. Weber«, sagte Abele aufspringend. »Dass wir diesem Räffle endlich das Handwerk legen, darauf kommt es doch an! Was ich mit meinen bescheidenen Mitteln dazu beitragen kann, werde ich beitragen. Selbstverständlich werde ich aussagen, dass Räffle mich bestochen hat.«
Richard brach in fassungsloses Gelächter aus, nachdem wir aus dem Kasperlestheater geflüchtet waren und wieder im Auto saßen. »Jetzt glaubt der doch tatsächlich, er würde mir mit einem persönlichen Opfer dazu verhelfen, dass ich Räffle festnehmen kann. Das ist urkomisch, wenn es nicht so tragisch wäre. Dieser Bachl wird alles verlieren: Job, Beamtenstatus, Rente, das Haus. Und es ist ihm gar nicht klar!« Er startete den Wagen. »Aber das hat man ja erstaunlich oft, dass dem Beschuldigten gar nicht klar ist, welche Folgen sein unrechtmäßiges Tun für ihn haben wird. Manchmal denke ich, ein Kind hat mehr Unrechtsbewusstsein als ein Verbrecher im weißen Kragen.«
»Aber Haugks Mörder scheint Abele nicht zu sein«, bemerkte ich. »Und wieder läuft alles auf Winnie hinaus. Womöglich hat Achim Haugk ihm erzählt, dass er zur Mondscheinhöhle will. Vielleicht hat er Winnie gefragt, was er braucht für diese Höhle. Und dann hat Winnie die Gelegenheit genutzt. Man wird es wohl nie mehr erfahren. Arme Eva. Die armen Kinder. Sie werden mit der Ungewissheit aufwachsen. Selbst wenn sich die Hinweise erhärten lassen, dass ihr Vater Motiv und Gelegenheit hatte, diesen Mord zu begehen, ohne ein Geständnis bleibt für die Angehörigen immer Raum zum Zweifel, nicht nur zu seinen Gunsten, auch zu seinen Ungunsten.«
»Und eigentlich«, sagte Richard, »waren es die Litau er, die den Sprengmittelingenieur der Konkurrenz beseitigen wollten.«
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Ich musste
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