Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
doch ein Symbol des Prinzips der Kräfte, zu dessen Wahrer sich der Cambrische Orden berufen hatte und nicht die Bruderschaft.
Überhaupt schien die Bruderschaft diesen Ort, welcher den geistlichen und weltlichen Mittelpunkt der Cambrier dargestellt hatte, mit erstaunlichem Respekt zu behandeln. Nirgends konnte Victor etwas sehen, das beschädigt, geschändet oder entstellt worden war.
»Wir verleugnen nicht das Prinzip der Kräfte«, erhob sich eine Stimme von links. »Wir begreifen die Ordnung der Dinge nur auf eine andere Weise!«
Chast war aus dem Schatten getreten und schlenderte mit hinter dem Rücken verschränkten Händen herbei. Victor und Roya wandten sich ihm zu, während die achtzehn Skriptoren, die zu Victors Gruppe zählten und nun nacheinander die Haupthalle der Basilika betraten, sich hinter den beiden versammelten. Alle blickten zu Chast - die Ausstrahlung des Hohen Meisters schlug stets einen jeden in Bann.
Chast wies auf das Ewige Feuer. »Es spricht nicht das Geringste dagegen, dass es weiterhin brennt«, räumte er ein. »Allein die Art und Weise, in der die Cambrier die Alleinherrschaft über die Regeln und Bestimmungen der Ausübung von Magie für sich beanspruchten, war nicht länger hinzunehmen. Der Magie steht eine große Reform bevor!«
Chasts Stimme hallte in der Basilika wider, was seinen Worten scheinbar eine noch größere Bedeutung verlieh. Er wandte sich seiner Skriptorenschar zu -heute ganz das väterliche, wohlwollende Oberhaupt seiner Schäfchen. Victor wusste, dass das alles nur berechnende Schau war. Als Chast zu sprechen anhob, wies seine Stimme einen dunklen Unterton auf.
»Ihr habt einen sehr ernsten Auftrag, meine Brüder!«, sagte er. »Zum ersten Mal dürfen Bruderschaftsmitglieder von geringerem Rang die Cambrische Basilika betreten. Ich bin mir darüber im Klaren, dass hier fast ausschließlich Schriftwerk auf euch wartet, das in unserem Sinne als ketzerisch und abweichend gilt. Dennoch - ich vertraue auf eure Weitsicht. Ihr wisst, was zu tun ist -findet mir Hinweise auf die Krypti und erforscht alles, was über das Dunkle Zeitalter an Aufzeichnungen vorhanden ist. Wir müssen herausfinden, an welchen Orten sich vor zweitausend Jahren die wichtigsten Konflikte zwischen der Gilde und der Bruderschaft zutrugen und was die Cambrier über die Bruderschaft wussten. Es muss Hinweise geben - viele Hinweise - und es muss uns gelingen, Orte zu finden, von denen wir in der Bruderschaft heute nichts mehr wissen. Nach allem, was ich selbst und Magister Quendras bisher herausgefunden haben, gab es damals rege Bemühungen, jeweils die Gegenseite zu unterwandern und auszuspionieren. In den Aufzeichnungen der Bruderschaft wurde viel über die damaligen Strukturen, die Verbindungswege und die geheimen Stützpunkte der Gilde erfasst. Leider jedoch kaum etwas über die eigenen. Wir sind zu der Auffassung gelangt, dass es sich bei den Cambriern umgekehrt verhalten sollte. Hier werden wir mit Sicherheit Einzelheiten über die Bruderschaft erfahren können, die die Cambrier einst zusammentrugen. Wenn ihr gewissenhaft arbeitet, werdet ihr schnell wichtige Dinge herausfinden können - und vielleicht entdeckt ihr den entscheidenden Hinweis auf einen geheimen Ort, an dem wir die Zweitausfertigung des Paktes suchen müssen.«
»Wäre es nicht möglich, Hoher Meister«, fragte Yandir, ein dünner Kerl aus Nordakrania, »ehemalige Mitglieder der Cambrier zu befragen? Wahrscheinlich könnten wir mit entsprechenden Hinweisen diese Bibliotheken sehr viel schneller erforschen!«
Chast schüttelte den Kopf. »Leider sieht es in dieser Hinsicht schlecht aus. Obwohl im Moment etliche unserer Leute nach verbliebenen Cambriern forschen, haben wir bis jetzt noch niemanden von höherem Rang finden können. Jemanden, der sich in den Bibliotheken gut auskannte. Als die Gilde vor Monaten zerschlagen wurde, flüchteten die meisten von ihnen übers Meer nach Veldoor oder Chjant. Andere wurden in Kämpfen getötet. Dass wir heute jemanden von ihnen brauchen würden, konnte keiner ahnen. Bis wir das Glück haben werden, einen von ihnen aufzuspüren - falls überhaupt -, müsst ihr allein forschen.« Er senkte den Kopf und seine Stimme erhielt einen weiteren Unterton, einen warnenden Unterton. »Und deswegen erwarte ich von euch verdoppelte Anstrengungen! Solltet ihr Erfolg haben, werdet ihr reich belohnt. Solltet ihr allerdings nicht das Äußerste geben oder mich in irgendeiner Form hintergehen, werdet ihr
Weitere Kostenlose Bücher